DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
07-03-2024 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.03.2024 um 10.30 UTC
Am Sonntag an den Alpen Föhn mit Sturmböen, auch an den Küsten stürmische Böen.
Zu Wochenbeginn unbeständig und allmählich kühler, aber kaum markante
Wettererscheinungen. Zu Wochenmitte bei zunehmenden Unsicherheiten eventuell
vorübergehende
Wetterberuhigung.__________________________________________________________
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 14.03.2024
Der gesamte Mittelfristzeitraum, der am Sonntag beginnt, ist geprägt durch eine
blockierende Hochdruckzone, die zunächst noch vom Nordmeer bis weit nach
Russland reicht, sich aber spätestens Mitte kommender Woche lediglich auf den
fennoskandischen Raum beschränkt.
Diese "High-over-Low"-Konstellation zeichnet sich am Sonntag durch ein
umfangreiches Cut-Off-Tief über der Biskaya aus, das sein dipolartiges
Drehzentrum bis Montagfrüh nach Zentralfrankreich bzw. Südostengland verlagert.
Dabei befindet sich Deutschland zunächst auf der diffluenten Vorderseite eines
sich von Süden her nähernden Randtroges (der bis Montagfrüh die Mitte und den
Westen des Vorhersagegebietes erreicht), so dass sich bei südlicher
Höhenströmung an den Alpen eine Föhnsituation eingestellt hat, die bis in einige
entsprechend anfällige Täler durchaus für Böen Bft 7 bis 8 und auf den Bergen
Böen Bft 8 bis 10 gut sein dürfte. Dabei verstärkt sich landesweit der
Druckfall, so dass sich auch an den Küsten der Gradient verschärft und es dort
ebenfalls stürmische Böen aus östlichen Richtungen geben dürfte. An den
östlichen Mittelgebirgen stellt sich Böhmischer Wind ein.
Niederschläge gibt es mangels Hebung zunächst kaum.
Erst an der Südwestflanke des vom Alpennordrand (etwa Südostbayern) in der Nacht
um Montag nordnordoswärts ziehenden Leetiefs setzt nach Zusammenbruch des Föhns
am Sonntagnachmittag bzw. -abend im Südwesten und Süden leichter Regen ein, der
sich nachts über Südostbayern allmählich nordwärts ausweitet. Schnee fällt
zunächst aber wohl lediglich in höheren Lagen der Alpen und auch die Mengen
bleiben überschaubar.
Am Montag schwenkt ein weiterer markanter Randtrog von Oberitalien über
Tschechien bis Dienstagfrüh nach Südpolen und wird dort durch die Hochdruckzone
weiter nördlich blockiert, tropft somit ebenfalls ab. Somit etabliert sich ein
Höhentiefkomplex über Mitteleuropa mit mindestens drei Drehzentren.
Mit Annäherung des Randtroges kann ich das ehemalige Leetief im Bodenfeld etwas
verstärken, wobei dessen Zugbahn noch unklar ist; nach Lesart des aktuellen
IFS-Laufes befindet es sich Dienstagfrüh ziemlich genau achsensenkrecht
unterhalb des Cut-Off-Tiefs über Südpolen. Gleichzeitig beginnt sich das mit dem
westlichen Drehzentrum interagierende Bodentief über Nordfrankreich bzw. Belgien
allmählich aufzufüllen. Beide Tiefs sind durch eine breite, aber flache Rinne
verbunden, die nach Norden vorankommt, so dass der Gradient an den Küsten
aufweicht und der Ostwind dort nachlässt.
Vor allem an der West- und Nordflanke des langsam nach Norden ziehenden Leetiefs
gibt es von der Nacht zum Montag bis Dienstagfrüh teils länger anhaltenden
Niederschläge, nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes aber so weit östlich, dass
der Vorhersageraum dadurch kaum mehr tangiert wird. Die Schneefallgrenze sinkt
dabei mit dem Einsickern etwas kühlerer Luftmassen (um 0 Grad in 850 hPa) auf
wenig unter 1500 m.
Ansonsten fallen im Vorhersagegebiet nur wenig Niederschläge, am ehesten noch im
Westen und Südwesten, später eher Süden.
Am Dienstag beginnt sich der westliche Part des Höhentiefkomplexes mit
Annäherung eines Höhenrückens, der Mittwochfrüh bereits die Biskaya und Irland
erfasst, aufzufüllen, während das östliche Drehzentrum über Polen mit einem von
einem Höhentrog über Nordosteuropa ausgehenden Randtrog interagiert und bis
Mittwochfrüh zum Baltikum zieht. Bis zur Nacht zum Mittwoch etabliert sich ein
weiterer, von der Nordsee bis nach Mittelskandinavien reichender Höhenrücken, so
dass sich über dem Vorhersagegebiet allmählich ein nordöstliche Höhenströmung
einstellt.
Im Bodenfeld setzt über Mitteleuropa von Westen her Druckanstieg ein, das
Bodentief über Polen kommt nur zögernd nach Osten voran und füllt sich
allmählich auf. Von dort aus reicht eine Tiefdruckrinne aber noch bis
Mittwochfrüh über den Osten und Norden Deutschlands hinweg westnordwestwärts,
die nur zögernd nach Süden schwenkt. In deren Bereich und weiter südlich gibt es
weitere, allerdings wohl keine warnrelevanten Niederschläge, die bei von
Nordosten langsam einsickernden kühleren Luftmassen (0 bis -2 Grad in 850 hPa)
in Lagen oberhalb von 1000 bis 1200 m in Schnee übergehen. Im Nordosten bleibt
es zumindest in der Nacht zum Mittwoch bereits trocken und bei auflockernder
Bewölkung kann es vor allem dort im Einflussbereich trockener und mäßig kalter
Luft Nachtfrost geben.
Am Mittwoch und Donnerstag verlagert sich der nach Skandinavien gerichtete
Höhenrücken allmählich südostwärts Richtung südliche Ostsee und Baltikum,
schwächt sich dabei aber ab. Gleichzeitig kommt der Höhenrücken über Westeuropa
nordostwärts voran und kann sich durch WLA vorderseitig eines Tiefdruckkomplexes
über dem Ostatlantik verstärken, letztendlich etabliert sich bis Donnerstag ein
Höhenhoch über der Nordsee.
Im Bodenfeld füllt sich die nach Süddeutschland schwenkende Tiefdruckrinne am
Mittwoch vollends auf und weicht einem von Nordosteuropa bis nach Nord- und
Ostdeutschland reichenden Hochkeil. Vor allem am Mittwoch gibt es im Bereich der
Tiefdruckrinne im Süden und Südwesten sowie anfangs in der Mitte noch leichte
Niederschläge (oberhalb von etwa 800 bis 1200 m etwas Schnee), am Donnerstag
sollte es dann aber weitgehend trocken bleiben.
Am ehesten in der Nordosthälfte setzt sich vermehrt die Sonne durch und im
Einflussbereich der von Osten einströmenden trockenkalten Festlandsluft ist
vermehrt mit Nachtfrost zu rechnen, tagsüber reicht es auch wohl lediglich im
Westen und Süden noch für zweistellige Höchstwerte.
In der erweiterten Mittelfrist verlagert sich der Schwerpunkt hohen Luftdrucks
nach Lesart des IFS allmählich über das östliche Mitteleuropa nach Südosteuropa
und blockiert zumindest bis einschließlich der Nacht zum Samstag noch das
Übergreifen atlantischer Tiefausläufer von Südwesten her auf das
Vorhersagegebiet.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des IFS ist heute zwar besser als am Vortag, dennoch ergeben sich
im Detail weiterhin Unterschiede, insbesondere, die Zugbahn des Leetiefs bzw.
eventueller Folgetiefs im Schlepptau am Montag und Dienstag betreffend. Im
aktuellen Lauf befindet es sich eher östlich von uns, nach Lesart der gestrigen
Läufe allerdings auch immer wieder weiter westlich bzw. über dem
Vorhersagegebiet, was natürlich erheblichen Einfluss auf die
Niederschlagsprognosen und, wenn auch nicht so gravierend, auf die Windprognosen
(Küsten am Montag) hat.
Allen Läufen gemein ist allerdings ein zunehmender antizyklonaler Einfluss am
Mittwoch und Donnerstag.
In der erweiterten Mittelfrist simuliert der gestrige 00 UTC-Lauf das
Hochdruckgebiet, ähnlich wie im aktuellen, das Hochdruckgebiet östlich des
Vorhersagegebietes mit einer trockenkühlen ostsüdöstlichen Bodenströmung
(zumindest bis mindestens Freitag), während der gestrige 12 UTC-Lauf den
Schwerpunkt des Hochs eher über Westeuropa auf der Agenda hat und einen Übergang
zu Nordwest antizyklonal am Freitag zeigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung beginnen die Modelle vor allem ab
Montag mit der unterschiedlich simulierten Zugbahn des Leetiefs bzw. eventueller
neuer, meist kleinräumiger Tiefdruckentwicklungen in dessen Schlepptau teils
deutlich auseinanderzulaufen.
GFS z.B. lässt das Tief nur bis nach Tschechien vorankomme, wobei es über dem
Böhmischen Becken längere Zeit quasistationär bleibt. An dessen Südwest- und
Westflanke setzen vor allem im Südosten länger anhaltende Niederschläge ein,
wobei das Modell ein deutliches Überschreiten der Warnschwellen für Dauerregen
24 bis 48-stündig bis in die Nacht zum Mittwoch hinein auf der Agenda hat. Auch
ICON und UK10 simulieren am Montag und Dienstag flächig recht hohe RR-Mengen,
ICON vor allem zunächst im Südosten, später im Osten und Norden, UK10 dagegen
lediglich im Osten. Die Schneefallgrenze bleibt nach Lesart aller Modelle
relativ hoch, so dass markante Neuschneemengen, wenn überhaupt, wohl lediglich
in den Hochlagen der Alpen möglich sind.
Während nach Lesart der meisten Modelle am Mittwoch bzw. Donnerstag der
antizyklonale Einfluss zunimmt, schwenkt ICON dann bereits wieder auf Südwest
zyklonal um und lässt atlantische Tiefausläufer mit Wind, Regen und milderen
Luftmassen auf Deutschland übergreifen. Auch das kanadische GEM tendiert in
diese Richtung, ist aber etwas antizyklonaler aufgestellt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Nach dem "Wärmepeak" am Sonntag zeigen die Rauchfahnen verschiedener, im
Vorhersagegebiet verteilter Gitterpunkte im gesamten Mittelfristzeitraum bis
einschließlich Mittwoch bzw. Nacht zum Donnerstag einen allmählichen Rückgang
der 850 hPa-Temperatur auf für die Jahreszeit sogar (endlich einmal) leicht
unternormale Werte zwischen etwa 0 und -4 Grad. Dabei bleibt der Spread
insbesondere für die süd- und westdeutschen Gitterpunkte relativ schmal, während
er sonst allmählich breiter wird, es aber nur wenige Ausreißer, sowohl nach oben
als auch nach unten, gibt.
Uneinheitlicher präsentieren sich dagegen erwartungsgemäß die
Niederschlagsprognosen der einzelnen Member, die vor allem von Sonntag bis
Dienstag deutlich auseinanderlaufen, während sich für den Mittwoch und
Donnerstag eine trockenere Witterungsperiode andeutet.
Ab Donnerstag/Freitag geht's dann mit den meisten Membern temperaturtechnisch
wieder bergauf, allerdings wird der Spread nun deutlich größer, durchaus auch
mit Ausreißern nach unten (unter -5 Grad). Die Niederschlagssignale nehmen ab
Freitag kommender Woche wieder zu.
Die Blockadesituation ausgangs der Kurzfrist (Zeitraum 72 bis 96 Stunden)
spiegelt sich in zwei Clustern gut wieder, die sich für Mitteleuropa sehr
ähneln. CL1 betont eher die Blockade an sich (Großwetterlagenregime "Blocking"),
während CL2 die Betonung eher auf die daraus resultierende südiche Zugbahn der
Frontensysteme auf dem Nordatlantik legt (Großwetterlagenregime "NAO negativ").
Danach verteilen sich die Member bis in die erweiterte Mittelfrist auf lediglich
einen Cluster; die Blockadesituation dauert nach der deutlichen Mehrzahl der
Member somit an und entsprechend schwenkt der Cluster zwischen Blocking und NAO
negativ hin und her.
Fazit:
Bei allen gegeben Unsicherheiten bzgl. der Verteilung und Intensität der
Niederschläge im Zeitraum Montag bis Mittwoch: Der grobe Fahrplan steht wohl,
die Blockadesituation dauert bis in die erweiterte Mittelfrist an. Ausreißer
nach unten oder oben, sprich: Durchgreifendes Winter- oder Vollfrühlingswetter
sind wohl nicht zu erwarten.
Selbst die zum Ende hin noch am zyklonalsten aufgestellte ICON-Lösung deutet
noch keinen nachhaltigen Durchbruch einer milden und unbeständigen Südwestlage
an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Sturmböen:
Die Föhnlage an den Alpen am Sonntag ist unstrittig und erreicht im Tagesverlauf
ihren Höhepunkt, nachmittags und abends bricht der Föhn von Westen her dann
wieder zusammen.
In den Gipfellagen muss vorher mit Stur-, exponiert mit schweren Sturmböen aus
Süd zu rechnen, in einigen entsprechend anfälligen Tälern kann es neben steifen
vereinzelt ach stürmische Böen aus Süd bis Südost geben.
Etwas unsicherer gestaltet sich die Prognose für die Küstenregionen. Dort weht
zumindest am Sonntag lebhafter Ost- bis Nordostwind und im Ostseeumfeld sowie
über der offenen Nordsee sollte es auch für stürmische Böen reichen. Ob das auch
an anderen Küstenabschnitten der Fall ist und ob es auch am Montag noch irgendwo
- am ehesten wohl an der Ostsee - für warnrelevante Böen reicht, ist unklar.
Danach spielt der Wind warntechnisch aber zunächst keine Rolle, lediglich nach
Lesart des ICON frischt er in der Nacht zum und am Donnerstag im Nordseeumfeld
sowie in einigen Gipfellagen mit Übergreifen atlantischer Frontensysteme in Böen
erneut stürmisch aus Südwest auf.
Dauerregen/Schneefall:
Die Niederschlagsprognosen sind noch sehr unsicher. Am Montag und Dienstag bis
in die Nacht zum Mittwoch kann es vor allem in der Osthälfte gebietsweise auch
mal längere Zeit regnen. GFS deutet auch ein Überschreiten der Warnschwellen im
Südosten an, ansonsten simulieren die deterministischen Läufe keine
warnrelevanten Mengen. Auch die Probabilistik ist diesbezüglich sehr defensiv
aufgestellt.
Die Schneefallgrenze sinkt zwar bis Mittwoch allmählich auf um, gebietsweise
auch auf unter 1000 m. Markante Neuschneemengen sind aber allenfalls, wenn
überhaupt, in den Hochlagen der Alpen nicht ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff