DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-05-2024 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.05.2024 um 10.30 UTC



Zunächst im Westen und Süden, ab dem Pfingstwochenende auch im Nordosten
Regengüsse und Gewitter mit Unwettergefahr. Dabei mäßig warm bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.05.2024


Am Mittwoch und Donnerstag liegt Deutschland an der Südflanke eines
blockierenden Omega-Hochs, das sich über Südskandinavien und dem Ostseeraum
etabliert hat. Dieses Hoch wird von Höhentiefs über der Biskaya und der Ukraine
flankiert, so dass sich eine stabile Konstellation ergibt. Die Frontalzone
erstreckt sich von der Labrador-Halbinsel bis in den mittleren Nordatlantik und
spaltet sich dort auf. Der nördliche Ast ist vom Seegebiet südlich von Island
über Nordskandinavien hinweg nach Nordwestsibirien gerichtet, der südliche Ast
verläuft an der Südflanke des Höhentiefs über der Biskaya über den
Mittelmeerraum hinweg ostwärts. Dieses Höhentief wird unser Wettergeschehen an
den kommenden Tagen prägen. Mit einer südwestlichen bis südlichen Strömung
gelangt in weite Teile Deutschlands feuchtwarme und labil geschichtete Luft aus
dem westlichen Mittelmeerraum. Kurzwellentröge, die nach Norden ablaufen,
generieren Hebung, so dass schauerartige Regenfälle und im Tagesverlauf auch
Gewitter zu erwarten sind. Dabei besteht aufgrund der langsamen Verlagerung der
Konvektionszellen Unwettergefahr vor allem durch heftigen Starkregen. Eine
Ausnahme stellt noch der Nordosten und der küstennahe Bereich dar. Trockene
Luft, die aus dem Hoch über Nordosteuropa ausfließt, unterbindet dort konvektive
Umlagerungen. Der Wind frischt dort tagesgangsbedingt böig aus Südost bis Ost
auf, an der Vorpommerschen Ostseeküste und auf dem Erzgebirgskamm können
stürmische Böen auftreten.
Am Freitag verlagert sich das gesamte Zirkulationsmuster etwas nach Osten. Das
zuvor über der Biskaya liegende Höhentief, vielmehr ein Höhentiefkomplex,
verlagert sich nach Frankreich. Dabei übernimmt ein über den Westalpen liegender
Tiefkern die steuernde Funktion. Über Mitteleuropa dreht daher die Strömung auf
Süd, über der Mitte und dem Süden Deutschlands entwickelt sich ein ausgedehntes,
aber flaches Tief, in Richtung Ostalpen macht sich leicht föhniger Einfluss
bemerkbar. Das dürfte dort die Konvektion etwas dämpfen. Ansonsten entwickeln
sich erneut kräftige Regengüsse und Gewitter bis hin zum Unwetter. Erste
schwächere Entwicklungen können dann auch über die Elbe nordostwärts vordringen.
Von der Ostsee bis zur Niederlausitz hält noch das Hoch über Nord- und
Nordosteuropa dagegen, was konvektive Umlagerungen weitgehend unterbinden
dürfte.
Am Samstag verlagert sich das Höhentief mit seinem steuernden Kern bis in den
Nordosten Deutschlands, so dass sich mit dem zuvor genannten Bodentief eine
nahezu senkrechte Achse ergibt. Durch herumgeholte labil geschichtete Warmluft
sind landesweit teils heftiger Regen und Gewitter bis hin zum Unwetter zu
erwarten.
Pfingstsonntag setzt sich das Höhentief über der Odermündung und das
korrespondierende Bodentief knapp östlich davon fest, so dass sich das
Niederschlagsgeschehen dann auf den Osten und Südosten Deutschlands
konzentriert. Gleichzeitig weitet sich ein Höhenkeil vom nahen Ostatlantik auf
die Britischen Inseln aus, der von Nordwesten und Westen her zusehends für
Wetterberuhigung sorgt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird das sich nach Polen
verlagernde Höhentief nebst hiervon ausgehenden und bis zur Balkanhalbinsel
reichenden Trog allmählich zugeschüttet. Während sich im Norden und Westen
antizyklonaler Einfluss durchsetzen könnte, wird im Osten und Süden Deutschlands
die Wetterbesserung durch weitere, nach Süden ablaufende Kurzwellentröge noch
ausgebremst. Für die östlichen Mittelgebirge und auch den östlichen Alpenrand
sind Pfingstmontag und am Dienstag noch warnrelevante Niederschlagssummen
vorstellbar, danach sollten auch dort die Niederschläge tendenziell nachlassen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Samstag ist der aktuelle Lauf zu den gestrigen
Modellrechnungen weitgehend konsistent. Prognoserelevante Unterschiede lassen
sich nicht ableiten. Am Sonntag werden nach der aktuellsten Simulation die
synoptischen Strukturen etwas weiter östlich erwartet. Hierdurch kann sich dann
im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum von Nordwesten und Westen her
antizyklonaler Einfluss etwas rascher durchsetzen als dass dies am Vortag noch
zu sehen war.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Sonntag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebe
Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine
prognoserelevanten Unterschiede ableiten. Erst ab Pfingstmontag divergieren die
Vorhersagen signifikant. Während EZMW einen über Westeuropa liegenden und in die
Nordsee gerichteten Höhenkeil prognostiziert, hat GFS an dessen Stelle einen
weiteren Höhentiefkomplex zu bieten. Dieser gelangt dann nach Mitteleuropa. Eine
vergleichbare Entwicklung, wie sie EZMW am Wochenende bietet, wäre nach GFS am
Dienstag nach Pfingsten zu erwarten. Eine Wetterberuhigung würde demnach in
weite Ferne rücken. Eher noch mit der oben beschriebenen Version vergleichbar
sind hier die Vorhersagen des Modells des kanadischen Wetterdienstes. Demnach
würde ab Pfingstmontag der über dem Osten Deutschlands liegende Trog nach Süden
austropfen und sich, ausgehend von einem sich erneut über Südskandinavien
entwickelnden blockierenden Hoch, antizyklonaler Einfluss durchsetzen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS folgt dem hauseigenen deterministischen Lauf, wobei bis über die
Mitte der dritten Maiwoche hinaus zyklonaler Einfluss dominiert. Trotz der
relativ komplexen Lage ist der Spread insgesamt gering. Über den gesamten
Vorhersagezeitraum hinweg lassen sich Signale für stärkere Niederschläge finden.
Einige wenige Member der aktuellsten Modellrechnung zeigen ein Übergreifen eines
kräftigeren Troges auf den Westen Deutschlands. Eine markante Abkühlung oder
eine Hitzewelle sind nicht in Sicht.
Beim EPS des EZMW ist bereits während des frühen mittelfristigen
Vorhersagezeitraumes über Mitteleuropa ein hoher Spread erkennbar. Dieser
resultiert aus Unsicherheiten bei der Prognose des auf Mitteleuropa
übergreifenden Troges und zeigt sich auch bei Clusiering. Bereits beim 168-std.
Produkt wird von vier jeweils mit 10 bis 16 Membern besetzten Clustern das
Höhentief über Mitteleuropa unterschiedlich positioniert. Auch der im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum von Nordwesten her erneut
einsetzende antizyklonale Einfluss ist noch nicht in trockenen Tüchern und wird
nur von 20 Membern gestützt. Daher kann für den Beginn der dritten Maiwoche nur
eine grobe Aussage getroffen werden. So lässt sich anhand des Clustering gemäß
Großwetterlagen herausarbeiten, dass zwar noch ein zyklonaler Wettercharakter
überwiegt, aber mehr und mehr Member antizyklonal geprägt sind. Dabei hält sich
eine mäßig warme bis warme Luftmasse. Wie beim EPS des GFS sind weder eine
Hitzewelle noch ein Kälteeinbruch in Sicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch entwickeln sich im Westen und Süden Schauer und Gewitter, dabei
fällt Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit; Unwetter durch heftigen Starkregen
über 25 l/qm sind nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus muss mit geringer
Wahrscheinlichkeit an der Vorpommerschen Ostseeküste sowie auf dem
Erzgebirgskamm mit stürmischen Böen aus Südost gerechnet werden.
In der Nacht zum Donnerstag erfolgt ein Übergang in mehrstündigen und anfangs
noch gewittrigen Starkregen, dabei kommen 20 bis 30 l/qm Regen innerhalb weniger
Stunden zusammen.
Am Donnerstag sind im Westen, Süden und in der Mitte im Tagesverlauf erneut
Regengüsse und Gewitter zu erwarten, sehr wahrscheinlich mit mehr als 20 l/qm in
kurzer Zeit, lokal gibt es Unwetter durch heftigen Starkregen um 30 l/qm. In der
Nacht zum Freitag kann mit geringer Wahrscheinlichkeit noch mehrstündiger und
anfangs von Gewittern begleiteter Starkregen auftreten.
Auch am Freitag gibt es Schauer und Gewitter bis hin zum Unwetter, vor allem
durch heftigen Starkregen, wahrscheinlich bleibt es nur ganz im Nordosten noch
weitgehend trocken. Ab Samstag setzen auch dort Gewitter mit Unwettergefahr ein.

Am Samstag und Sonntag ist über dem Mittelgebirgsraum länger andauernder Regen
mit 30 bis über 50 l/qm, jeweils innerhalb von 24 Stunden, möglich, in Staulagen
bis über 60 l/qm nicht auszuschließen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS + (anfangs) MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann