Thema des Tages

01-02-2017 14:40

"Der Frühling und der Winter, die hatten einen Streit"



Gerade in diesen Tagen merkt man es mal wieder: Kaltluft ist zäh wie
Honig und lässt sich nur schwer vertreiben. Auch wenn sie mancherorts
oberflächlich vertrieben wurde, so steckt sie doch noch tief in den
Böden drin. Die Frosteindringtiefen sind zum Teil noch beachtlich und
liegen zwischen 20 und 50 cm. Wenn es tagsüber durch Plusgrade
antaut, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Frost in den
noch langen Nächten wieder nach oben kriecht und in Verbindung mit
aufkommenden Niederschlägen rasch zu prekären Straßensituationen
führen kann (siehe Warnlage für die Nacht zum Donnerstag:
www.dwd.de).

Für Frühlingswärme braucht es Luftmassen vom nahen Ostatlantik oder
noch besser aus dem westlichen Mittelmeerraum. Damit wir in ihren
Genuss kommen, sind kräftige atlantische Tiefausläufer von Nöten, die
wie ein Schaufelradbagger warme Luft nach Deutschland voranbringen
können. Eine solche Warmlufttransportmaschine liegt derzeit knapp
westlich der Britischen Inseln und man kann ihr das Bemühen nicht
absprechen, den Frühling nach Deutschland bringen zu wollen. Entlang
von Ober- und Niederrhein werden am morgigen Donnerstag immerhin
zweistellige Höchstwerte bis nahe 15 Grad erwartet.

Der Winter stellt sich aber stur und will partout nicht weichen. So
bewegen sich die Höchstwerte im Osten am heutigen Mittwoch gerade mal
um den Gefrierpunkt und nachts sind an der Grenze zu Polen vereinzelt
bis -9 Grad möglich. Der Kampf zwischen Sommer und Winter spielt sich
also gerade direkt über unseren Köpfen und unter unseren Füßen ab.

In den kommenden Tagen scheint es, als könnte der Vorfrühling das
Blatt zu seinen Gunsten wenden. So breitet sich wärmere Luft zaghaft
weiter nach Osten aus. Aber man sollte sich noch nicht zu früh
freuen. Schaut man nach Osteuropa und in Richtung Balkan erkennt man,
weit weg ist die Kaltluft noch nicht. Just in diesen Tagen, wo sich
alle Wintergeplagten in Aufbruchsstimmung wähnen, zeigen die
Wettermodelle ein Szenario, das alle Kraftanstrengungen unseres
Schaufelradbaggers im Keim ersticken könnten.

Es gibt nämlich einen entscheidenden Schwachpunkt: Der Schwerpunkt
des Tiefdruckkomplexes verbleibt etwas zu weit im Westen, um der
Kaltluft nachhaltig den Gar auszumachen. Ganz im Gegenteil, durch
seine Lage schaufelt sich der Warmluftbagger sein eigenes Grab. So
werden warme Luftmassen bis zum Wochenende weit nach Nordeuropa
transportiert und führen dort zur Bildung eines kräftigen
Hochdruckgebietes. Dieses Hoch wirkt in weiterer Folge wie ein Block
und verhindert ein weiteres Vorankommen des Tiefschwerpunktes nach
Osten. Stattdessen wird das Tief in seiner Schlagkraft geschwächt.

Die entscheidende und spannende Frage ist nun: Wie nachhaltig wird
diese Schwächung ausfallen? Bleibt der Tiefdruckkomplex robust, dann
wird sich wohl eine Pattsituation zwischen einem eher frühlingshaft
angehauchten Westen und einem weiter leicht winterlich geprägten
Osten ergeben. Allerdings deutet eine zunehmende Anzahl an
Modelllösungen an, dass das Hochdruckgebiet den Kampf für sich
entscheiden kann. Mit einem schwächer werdenden atlantischen
Tiefkomplex würde dann ab Mitte der kommenden Woche an der Südflanke
des nordeuropäischen Hochs Kaltluft aus Osten angezapft werden. Diese
könnte sich in weiterer Folge auch auf den Weg nach Deutschland
machen.

Entschieden ist noch nichts. Der Kampf der beiden Schwergewichte hat
gerade erst begonnen. Aber es ist noch Februar, die zähe Kaltluft
noch weit in Europa verbreitet und es wäre statistisch nicht
unwahrscheinlich, wenn nach einem kalten Januar der Winter im Februar
nochmal ein Comeback feiert. Verfolgen wir also die Entwicklung in
der Mittelfrist mit Spannung ganz nach dem Motto: "Der Frühling und
der Winter, die hatten einen Streit. Wer wohl die meiste Kraft hat,
wer wohl die meiste Kraft hat. Zur schönen Winterszeit".


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2017

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