DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
09-12-2023 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.12.2023 um 10.30 UTC
Zunächst unbeständig und teils sehr mild mit Tauwetter und Hochwassergefahr im
Süden, auf den Bergen stürmisch. Am Donnerstag wieder kühler mit Schneefall. Ab
Freitag Hochdruckeinfluss und Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.12.2023
Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Dienstag gibt es - wie auch schon an
den Vortagen - alles andere als weihnachtsmarkttaugliches Wetter. Wir befinden
uns auf der Vorderseite eines hochreichenden Tiefs über den Britischen Inseln.
Der davon ausgehende Trog ist stark positiv geneigt und erstreckt sich in
südwestlicher Richtung bis in die "unendlichen Weiten" des Atlantiks. In
Verbindung mit hohem Geopotenzial über dem Mittelmeerraum ergibt sich eine
stramme westliche Höhenströmung, die die 850-hPa-Temperatur im Südwesten auf
knapp 6 Grad ansteigen lässt, im Nordosten liegt sie dagegen noch bei -3 Grad.
Dank meist recht guter Durchmischung sind dabei verbreitet Höchstwerte zwischen
5 und 10 Grad, am Oberrhein sogar bis zu 14 Grad zu erwarten.
Während im Nordosten vorübergehend so etwas wie schwacher Zwischenhocheinfluss
vorherrscht, wird der große Rest von der teilokkludierten Front des
"Insel-Tiefs" mit Regenfällen erfasst. Regen? Ja! Die Schneefallgrenze liegt
meist (sogar deutlich) über Kammniveau der Mittelgebirge, an den Alpen sogar bei
rund 2000 m. Schnee von oben ist damit kein Thema, dafür aber Tauwetter, das vor
allem im Süden an Rhein und Main sowie manchem Nebenfluss für Hochwasser sorgen
dürfte. Denn in der weit südlich verlaufenden Frontalzone (von Nordspanien über
den Südalpenraum ostwärts), kommt es zudem über Norditalien zu Zyklogenese, was
vor allem für die Alpen, in geringerem Maße wohl auch für den äußersten Süden
Deutschlands längere anhaltende Regenfälle bedeutet.
Am Mittwoch kommt das hochreichende Tief samt Höhentrog bis nach Deutschland
voran, wobei sich das Höhentief allmählich auflöst. In der Höhe ergibt sich
damit nun ein Langwellentrog, der von Skandinavien bis nach Portugal reicht. Das
Bodentief schwächt sich ebenfalls ab und liegt abends - dann in Form einer Rinne
- über der nördlichen Mitte Deutschlands. In ihrem Bereich bzw. an ihrem
Nordrand kann es dabei auch mal etwas länger regnen. Im Süden fällt die
Niederschlagstätigkeit dagegen etwas gedämpfter aus als an den Vortagen, was
auch zu einer Abschwächung des Tauwetters führen sollte. Schnee ist zunächst
weiterhin kein Thema, auch wenn es niedertroposphärisch wieder kühler wird mit
bis zu -5 Grad im Norden und rund 0 Grad im Süden (850 hPa). Die
Niederschlagstätigkeit
Am Donnerstag zieht das Bodentief bzw. die Rinne sowie die Achse des Höhentroges
ostwärts, was rückseitig den Weg frei macht für einen Schwall polarer Kaltluft.
In 850 hPa sinkt die Temperatur im Nordosten auf -10 Grad, südlich der Donau
verbleibt sie noch bei etwa -1 Grad. Die Niederschläge gehen damit von Norden
her wieder zunehmend in Schnee über, lassen von Westen her aber nach. Denn vom
Atlantik streckt doch tatsächlich ein Hoch seiner Fühler nach Deutschland aus.
Und dabei handelt es sich nicht um Zwischenhocheinfluss, nein! Dieses Hoch wird
durch einen kräftigen atlantischen Rücken gestützt.
In der Folge stehen die Zeichen am Freitag und Samstag auf Hochdruckeinfluss -
zumindest im Süden und wohl auch in weiten Teilen der Mitte (womit
Grenzschichtproblematiken wie Nebel/Hochnebel und lokal vielleicht auch mal
gefrierender Sprühregen zum Thema werden). Denn das Hoch macht weiter Boden zu
uns gut und liegt am Samstag irgendwo zwischen Nordfrankreich und
Süddeutschland. Der Norden wird dagegen zeitweise von schwachen Tiefausläufern
gestreift. Fraglich bleibt, inwiefern davon auch die Mitte betroffen ist.
Niedertroposphärisch wird es wieder etwas wärmer mit am Samstag meist schon
wieder 0 bis 5 Grad - nur im Osten und Südosten verbleibt man noch im negativen
Bereich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Dem aktuellen 00-UTC-Lauf vom heutigen Samstag kann über den gesamten Zeitraum
eine ziemlich gute Konsistenz im Vergleich zu seinen beiden Vorläufen attestiert
werden. Demnach geraten wir am Dienstag in den Einflussbereich eines Tiefs bei
den Britischen Inseln, wodurch die teils sehr milde, unbeständige und windige
Witterung zunächst anhält. Im Süden besteht aufgrund von Tauwetter
Hochwassergefahr. Am Donnerstag gelangen wir auf die Rückseite des Tiefs, sodass
von Norden wieder deutlich kühlere Luft einströmt und die Schneefallgrenze oft
bis in tiefe Lagen absinkt. Gleichzeitig macht sich von Westen Hochdruckeinfluss
breit, die Niederschläge lassen nach und die Hochwassergefahr entspannt sich in
der Folge allmählich. Fraglich bleibt, wie stark der Norden von Tiefausläufern
beeinflusst wird und wie weit diese nach Süden vorstoßen können.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch im Vergleich des heutigen 00-UTC-Lauf von IFS mit der globalen "Konkurrenz"
stellt man, was die großskaligen synoptischen Strukturen angeht eine recht große
Einigkeit fest. Dass es im Detail Unterschiede gibt, liegt in der Natur der
Sache, aber der Übergang zu Hochdruckwetter im Laufe des Donnerstags/Freitags
haben alle im Programm. Auffällig ist, dass UK10 und GFS im Vorfeld den
Durchgang einer durchaus recht wetteraktiven Warmfront (zugehörig zu einem
Nordmeertief) am Donnerstag/Nacht zum Freitag simulieren. Je nach Timing und
vorheriger Auskühlung wäre demnach sogar eine Glatteislage nicht ausgeschlossen.
IFS und ICON lassen die Front dagegen dem zunehmenden Hochdruckeinfluss zum
Opfer fallen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte stoßen alle ins selbe Horn: Bis
Mittwoch unbeständig mit zum Teil kräftigen/länger anhaltenden Niederschlägen
bei allmählichem Temperaturrückgang (850 hPa). Am Donnerstag Wetterumstellung
und nachfolgend bei deutlich ansteigendem Geopotenzial kaum noch Niederschläge.
Erst ab Sonntag gibt es dann wieder bundesweit vermehrt Niederschlagssignale.
Beim Temperaturverlauf fällt auf, dass der Hauptlauf den Temperaturrückgang am
Donnerstag etwas später im Programm hat, als der Großteil des Ensembles. Zudem
nimmt der Spread ab Samstag deutlich zu, sodass es neben vielen relativ milden
auch ein paar kalte Lösungen gibt.
Einigkeit zeigt zunächst auch die Clusteranalyse: Im Zeitraum von Donnerstag bis
Samstag gibt es gerade einmal zwei Cluster, die mit 27 Membern in C1 und 24
Membern in C2 (inkl. Haupt- und Kontrolllauf) ziemlich ausgeglichen sind. Schön
zu sehen ist die Umstellung des Wetterregimes von NAO positiv hin zu Blocking
mit einem Rücken über dem nahen Ostatlantik, auf dessen Vorderseite wir uns
befinden.
Im Zeitraum von Sonntag bis Dienstag (erweiterte Mittelfrist) werden dann stolze
sechs Cluster angeboten, von denen die ersten vier ebenfalls einigermaßen
gleichverteilt sind (9 bis 13 Member, Haupt- und Kontrolllauf in C3), Cluster 5
und 6 mit fünf bzw. drei Membern dagegen Außenseiterlösungen darstellen. Nahezu
alle Cluster gehören dem Blocking-Regime an und zeigen einen atlantischen
Rücken, der sich bis nach West- und Mitteleuropa erstreckt. Er wird von einem
Trog über Nordost- und dem östlichen Mitteleuropa flankiert, der mal mehr, mal
weniger auf unseren Vorhersageraum übergreift.
Fazit: Die Wetterumstellung ab Donnerstag hin zu ruhigerem, hochdruckdominiertem
Fahrwasser ist sicher. Die Frage ist, wie lang diese anhält bzw. inwieweit sich
Tiefausläufer gegen das atlantische Hochdruckbollwerk durchsetzen können.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Tauwetter:
Am Dienstag im Süden weiterhin teils starkes Tauwetter (Unwetter), am Mittwoch
nachlassend.
Wind:
Am Dienstag sowie in abgeschwächter Form auch am Mittwoch vor allen in Hochlagen
des Schwarzwalds und höheren Lagen der Alpen starker Südwest- bis Südwind mit
Böen Bft 8-9, exponiert Bft 10 nicht ausgeschlossen. Am Mittwoch zudem an der
Ostsee einzelne stürmische Böen Bft 8 aus Ost.
Am Donnerstag und Freitag wohl nur noch in höheren Lagen der Alpen einzelne
stürmische Böen Bft 8, exponiert Bft 9, von Südwest auf Nordwest drehend.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON, GFS, UK10, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz