DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-05-2024 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.05.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
UWE als Mütterversteher - ein Sonntag mit viel Sonne und frühsommerlichen
Temperaturen. Ab der Nacht zum Montag von Frankreich beginnende Wetterumstellung
(Schauer, Gewitter), die sich aber nur zögerlich nordostwärts ausweitet.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... findet eine Wachablösung der besonderen Art statt: Ein Hoch dankt
ab, das nächste übernimmt. Zugegeben, etwas undurchsichtig die ganze
Angelegenheit, aber nun. Im Grunde befindet sich Deutschland inmitten einer
umfangreichen Hochdruckzone, die sich von Nord- bis nach Mitteleuropa erstreckt.
Eingelagert darin sind verschiedene regionale Druckmaxima mit etwas über 1025
hPa. Eines davon - die Rede ist von THOMAS - hielt sich bis dato über der
südlichen Nordsee auf, wo es sein Tun nun aber einstellt. Bye, bye THOMAS, warst
kein schlechter Vertreter deiner Zunft. Stattdessen ist die Atmosphäre gerade
dabei, einen weiteren Schwerpunkt über der Ostsee aufzubauen, der den Namen UWE
trägt. Das alles auf der Vorderseite eines veritablen Höhenrückens, der heute
Abend vom westlichen Mittelmeer bis hoch zum Europäischen Nordmeer reicht. Seine
Hauptachse erreicht am frühen Sonntagmorgen die westliche Grenze unseres Landes,
das antizyklonale Setup bleibt uns also erhalten. Eine gute Nachricht, die vom
heute Abend in Malmö stattfindenden ESC aus deutscher Sicht zum wiederholten
Male sehr wahrscheinlich nicht zu erwarten ist. Aber das nur am Rande.

Die Gute-Nacht-Geschichte ist vor diesem, also dem meteorologischen Hintergrund
rasch erzählt: im Osten anfangs noch Wolkenfelder, aber kaum noch Schauer (Abzug
eines kleinen Sekundärtroges entlang der Ostabdachung des Rückens). Im Südwesten
später einige neue Cirren. Ansonsten viel Klarheit, kaum Nebel und
Tiefsttemperaturen zwischen 13 und 4°C mit den tiefsten Werten in Mulden und
Senken Süddeutschlands.

Sonntag ... ist Muttertag und der lässt zumindest aus meteorologischer Sicht
keine Wünsche offen. Der Rücken rückt uns noch etwas dichter auf die Pelle,
während sich uns UWE über der Ostsee pudelwohl zu fühlen scheint. Mit
Verlagerung des Hochzentrums von der Nord- zur Ostsee dreht der Wind immer mehr
zurück auf Ost, wodurch eine Portion trockener (PPW unter 15 mm, spezifische
Grundschichtfeuchte unter 5 g/kg) und nicht übermäßig warmer Kontinentalluft
(xPs; T850 um 5°C => Tmax 18 bis 23°C, an der See bei auflandiger Windkomponente
kühler) insbesondere in den Norden und Osten des Landes einströmt. Dort scheint
den ganzen Tag die Sonne, wobei laut MOS das astronomisch mögliche Maximum vor
allem von der vorpommerschen Küste bis in den Norden Brandenburgs voll
ausgeschöpft werden soll (das sind immerhin über 15 Stunden Sonnenschein!).

Aber auch im großen Rest des Landes sieht´s für morgen nicht schlecht aus. Hier
und da mal ein paar flache Kumulanten (Inversion meist zwischen 800 und 900
hPa), dazu in der Südwesthälfte vermehrt Cirren (Vorboten einer bevorstehenden
Wetteränderung, aber dazu später mehr), ansonsten aber reichlich Sonnenschein
und frühsommerliche Wärme mit Höchstwerten zwischen 23 und 28°C (am wärmsten am
Rhein und seinen Nebenflüssen). Muttern, wat willste mehr?

Ganz ohne Aber kommen wir dann aber doch nicht über den Tag. So wölbt sich im
Osten von Polen und Tschechien her ein weiterer Randtrog nach Westen in den
Rücken hinein. Das reicht wahrscheinlich, um die etwas feuchtere und labilere
Luft über den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen zu mehr Quellbewölkung
und vereinzelten Schauern zu animieren. Ob es am Ende gar für ein Gewitter
reicht, ist hingegen fraglich. Zwar liegt die Sperrschicht zwischen 700 und 600
hPa höher als in den übrigen Regionen und ist dabei auch nicht so stark
ausgeprägt. Ob sie schlussendlich aber getilgt werden kann, bleibt abzuwarten.

Baustelle #2 wird im Westen und Südwesten errichtet (typisch deutsch natürlich,
Ankündigen bzw. Absperren und dann passiert lange nichts), wo einsetzender
Druckfall die Annäherung einer Tiefdruckrinne (ILDIKO) von Frankreich her
ankündigt. Zwar ist deren Ankunft erst in der Nacht zum Montag zu erwarten und
durch den östlichen Wind ist auch noch keine nennenswerte Feuchteakkumulation zu
erkennen. Trotzdem wird insbesondere über dem Schwarzwald, etwas abgeschwächt
auch vom Saar-Nahe-Bergland bis zur Eifel ein kleines Quantum CAPE angeboten,
was mit orografischer und diabtaischer Hilfe (die Auslösetemperatur liegt bei 22
bis 25°C) mindestens mal in dickere Quellwolken, vielleicht aber auch in
vereinzelte Schauer oder Gewitter umgewandelt werden kann (Favorit für Gewitter
ist eindeutig der Schwarzwald). Mangels Scherung sind die Zellen alles andere
als gut organisiert. Wenn´s überhaupt soweit kommt, sind es isolierte
"Stehburger", die sich selbst rasch wieder kaputtregnen. Gleichwohl ist ein
lokaler Starkregen um oder etwas über 15 l/m² innert kurzer Zeit und vielleicht
sogar kleinkörniger Hagel nicht ausgeschlossen.

Kurz noch ein Wort zum Wind, der aus östlichen Richtungen kommend mit Hilfe des
Tagesgangs sowie etwas Supergeostrophie mitunter leicht böig auflebt, dabei aber
unterhalb der Warnschwellen bleibt.

In der Nacht zum Montag ist dann zumindest im äußersten Westen und Südwesten
Schluss mit UWE und Konsorten, wenn nämlich von Frankreich her besagte Rinne mit
potenziell instabiler und zunehmend feuchter Luft übergreift. Dabei stehen
einige hundert Joule pro Kilogramm MU-CAPE zur Verfügung, die mit Annäherung
eines Randtroges gute Chancen haben, in schauerartigen Regen mit eingelagerten
Gewittern umgemünzt zu werden. Okay, die Potenzialgegensätze sind nicht
überbordend und ein klares PVA-Maximum lässt sich nicht detektieren. Trotzdem
sind alle Modelle auf dem geschilderten Pfad, wobei aufgrund fehlender Scherung
keine organisierten Strukturen zu erwarten sind. Lokaler Starkregen ja, Unwetter
eher nein, nicht mehr, nicht weniger.

Der ganz große Rest der Nation bleibt davon noch verschont und kann sich auf
klare Verhältnisse einstellen. Während im Westen und Südwesten 15°C punktuell
nicht unterschritten werden, stehen nach Osten hin vielfach einstellige
Tiefstwerte auf der Karte, lokal sogar nur um 5°C.

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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... kommen die Rinne und die instabile Luftmasse noch etwas weiter
nordostwärts voran, während der o.e. Trog Schwierigkeiten hat zu folgen. Das
liegt vor allem an der Blockadewirkung des inzwischen vom Rücken
abgeschnittenen, von Norddeutschland bis nach Südskandinavien reichenden
Höhenhoch. Mit anderen Worten, schauerartige Regenfälle und Gewitter machen noch
etwas Boden nach Nordosten hin gut, dürften aber auf den Westen und Süden (dort
neben BaWü vor allem Alpen, Alpenvorland und ostbayerische Mittelgebirge)
beschränkt bleiben. Scherung ist weiterhin kaum vorhanden, so dass der Hang zur
Verclusterung gegeben ist und Starkregen nun auch mit Unwettergefahr ganz oben
auf der Prioritätenliste steht.

Ansonsten gilt es nur noch zu konstatieren, dass der 12-UTC-Lauf von ICON auf
Kurs seiner jüngsten Vorgänger bleibt und somit die Ausführungen der heutigen
Frühübersicht ihre Gültigkeit behalten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Aus Sicht der Numerik gibt es keinen Grund, die beschriebene Entwicklung
anzuzweifeln.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann