DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-05-2024 08:30
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.05.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von HNz/NEz (Hoch Nordmeer zyklonal bzw. Nordost zyklonal) zu
NEa/HM (Nordost antizyklonal bzw. Hoch Mitteleuropa).

Abziehende Tiefdruckrinne mit nachfolgendem Hochdruckeinfluss (Gott zum Gruße
THOMAS). An den Alpen allerdings einsetzende Nord-Staulage mit Dauerregen.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein ziemlich wildes
Muster, allein dessen Ist-Zustand zu beschreiben schon weite Teile des kostbaren
Morgens rauben würde. Eine Frontalzone sucht man darin vergebens, stattdessen
Tröge und Rücken noch und nöcher, von denen aber nur eine Minderzahl am hiesigen
Geschehen beteiligt sind. Wie man überhaupt sagen muss, dass sich Deutschland
eher unter einer extrem luschigen Höhenströmung ohne klare Konturen befindet,
was für vergleichsweise undynamisches Wetter spricht. Protagonist für uns ist im
Grunde ein ausgewachsenes Höhentief über Frankreich, das auf dem Sprung steht,
ein Kaltlufttropfen zu werden. Noch ist aber eine Korrelation zu einem flachen
Bodentief namens HELGA gegeben, von dem aus eine Rinne bis in die südliche Mitte
des Vorhersageraums reicht. Im Tagesverlauf zieht das Höhentief Richtung
Löwengolf, während das Bodentief weiter von seiner ohnehin nicht im Überfluss
vorhandenen Substanz verliert. Die Rinne verlagert sich gen Alpen, nachfolgend
dreht der Wind auf nördliche Richtungen, außerdem setzen Druck- und
Potenzialanstieg ein. Damit kündigt sich das umfangreiche Hoch THOMAS an, das
über dem nahen Atlantik platziert ist, von wo es weit nach Norden bis zum
Nordpolarmeer reicht. Es wird gestützt von einem mehrteiligen Höhenrücken,
dessen Südteil sich langsam aber sicher - wie das Bodenhoch auch - auf den
europäischen Kontinent ausweitet. Gutes Timing könnte man sagen, steht doch
übermorgen der nächste Feiertag auf dem Kalender, an dem Hochdruckeinfluss
sicherlich nicht die schlechteste Idee ist. Aber dazu später mehr.

Am heutigen Dienstag sieht´s noch nicht so rosig aus, wenn man mal Teile
Norddeutschlands ausklammert. Dort setzt sich von Nordosten zusehends trockenere
und stabile, aber auch relativ kühle Luft durch (xP; T850 um +3°C), die die
anfangs noch vorhandene tiefe Bewölkung von der Ostsee her beginnt
"aufzufressen", was gerade von Ostholstein bis hinüber nach MV einige
Sonnenstunden zur Folge hat (am meisten Richtung Usedom, Rügen und Darß, wo es
bereits jetzt 4:45 UTC aufgeht). Trotz Einstrahlung übt sich die Temperatur in
vornehmer Zurückhaltung: 13 bis 17°C, direkt am Wasser bei auflandigem Wind eher
noch weniger - mehr ist heute noch nicht drin.

Größeres Interesse als im Norden weckt die Wetterentwicklung in der Mitte und im
Süden. Zwar steigt auch dort der Luftdruck an, gleichwohl hat man noch an den
Auswirkungen der scheidenden Tiefdruckrinne zu knabbern. Dort kommt es auf der
kalten, der nördlichen Seite in der Mitte des Landes vor allem am Vormittag noch
zu Regenfällen. Zwar fangen diese an, aufgrund der von Norden einsickernden
trockeneren und stabileren Luft mehr und mehr auseinanderzubröseln respektive
sich abzuschwächen, doch gerade nach Osten hin (westliches Erzgebirge +
Umgebung) sind durchaus noch mal 5 bis 15 l/m² innert 6 Stunden zu erwarten, was
angesichts an einigen Stationen bereits gefallener 20 bis 40 l/m² (12-stündig)
nicht wenig ist. Vor diesem Hintergrund ist auch die Verlängerung der
Dauerregenwarnung in dieser Region zu bewerten. Zum Nachmittag hin nehmen die
Regenfälle zusehend schauerartigen Charakter an. Dabei werden gerade im Westen
und Südwesten mit Hilfe von etwas Einstrahlung leidliche Labilität und sogar
eine kleine Portion skinny CAPE erzeugt. Der Deckel liegt bei 650 bis 600 hPa in
einem Temperaturbereich um -10°C, heißt, kleiner elektrische Entladungen sind
nicht ganz ausgeschlossen (gewittriger Schauer oder "gelbes" Gewitter mit
maximal Böen 7 Bft, wenngleich die aufgrund des nahezu scherungsfreien Umfelds
sowie fehlender Höhenwinde alles andere als wahrscheinlich sind). Etwas
Labilität und CAPE findet sich auch im südöstlichen Bayern. Die Frage ist, ob es
einen ausreichenden Impuls gibt, die Energie in eine konvektive Umlagerung zu
transformieren. Wenn ja, dann könnte Starkregen um oder etwas über 15 l/m² ein
begleitender Parameter werden.

Eine Sonderstellung nimmt der Alpenrand inklusive des benachbarten Alpenvorlands
ein, wo der Wind niedertroposphärisch auf nördliche Richtungen dreht und somit
eine Staukomponente erzeugt. Aus den anfänglich eher schauerartigen und
keinesfalls überall auftretenden Niederschlägen erwächst im Laufe des
Nachmittags ein länger andauerndes, voraussichtlich bis in die Nacht zum
Donnerstag reichendes Dauerregenereignis, bei dem am Ende durchaus 20 bis 40,
lokal bis 50 l/m² innert 24 bis 36 h zu Buche stehen (markanter Dauerregen,
wobei die Warnschwellen sicherlich nicht flächendeckend, sondern eher punktuell
vornehmlich in Staulagen gerissen werden).

In der eingeflossenen maritimen Subpolarluft (mPs; T850 3 bis 7°C) werden
Tageshöchstwerte von 14 bis 19°C, zwischen Kalkar und Heinsberg lokal 20°C
erwartet. In der östlichen Mitte sowie am Alpenrand reicht es teilweise nur für
11 bis 14°C.

In der Nacht zum Mittwoch setzen sich Druck- und Potenzialanstieg ebenso fort
wie die Zufuhr trockenere Luftmassen von Norden bzw. Nordosten her. Bis zum
Morgen sinkt T850 auf 5 bis 0°C mit den niedrigsten Werten im Osten und
Nordosten. Die Wolkendecke lockert mal mehr, mal weniger auf, wobei das "mehr"
insbesondere auf den Norden und Nordosten zutrifft. Dort wird die Nacht auch am
frischesten mit Tiefsttemperaturen unter 5°C und vereinzelt 0°C am Boden, wenn
auch nicht für lange Zeit.

Im Süden und Südosten macht sich die Abtrocknung noch nicht wirklich bemerkbar.
Im Gegenteil, die Wolkendecke bleibt geschlossen und spendiert nebenbei noch
zeitweiligen, an den Alpen sowie im südlichen Vorland sogar anhaltenden und
nicht ganz unergiebigen Regen. Dabei stellen die apostrophierten 10 bis 25 l/m²,
in Staulagen lokal sogar etwas darüber, den krönenden Höhepunkt der markanten
Dauerregenlage dar, an der neben der andauernden Stausituation nun auch das gen
Korsika konvergierende Höhentief eine Mitschuld trägt.

Mittwoch... entfernt sich das Höhentief dicht an Sardinien vorbei in Richtung
Süden. Damit verliert es zunehmend seinen Einfluss auf den Alpenraum. Trotzdem
tritt an den Alpen sowie im Alpenvorland noch keine Wetterbesserung ein, was im
Wesentlichen der andauernden nördlichen Strömung sowie einer Rechtsdrehung mit
der Höhe (WLA) geschuldet ist. Zwar nimmt die Intensität gegenüber der Vornacht
ab, trotzdem muss von weiteren 5 bis 15, in Staulagen punktuell 20 l/m² bis zum
Abend ausgegangen werden. Dass die Temperatur im äußersten Süden angesichts
solcher Rahmenbedingungen keine großen Sprünge macht, ist keine Überraschung.
Gerade am unmittelbaren Alpenrand dürfte es schwer werden, die 10°C-Marke zu
überschreiten.

Während also in weiten Teilen des Südens und Südostens die Schotten dicht
bleiben, ist im großen Rest Meister THOMAS mit seinem austrainierten Rücken
weiter auf dem Vormarsch. Vor allem im Norden und Nordosten, wo die
eingeflossene polare Luftmasse am trockensten ist, scheint häufig die Sonne.
Trotzdem erwärmt sich die Luft bei anhaltendem Nord- bis Nordostwind nur auf 16
bis 20°C, an einigen Küstenabschnitten sowie auf den meisten Inseln (Stichwort
auflandiger Wind, kühles Meerwasser) etwas weniger. Ansonsten gilt es
festzuhalten, dass sich bei rund 800 hPa eine Absinkinversion etabliert, die
eine labil geschichtete Grundschicht deckelt. Aus dieser heraus bilden sich
diabatisch getriggerte Quellwolken, die vor allem im äußersten Westen, wo sich
noch Reste feuchterer Luft aufhalten, vorübergehend mal dichter ausfallen
können.

In der Nacht zum Donnerstag bricht die nördliche Anströmung an die Alpen
zusammen und die Regenfälle schwächen sich deutlich ab bzw. stellen ihr Wirken
bis zum Morgen ganz ein. Derweil breitet sich das Hoch mit etwas über 1025 hPa
auf der Platte immer weiter aus, während der zugehörige Rücken eine leichte
Kippbewegung im Uhrzeigersinn an den Tag legt und somit weitere Aktien am
hiesigen Wettergeschehen erwirbt. Mit anderen Worten, Absinken und Abtrocknung
schreiten weiter voran, was weiten Teilen der Nation auflockernde Bewölkung und
vielleicht mal ein Nebelfeld bringt. Mit 10 bis 5°C, im Norden und Osten sowie
in den Mittelgebirgen stellenweise bis 2°C wird es eine relativ kühle Mainacht.


Donnerstag... ist Feiertag, Christi Himmelfahrt oder gerne auch Vatertag ist
angesagt. Und was soll ich sagen, Petrus oder sagen wir besser THOMAS meint es
gut mit uns, auch wenn es nicht überall für Affenhochglanz reicht. Fakt ist,
dass das Bodenhoch mittlerweile von seiner meridionalen Ausgangsstellung in eine
Zonalexposition gewechselt ist. Es erstreckt sich von UK/Irland bis hinüber ins
nahe Osteuropa, wobei die Divergenzachse zur Mittagszeit etwa über der
nördlichen Mitte verläuft. Nördlich davon setzen sich überwiegend schwache
westliche Winde durch, südlich kaum stärkerer Nordostwind. Die Inversion wird
mit weiterem Kippen des Höhenrückens mit Ausnahme Süddeutschlands noch etwas
weiter nach unten gedrückt. Sie deckelt nach wie vor eine labile, durch den
Tagesgang aktivierte Grundschicht, aus der heraus sich vertikal limitierte
Quellwolken entwickeln. In weiten Teilen des Landes garnieren sie den blauen
Himmel, nicht mehr, nicht weniger. Ganz im Süden, wo die Grundschicht durch die
vorausgegangenen Regenfälle noch ziemlich feucht ist, kann das Gewölk
vorübergehend mal dichter werden und vielleicht sogar einen schwachen Schauer
generieren. Auch nach Nordwesten hin deuten sich höhere Wolkenanteile an, wozu
u.a. eine knapp nördlich durchschwenkende Warmfront beiträgt. Summa summarum
lässt sich aber konstatieren, dass es schon weit schlechteres Feiertagswetter
gegeben hat zumal es auch thermisch bergauf geht. So kann sich die gealterte
Polarluft diabatisch erwärmen auf 18 bis 23°C, im höheren Bergland sowie direkt
an der See etwas darunter.

Die Nacht zum Freitag großwetterlagentechnisch nicht viel Neues, wenn man mal
davon absieht, dass sich die Divergenzachse des Hochs langsam nach Süden
verlagert. Damit werden der äußerste Norden und Nordosten anfällig für
Störungen, namentlich für die o.e. Warmfront, die neben mehrschichtiger
Bewölkung auch ein paar Tropfen Regen anliefert. Ansonsten verläuft die Nacht
meist gering bewölkt oder klar mit lokalen Nebelfeldern und Tiefstwerten
zwischen 11 und 3°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden von den externen Modellen sehr ähnlich simuliert. Leider
fehlt der 00-UTC-Lauf von IFS (ECMF), der auch auf der dortigen Homepage nicht
verfügbar ist. Gerne hätte man die Regenprognose als möglichen Decider in Bezug
auf Warnung Alpenrand ja/nein zur Verfügung gehabt. Ob es heute irgendwo für
Gewitter reicht, wird auch durch eine hohe Modellkongruenz nicht final
beantwortet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann