DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
02-02-2024 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.02.2024 um 10.30 UTC
Auf eine milde, teils stürmische Nordwest- bis Westlage folgt eine südliche
Westlage mit "LMG"-Potenzial.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 09.02.2024
Zu Beginn der Mittelfrist am Montag und Dienstag setzt sich die bereits aus der
Kurzfrist bekannte, milde West- bis Nordwestlage fort. Der über dem Norden und
Nordosten schleifenden Frontalzone mangelt es in der antizyklonal gekrümmten
Höhenströmung an dynamischem Hebungsantrieb, sodass die mitunter zwar länger
anhaltenden Regenfälle nicht sonderlich stark ausfallen und Warnschwellen knapp
nicht gerissen werden sollten. Zudem wird die Front durch eine kleine, über den
Süden Skandinaviens ziehende Welle vorübergehend sogar mal nach Nordosten
herausgedrückt. Während aber selbst im Warmsektor ein eher wolkenreicher,
feuchter Wettercharakter vorherrscht, kann sich im Wirkungsbereich eines
Hochkeils ganz im Süden und Südwesten Deutschlands die Sonne zeigen und es
bleibt trocken. Ganz im Norden und Nordosten halten sich anfangs noch Reste der
zuvor eingeflossenen mäßig kalten Luft polaren Ursprungs (T850 zwischen -4 und 0
Grad), diese wird aber von Südwesten her von subtropischer Meeresluft verdrängt
(1 bis 6 Grad). Der Gradient im Warmsektor ist veritabel, der Low-Level-Jet von
immerhin rund 50 Knoten auf 850 hPa kann im stabilen Warmsektor aber nicht
heruntergemischt werden. Sturmböen 9 Bft beschränken sich folglich auf
exponierte Küstenabschnitte und das Bergland, auf den Gipfeln gibt es je nach
Höhenlage Böen 10-12 Bft. Ansonsten werden in der Fläche "nur" Böen der
Größenordnung 7-8 Bft erreicht.
Am Mittwoch beginnt die Strömung vorübergehend stärker zu mäandrieren. Ein
Kurzwellentrog schwenkt über die Nordsee und Südskandinavien zum Baltikum. Die
o. e. Frontalwelle erfährt auf dessen Vorderseite PVA und zieht unter
Intensivierung nach Westrussland. Rückseitig dreht die Strömung vorübergehend
auf Nordnordwest, sodass die Frontalzone als Kaltfront südwärts bis zur Mitte,
eventuell auch bis in den Süden geführt werden kann. Einem Rücken nebst Hochkeil
folgt am Donnerstag aber zügig das nächste hochreichende Tief bei den Britischen
Inseln, sodass die Kaltfront rasch zu schleifen beginnt und schließlich im Laufe
des Tages als Warmfront wieder nordostwärts gesteuert wird. Die am Freitag von
Westen übergreifende Kaltfront des sich unter Bildung mehrere Teiltiefs nach
Südskandinavien ausdehnenden Tiefdruckkomplexes beginnt in der wieder auf
Westsüdwest zonalisierenden Höhenströmung über Deutschland ebenfalls zu
schleifen. Folglich steht ab Mittwoch, spätestens Donnerstag ein sehr
niederschlagsreicher Wetterabschnitt bevor. Im 24- bis 48-stündigen Zeitraum
dürften Warnschwellen (>30 mm bzw. >40 mm) gebietsweise überschritten werden. Da
vorübergehend maritime Polarluft herangeführt wird (T850 auf -1 bis -5 Grad, im
Nordosten bis auf -9 Grad absinkend), ist an der Nordflanke des schleifenden
Frontensystems zumindest vorübergehend mal kräftigerer Schneefall möglich,
durchaus auch mal bis in tiefere Lagen. Eine Regionalisierung ist aber noch
nicht möglich. Der Wind bleibt ein Thema, insbesondere mit Kaltfrontpassage am
Mittwoch sind durch effektiveren vertikalen Impulstransport Sturmböen 8-9 Bft
verbreiteter bis in tiefe Lagen möglich. Nach vorübergehender Beruhigung durch
den Hochkeil zum Donnerstag frischt er zum Freitag wieder teils stürmisch auf.
In der erweiterten Mittelfrist am Wochenende erfolgt allmählich der Übergang zu
einer Troglage. Eventuell kommt es im Vorfeld nochmal zu einer intensiven
Randtiefentwicklung mit hoher Sturmgefahr. In jedem Fall setzt sich die
niederschlagsreiche Witterung erst einmal fort, wobei sich nach neuerlichem,
kurzen Warmluftvorstoß mit Übergreifen des Troges landesweit nasskaltes, im
Bergland auch winterliches Wetter durchsetzt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Den Berechnungen des IFS kann über weite Strecken des mittelfristigen
Prognosezeitraumes eine gute Konsistenz bescheinigt werden. Diese Aussage lässt
sich natürlich vor allem für die großräumigen Strukturen treffen. Das
Geopotenzialfeld weißt zwischen den Modellläufen eine verhältnismäßig geringe
Volatilität auf. Zwar führen diese zu gewissen Unschärfen bei der Vorhersage der
kleinen Rand- und Teiltiefs inklusive der Frontalwellen, der grundlegende
Fahrplan bzw. Wettercharakter scheint aber relativ sicher zu sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die üblicherweise an dieser Stelle betrachteten Modelle (GFS, ICON, UK10) zeigen
zumindest am Montag und Dienstag noch keine nennenswert von IFS abweichenden
Szenarien. Auffällig ist lediglich, dass die Frontalzone bei UK10 nicht aus
Deutschland verdrängt wird, sodass es im Norden zu ergiebigeren Regenfällen und
folglich Dauerregen kommt.
Ab Mittwoch laufen die Simulationen stärker auseinander. ICON lässt die
Kaltfront am Mittwoch zunächst wie IFS bis in den Süden vorankommen. Dort soll
sie dann am Donnerstag und Freitag aber unter flacher Wellenbildung verweilen,
was dort mitunter zu kräftigen Regen-, auf der kalten Seite aber auch
Schneefällen führt. Bei GFS und UK10 kommt die Kaltfront nur bis zur Mitte voran
und wird danach zügig nach Norden rückläufig. Nachfolgend würde sich über dem
Norden eine markante Luftmassengrenze formieren mit ebenfalls kräftigen
Schneefällen auf der kalten Seite.
FAZIT: Im Gegensatz zu IFS, wo sich ab Wochenmitte nur eine kurze Schleifphase
der Front andeutet und sich nachfolgend bis zum Wochenende zumindest
vorübergehend wieder milde Luft durchsetzt, haben sowohl ICON als auch GFS und
UK10 eine markante Luftmassengrenze im Programm mit teils kräftigeren
Schneefällen auf der kalten Seite.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen des IFS-EPS sind bezüglich der 850-hPa-Temperatur am Montag und
Dienstag recht eng gebündelt und führen eher eine Seitwärtsbewegung meist
oberhalb der 0-Grad-Grenze aus. Doch schon am Mittwoch und Donnerstag nehmen die
Unsicherheiten zu, zumindest im Norden und in der Mitte des Landes. Während sich
im Norden noch eine recht deutliche Temperaturdelle abzeichnet, die fast alle
EPS-Member mehr oder weniger stark durchlaufen, wird die Delle in Richtung Mitte
nicht nur flacher, sondern sie wird auch von immer weniger Membern gestützt. Es
scheint also fraglich zu sein, ob die Kaltfront am Mittwoch tatsächlich über die
Mitte hinwegschwenkt wie im deterministischen Lauf. Auf Höhe Offenbach ist der
det. Lauf sogar schon in der deutlichen Minderheit.
Zum Wochenende steigen die Temperaturen im Süden und in der Mitte wieder
mehrheitlich auf deutlich positive Werte an, im Norden dagegen zeigt sich eine
größere Streuung. Sie sind zwar in der Minderheit, aber einige Member sehen die
neuerlichen Warmluftvorstoß nicht bis in den äußersten Norden ausgreifen. Hier
könnte also die Kaltluft vorherrschen bleiben.
Bei den Niederschlagssignalen gibt es zwischen Mittwoch und Samstag sehr
deutliche und wiederholte Ausschläge im Norden und in der Mitte, dort scheint
ein schleifen der Frontalzone also am wahrscheinlichsten, weniger im Süden wie
beispielsweise vom ICON simuliert.
Die Cluster starten durchweg in der Klasse NAO+ und vollziehen ab Freitag durch
die Bank den Übergang zu NAO-. Dies unterstreicht die Umstellung der
Großwetterlage von einer zonalen West- bis Nordwestlage auf eine südliche
Westlage.
FAZIT: Am Montag und Dienstag setzt sich die milde Nordwest- bis Westlage
zunächst fort mit Regenfällen und teils stürmischem Wind im Norden und ruhigem,
meist trockenem Hochdruckwetter ganz im Süden. Am Mittwoch macht sich eine
Kaltfront auf den Weg südwärts, allerdings deutet sich relativ schnell ein
erneutes Schleifen an. Ob bereits im Norden oder eher in der Mitte oder gar im
Süden bleibt abzuwarten. In jedem Fall nimmt die Niederschlagstätigkeit in der
Folge deutlich zu mit dem Potenzial für Dauerregen. Im Zuge des Überganges in
eine südliche Westlage besteht durchaus die Möglichkeit einer markanten
Luftmassengrenze mit kräftigen Schneefällen auf der kalten Seite und
gefrierendem Regen im Übergangsbereich. Der zügige, neuerliche Warmluftvorstoß
von IFS steht zumindest auf wackeligen Beinen. Die Sturmgefahr bleibt in der
zweiten Wochenhälfte erhalten, wenngleich die Prognose etwaiger, giftiger
Randtiefs sehr unsicher ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
STURM:
Am Montag und Dienstag in der Nordhälfte bevorzugt in freien und höheren Lagen
stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest bis West, an der Küste und im Bergland
Sturmböen (Bft 9) wahrscheinlich, auf exponierten Berggipfeln Böen Bft 10-12.
Am Mittwoch vor allem mit einer Kaltfrontpassage erhöhte Wahrscheinlichkeit für
Sturmböen (Bft 8-9) bis in tiefe Lagen, auf exponierten Bergen Böen Bft 10-11).
Nach vorübergehender Beruhigung ab Freitag wieder zunehmende Sturmgefahr.
DAUERREGEN/SCHNEE/GLATTEIS:
Insbesondere im Zeitraum von Mittwoch bis Freitag besteht im Bereich
schleifender Fronten Dauerregengefahr. Die Lage der Fronten und die Ausprägung
der Niederschläge sind aber sehr unsicher. Dass regional vor allem im
48-stündigen Zeitraum Warnschwellen (>40 mm) überschritten werden, ist aber
relativ wahrscheinlich.
Ebenso unsicher ist, inwiefern es auf der kalten Seite zu markanten Schneefällen
(>10 cm/12 h) kommen könnte. Im Übergangsbereich wäre zumindest vorübergehend
gefrierender Regen und Glatteis denkbar.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser