DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-01-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.01.2017 um 10.30 UTC



Unbeständig und nasskalt; an den Küsten und auf den Bergen teils schwere
Sturmböen. Im Bergland und an den Alpen markante Schneefälle möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.01.2017


Der gesamte Mittelfristzeitraum ist geprägt von einer zyklonalen West- bis
Nordwestlage. Dabei kommt es im Laufe des Mittwochs und Donnerstages zu einer
markanten Austrogung über Nordeuropa, insbesondere über Skandinavien.
Die Achse des Troges verlagert sich im Laufe des Mittwochs von der Norwegischen
See unter Ausweitung nach Süden bis Donnerstagfrüh zum Baltikum bzw. nach
Ostpolen. Dem Trog steht ein markanter Höhenrücken über Südwesteuropa gegenüber,
der allmählich nach Süden abgedrängt wird. Daraus resultiert über dem
Vorhersagegebiet eine kräftige westnordwestliche Höhenströmung, die zunächst
noch leicht antizyklonal konturiert ist.
Im Bodenfeld führt die Austrogung im Laufe des Mittwochs zu einer markanten
Zyklogenese im Lee des Norwegischen Küstengebirges über Südnorwegen (unter 965
hPa über dem Oslofjord); bis Donnerstag, 06 UTC verlagert sich das Sturmtief
nach Mittelschweden, wobei es sich vorübergehend sogar noch etwas vertiefen
kann.
Das Frontensystem des Tiefs überquert unter fortschreitendem Okklusionsprozess
im Laufe des Mittwochs Deutschland von Nordwest nach Südost. Im Warmsektor
steigen die Temperaturen in 850 hPa im Südwesten und Süden des Landes
vorübergehend auf Werte um 0 Grad, postfrontal folgt in der Nacht zum und am
Donnerstag maritime Polarluft mit Werten um -5 Grad in 850 hPa. Somit dürften
die Niederschläge oberhalb von 400 bis 600 m überwiegend als Schnee fallen,
lediglich im Südwesten und an den Alpen steigt die Schneefallgrenze
vorübergehend bis auf nahe 1000 m. Im Fokus steht die Windentwicklung; an den
Küsten und auf den Bergen gibt es Sturm- und schwere Sturmböen, in exponierten
Lagen eventuell auch Orkanböen, der über mehr als 24 Stunden andauernde
Nordweststurm dürfte im Bereich der Nordseeküste auch eine oder mehrere
Sturmfluten zur Folge haben.
Am Donnerstag verlagert sich die als Randtrog fungierende ehemalige Trogachse
über Osteuropa hinweg nordostwärts. In der Nacht zum Freitag wird der
umfangreiche Zentraltrog mit Drehzentrum über Skandinavien durch einen von
Nordwesten her hineinlaufenden Randtrog wieder regeneriert, bis Samstag, 00 UTC
überquert der Randtrog ganz Mitteleuropa ostsüdostwärts.
Das Bodentief über Mittelschweden schwächt sich allmählich ab. Mit Annäherung
des Randtroges kommt es über Südnorwegen erneut zu einer Zyklogenese, das
Bodentief verlagert sich im Laufe des Freitags bis Samstag, 00 UTC über Dänemark
hinweg nach Nordwestpolen. Dabei dauert die Advektion maritimer Polarluft nach
Deutschland weiter an, wobei rückseitig des Tiefs vor allem in der Nacht zum
Samstag die Luftmasse aus polaren Breiten auf direkterem Weg nach Mitteleuropa
gelangt. Die Temperaturen in 850 hPa sinkt noch ein wenig ab, so dass die oft
schauerartigen Niederschläge auch in den Niederungen teilweise als Schnee oder
Graupel fallen, vereinzelt sind auch kurze Gewitter möglich. Im Bergland kommt
es zu gebietsweise recht kräftigen Schneefällen, vor allem entlang der
Nordwestseiten.
An der Windsituation ändert sich nur wenig, nach vorübergehender Abschwächung
dürfte sich der Nordwestwind im Laufe des Freitags wieder verstärken, eventuell
reicht es auch im Binnenland bzw. in den Niederungen vorübergehend für
stürmische Böen oder Sturmböen.
Am Samstag greift von Nordwesten her ein weiterer Randtrog auf Westeuropa über,
der aber kaum nach Osten vorankommt, sondern sich Richtung Südwesteuropa
ausweitet.
Das Bodentief über Nordwestpolen füllt sich in der Nacht zum Samstag bereits
auf, im Laufe des Samstags schwenkt ein schwacher Hochkeil vor allem über
Süddeutschland hinweg ostwärts, in der Nacht zum Sonntag kommt es über Dänemark
vorderseitig des Randtroges erneut zu einer Zyklogenese, vom Tiefdruckgebiet aus
erstreckt sich eine Tiefdruckrinne Sonntagfrüh über Nordwestdeutschland hinweg
südwestwärts. Somit gelangt vorderseitig der Rinne etwas mildere Luft nach
Deutschland, so dass die Schneefallgrenze wieder ansteigt. Die Windsituation
entspannt sich am Samstag deutlich.
Am Sonntag weitet sich der inzwischen sehr breit angelegte Langwellentrog weiter
nach Süden, bis in den westlichen Mittelmeerraum aus und kommt mit seiner Achse
nur langsam nach Osten voran, so dass auch das Vorhersagegebiet in den
Zentralbereich des Troges gelangt. Das Bodentief über Dänemark füllt sich auf
und verlagert seinen Schwerpunkt nach Deutschland. In den Trogbereich wird
zunehmend höhenkalte und labil geschichtete Meeresluft advehiert, bei wieder
sinkender Schneefallgrenze muss mit weiteren schauerartigen Niederschlägen,
teilweise auch in den Niederungen als Schnee oder Graupel, gerechnet werden.
In der erweiterten Mittelfrist lässt der deterministische Lauf des ECMWF den
Langwellentrog über dem Mittelmeer abtropfen, ein markanter Höhenrücken
erstreckt sich in weiterer Folge vom nahen Ostatlantik her über die Britischen
Inseln bis nach Nordskandinavien und im Bodenfeld baut sich ein kräftiges
fennoskandisches Hochdruckgebiet auf. Somit stellt sich über Deutschland eine
kalte Ostströmung ein (Großwetterlage: HFz).

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Den Übergang zu einer zyklonalen West- bis Nordwestlage am Mittwoch und
Donnerstag haben die Vorläufe ebenfalls simuliert. Allerdings haben der aktuelle
und der gestrige 12 UTC-Lauf die Austrogung und vor allem die
Sturmtiefentwicklung über Südskandinavien deutlich markanter auf der Karte als
der gestrige 00 UTC-Lauf.
Auch für den Freitag und Samstag erweist sich der aktuelle Lauf als konsistent
zu seinen Vorgängern, wobei es allerdings leichte Differenzen bzgl. der Phase
und Amplitude der einzelnen Randtrüge gibt. Die Ausweitung des Troges Richtung
Südwesteuropa am Samstag und vor allem am Sonntag, den Abtropfprozess über dem
westlichen Mittelmeerraum und die sich zu Wochenbeginn einstellende
Großwetterlage HFz simulierte der gestrige 12 UTC-Lauf ähnlich, während der
gestrige 00 UTC-Lauf den Trog als flache Kurzwelle über Deutschland hinweg
weiter nach Osteuropa verlagern ließ.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Alle vorliegenden Modelle haben die markante Austrogung über Nordeuropa am
Mittwoch und Donnerstag und auch die kräftige Sturmtiefentwicklung über
Südskandinavien in petto. Den Kern des Tiefs simuliert GFS am Mittwoch etwas
weiter westlich als die übrigen Modelle, allerdings auch mit ähnlichem
Kerndruck.
Den in der Nacht zum und am Freitag von Nordwesten in den Haupttrog laufende
Randtrog zeigen ebenfalls alle Modelle. Allerdings kommt es dabei zu ersten
etwas signifikanteren Differenzen bzgl. Phase und Amplitude des Troges. Die
intensivste Entwicklung, auch im Bodenfeld, hat das ECMWF auf der Karte, die
schwächste das ICON. GFS lässt den Randtrog etwas schneller nach Osten verlagern
als die meisten anderen Modelle.
Ab Samstag beginnen die Modelle etwas auseinanderzulaufen. Die Version des
deterministischen Laufes des ECMWF (Abtropfen des Langwellentroges über dem
westlichen Mittelmeer am Sonntag, nachfolgend Aufwölben eines Höhenrückens über
Westeuropa nach Nordskandinavien mit Hoch Fennoskandien am Boden zu
Wochenbeginn, woraus eine kalte Ostströmung für das Vorhersagegebiet resultieren
würde), wird von keinem vorliegenden Modell favorisiert. Nach ICON, GFS und GEM
verlagert sich der am Samstag auf das westliche Mitteleuropa übergreifende
Randtrog als Kurzwellentrog bis Sonntag bzw. der Nacht zum Montag über
Mitteleuropa hinweg südostwärts. Rückseitig wölbt sich nach GFS zu Wochenbeginn
ein markanter Höhenrücken über Mitteleuropa hinweg nordostwärts auf und markiert
den Übergang zu einer sehr höhenmilden antizyklonalen Südwestlage. Nach GEM wird
der Rücken rasch wieder "glatt gebügelt" und es stellt sich eine milde zyklonale
Westlage ein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse zeigt im Zeitraum 72 bis 96 Stunden drei Cluster (23, 17 und
11 Member), die sich für Mitteleuropa ähneln und alle gut die im Hauptlauf
simulierte Entwicklung wiedergeben. Cluster 1 und 2 haben allerdings eine
geringfügig stärkere Tiefdruckentwicklung über Südskandinavien auf der Karte als
Cluster 3. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in Cluster 1.
Im Zeitraum 120 bis 168 Stunden verteilen sich alle Läufe auf einen Cluster, der
die vom Hauptlauf für den Samstag und Sonntag postulierte Ausweitung des
Langwellentroges in den Mittelmeerraum auf der Karte hat.
Der Abtropfprozess über dem westlichen Mittelmeerraum bzw. über Südwesteuropa am
Sonntag und Montag wird allerdings wohl, wenn überhaupt, nur von wenigen
Einzelmembern mitgetragen. Im erweiterten Mittelfristzeitraum (192 bis 240
Stunden) zeigt keiner der drei Cluster (jeweils 20, 17 und 14 Member) eine
entsprechende Entwicklung. Eine ähnliche Lösung bietet immerhin Cluster 2 an, in
dem sich auch der Haupt- und Kontrolllauf befinden. Der Abtropfprozess findet
nach der Version in etwa über Korsika und Sardinien, also weiter südöstlich als
im Hauptlauf, statt, der Höhenrückenwird ebenfalls weiter südlich simuliert,
ebenso das Bodenhoch, das sich am Dienstag und Mittwoch über Südskandinavien und
die Nordsee bis nach Großbritannien erstreckt. Somit würde sich immerhin eine
bodennah kalte Ostströmung einstellen.
Cluster 1 markiert dagegen den Übergang zur Großwetterlage Hoch Mitteleuropa,
Cluster 3 den zu einer zyklonalen West- oder Südwestlage.
In der Rauchfahne für den Westen Deutschlands verlaufen bzgl. der Temperatur in
850 hPa bis einschließlich Sonntag das Groß der Member in einem relativ engen
Spread zwischen -1 und +2 Grad bei der vorübergehenden Milderung am Mittwoch und
zwischen -9 und -5 Grad am Sonntag. Danach wird der Spread deutlich größer,
wobei sich Haupt- und Kontrolllauf - wie erwartet - im untersten Bereich aller
Member bewegen.
Die Ensembles des GFS zeigen einen ähnlichen Verlauf, wobei es am Sonntag
bereits mehr "warme" Member gibt. Allerdings treten zu Beginn übernächster Woche
auch ein paar kalte "Ausreißer" auf.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI gibt vor allem für den Zeitraum Mittwoch bis Freitag Hinweise auf eine
signifikante Windentwicklung, zunächst an den Küsten, später dann vor allem auch
auf den Bergen.
COSMO-LEPS und ECMWF-EPS haben die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 9
bis 10 an den Küsten für den Mittwoch auf der Karte, mit leicht abnehmender
Tendenz am Donnerstag und Freitag. Beide probabilistischen Verfahren zeigen am
Mittwoch und dann wieder am Freitag erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8
auch im Binnenland, vor allem im Norden und Osten.
Im Bergland oberhalb von 400 bis 600 m sind von Mittwoch bis Freitag immer
wieder markante Schneefälle zu erwarten. Vor allem am Freitag werden in den
süddeutschen Mittelgebirgen und am Alpenrand recht hohe Wahrscheinlichkeiten
dafür simuliert. Auch in tieferen Lagen steigen am Freitag die
Wahrscheinlichkeiten für zumindest leichte Schneefälle.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff