Thema des Tages
08-12-2016 14:40
Der Rutsch durch den Winter
Wer kennt das nicht: Der Wecker klingelt, man denkt sich: "Nur noch
einmal rumdrehen" und zack, hat man verschlafen. Nun aber husch,
husch zum Auto und schnell zur Arbeit. Doch Vorsicht: Derzeit können
die Straßen morgens gefährlich glatt sein, und das liegt nicht immer
am (medial häufig verwendeten Begriff) "Glatteis".
Vielmehr unterscheiden wir Meteorologen grundsätzlich zwischen den
Begriffen "Reifglätte", "Glätte durch gefrierende Nässe",
"Schneeglätte" und "Glatteis".
Reifglätte entsteht beispielsweise folgendermaßen: Wenn in kalten
Nächten die Temperatur unter null Grad sinkt, kann die Luft ab einer
bestimmten Temperatur ihre Feuchtigkeit nicht mehr halten, der
Wasserdampf gefriert (Resublimation) und lagert sich ab. Diese
Eisablagerung auf eigentlich trockenen Straßen führt dann zur
Reifglätte. Besonders anfällig sind dabei Brücken, da sie nicht durch
einen im Boden von unten nach oben gerichteten Wärmestrom vor
Auskühlung geschützt sind, sondern gänzlich von kalter Luft umgeben
sind. Wenn die Hauptstraßen Ihrem Wohnort also nicht glatt sind,
nicht gleich übermütig werden: Die Reifglätte ist eben deshalb so
tückisch, weil sie meist nur örtlich (also z.B. auf Brücken oder
Nebenstraßen) auftritt.
Wie Glätte durch gefrierende Nässe entsteht, steckt eigentlich schon
im Begriff: Die vorhandene Nässe gefriert. Das geschieht
beispielsweise, wenn es tagsüber geregnet hat und die Straßen bis zum
Sonnenuntergang nicht mehr abgetrocknet sind. Wenn dann Straßen und
Wege auf unter null Grad abkühlen (z.B. bei klarem Himmel), gefriert
die restliche Nässe zu Eis. Zeigt Ihr Außenthermometer noch wenige
Plusgrade an (z.B. 1 bis 3 Grad), können die
Straßenbelagstemperaturen bereits im negativen Bereich liegen.
Manche Autobesitzer werden bei entsprechenden Lufttemperaturen auch
mit einem lauten "Pling" daran erinnert, aufzupassen und den Fuß vom
Gas zu nehmen.
Auch der Begriff "Schneeglätte" erklärt sich eigentlich von selbst:
Schnee fällt auf Straßen, die kalt genug sind, dass der weiße Firn
auch liegen bleibt. Es ist übrigens jeden Winter aufs Neue eine
Herausforderung für uns Meteorologen, abzuschätzen, ob der Schnee nun
liegen bleibt oder nicht. Denn nicht nur die Belagstemperatur spielt
dabei eine Rolle, sondern auch die Intensität des Schneefalls. Bei
kräftigen Schneefällen können sich nach einer gewissen Zeit z.B.
Straßenbeläge mit anfangs positiven Temperaturen so stark abkühlen,
dass sich dort trotzdem eine Schneedecke ausbilden kann. Ob auf den
Straßen ein "Schneechaos" einsetzt oder nicht, hängt nicht nur von
der Intensität des Schneefalls und seiner Art (nasser oder trockener
Schnee) ab, sondern auch von der Region. In manchen Städten und
Ballungsräumen reichen erfahrungsgemäß oft (etwas überspitzt
formuliert) drei Schneeflocken aus, dass der Verkehr zum Erliegen
kommt.
"Last but not least" kommen wir zum Glatteis, der gefährlichsten Form
von Glätte. Dazu kommt es immer dann, wenn es längere Zeit frostig
kalt war, und nicht nur Sie, sondern auch die Böden durchgefroren
sind. Kündigt sich dann bei Zufuhr von Warmluft Regen an, heißt es
"Obacht, Achtung und Vorsicht hoch drei". Denn wenn die Regentropfen
auf die gefrorenen Straßen fallen, gefrieren sie sofort (deshalb der
in den Medien so beliebte Begriff "Blitzeis"), was zu einer
spiegelglatten Eisschicht auf den Straßen und allen gefrorenen
Gegenständen führt. In diesem Fall gilt: Auto stehen lassen,
Wollstrümpfe über die Schuhe ziehen (falls Sie nicht im Besitz von
Spikes sind) und hoffen, dass die Bahn noch fährt...
Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an den 22./23.
Januar 2016, als obige Situation eintrat: Eine Warmfront brachte nach
einer langen frostigen Witterungsphase wärmere Luft nach Deutschland,
sodass der Niederschlag meist als Regen fiel und in weiten Teilen
Deutschlands für spiegelglatte Straßen und zahlreiche Unfälle sorgte.
Selbst wenn es im Frühling schon wärmere Abschnitte geben kann,
Glätte ist prinzipiell auch dann noch möglich. Die Devise lautet
also: Fahre lieber langsam und besonnen als ins Rutschen und
Schlittern zu kommen! In diesem Sinne: Kommen Sie gut durch den
Winter!
Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.12.2016
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