DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-10-2023 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.10.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, windig und zunächst noch mild, am Samstag zumindest im Norden und
Westen Gefahr einer Sturmlage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 05.11.2023


Deutschland liegt an der Vorderseite eines breiten Troges über dem nahen
Nordatlantik, der durch Kaltluftvorstöße aus dem Raum Neufundland wiederholt
regeneriert wird. Hieraus ergibt sich eine südwestliche Strömung, mit welcher
Kurzwellentröge über Mitteleuropa hinweg nordostwärts gesteuert werden. Diese
sorgen für einen wechselhaften Wettercharakter mit der Zufuhr milder Luft.
In der vom westlichen bis in den mittleren Nordatlantik hinein zonal gerichteten
Frontalzone wird eine entwicklungsgünstig liegende Welle rasch ostwärts
gesteuert und erreicht bis Mittwochabend als ausgewachsenes Sturmtief das
Seegebiet unmittelbar westlich von Irland. Dieses Tief bildet sich dann
zusehends in höheren Troposphärenschichten ab. Ein vorlaufender, auf
Mitteleuropa übergreifender Kurzwellentrog schwächt sich infolge kompensierenden
Absinkens ab, so dass an dessen Vorderseite erst zum Mittwochabend hin geringe
Niederschläge den Westen Deutschlands erfassen. Die anderen Gebiete profitieren
noch von einem Höhenkeil, der sich mit Auflockerungen bemerkbar macht. In der
Nacht zum Donnerstag erreicht dieses Sturmtief Cornwall und intensiviert sich
bis zu einem Kerndruck unter 955 hPa. Zum mit seinem Kern warmen Höhentief weist
dieses System eine senkrechte Achse auf, was die weitere Verstärkung dieses
Tiefs erklärt. Dessen okkludierendes Frontensystem nähert sich dem Westen
Deutschlands, wodurch sich die Niederschläge dort verstärken, aber nur zögernd
weiter ostwärts übergreifen. Bedingt durch die Annäherung dieses Tiefs kommen im
westlichen Bergland sowie an und über der Nordsee Sturmböen auf.
Am Donnerstag überquert dieses Tief, das mittlerweile den Charakter eines
Zentraltiefs aufweist und den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten hat,
Südengland. Ein von diesem Zentraltief ausgehender Trog weitet sich zur
Iberischen Halbinsel aus. Vorderseitig und somit über Mitteleuropa steilt die
Strömung auf und dreht auf Süd-Südwest, so dass an den Alpen Föhn mit Sturm- und
schweren Sturmböen auf höheren Berggipfeln zustande kommt. Die frontalen
Niederschläge erfassen dann auch die mittleren Teile Deutschlands, nur im Osten
und Südosten bleibt es noch trocken. Im Südwesten beginnt die Front aufgrund
ihrer strömungsparallelen Lage zu schleifen, wobei sich Wellen abzeichnen. Im
Südwesten dauern daher die Niederschläge längere Zeit an, im südwestdeutschen
Bergland können Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen erreicht werden. Der
Gradient bleibt im Westen nahezu unverändert, so dass Sturmböen auf einige
höhere Berglagen und die offene Nordsee beschränkt sind. Donnerstagabend bricht
der Föhn rasch zusammen. Die Niederschläge erfassen dann den Osten Deutschlands.

Am Freitag gelangt Deutschland in den Bereich des Troges, der von dem sich in
die südliche Nordsee verlagernden Zentraltief ausgeht. Von der Nordsee bis zu
den Alpen sind wiederholt Schauer zu erwarten; für Gewitter ist es
wahrscheinlich nicht hinreichend labil. Lediglich im Nordosten bleibt es
weitgehend trocken. Da sich das Sturmtief allmählich auffüllt, erfolgt keine
nennenswerte Gradientzunahme. Somit muss nur in höheren Berglagen, an und über
der Nordsee sowie im Nordwesten bei kräftigeren Schauern mit Böen bis
Sturmstärke gerechnet werden.
In der Nacht zum Samstag wird ein weiteres Sturmtief bis in das Seegebiet
unmittelbar westlich von Irland gesteuert. Vorderseitige Warmluftadvektion lässt
von Westen her rasch erneut Niederschlag aufkommen. Dieses Tief verlagert sich
am Samstag wie sein Vorgänger ebenfalls nach Südengland. Die Niederschläge
erfassen dann weite Teile Deutschland, wahrscheinlich bleibt es nur noch ganz im
Osten und Südosten noch niederschlagsfrei. An und in den Alpen stellt sich
erneut Föhn mit Sturm- und schweren Sturmböen auf höheren Berggipfeln ein.
Abgesehen vom Südosten und Osten erfolgt sonst über ganz Deutschland eine
Gradientzunahme, was durchweg im Bergland Sturm- und auf höheren Gipfeln schwere
Sturmböen (Brocken orkanartige Böen) und bis in tiefe Lagen stürmische Böen zur
Folge haben dürfte.
Am Sonntag verlagert sich dieses Tief unter weiterer leichter Auffüllung nach
Jütland. Der von diesem Tief ausgehende Trog greift auf Deutschland über,
wodurch schauerartiger Regen nahezu das gesamte Vorhersagegebiet erfasst.
Wahrscheinlich bleibt es nur im Nordosten noch weitgehend trocken. Der Gradient
wird über Deutschland etwas auseinandergezogen, für Sturmböen in höheren
Berglagen sowie an und über der Nordsee sollte es dennoch reichen. Im
Alpenvorland sind, bedingt durch den Leitplankeneffekt, ebenfalls stürmische
Böen vorstellbar.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich der breite Trog,
der zuvor über dem nahen Nordatlantik lag, ausgehend vom Nordmeer zusehends über
Mitteleuropa fest. Auch dieser Trog wird durch Kaltluftvorstöße, die aus dem
Raum Grönland erfolgen, wiederholt regeneriert. Daher setzt sich der
unbeständige Wettercharakter fort, wobei sich nur allmählich ein leichter
Temperaturrückgang abzeichnet. In den Nächten ist nach wie vor die Frostgefahr
gering.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Donnerstag ist der aktuelle Modellauf zu den gestrigen
Simulationen weitgehend konsistent. Danach zeichnet sich bei der neuesten
Modellrechnung eine raschere Ostverlagerung der Zirkulationsmuster ab, ohne
aber, dass sich an den oben getroffenen Aussagen etwas ändert.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird dagegen das Übergreifen
des Langwellentroges nach Mitteleuropa etwas ausgebremst.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die oben beschriebene Entwicklung wird von allen verfügbaren Modellen simuliert,
selbst beim Kerndruck der Sturmtiefs ergeben sich von Modell zu Modell nur
wenige hPa Unterschied. Erst am Sonntag lässt GFS die Kaltluft (mit 850-er
Temperaturen unter 0 Grad) rückseitig des nach Jütland ziehenden Tiefs bis nach
Mitteleuropa vorstoßen. Nach den anderen Modellen liegt diese Luftmasse noch
über dem Nordmeer.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ist bei GFS das
Zirkulationsmuster gegenüber EZMW etwas, d.h. etwa 1500 km, nach Osten
verschoben, wogegen das kanadische Modell mit der EZMW-Version nahezu identisch
ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS zeigt auch eine allmähliche Verlagerung des wetterbestimmenden
Langwellentroges nach Osten, d.h. über die Britischen Inseln und die Nordsee
hinweg nach Mitteleuropa. Die anomal hohen Temperaturen in der unteren
Troposphäre dürften hierdurch nicht mehr auftreten. Der Trend zu einem
allmählich absinkenden Temperaturniveau auf Werte, die für diese Jahreszeit dem
langjährigen Mittel entsprechen, wird von nahezu allen EPS-Membern mitgetragen.
Der Spread ist über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg relativ gering. Dabei
bleibt es wechselhaft, was aus den zahlreichen Niederschlagssignalen zu folgern
ist.
Das EPS des EZMW liefert ein ähnliches Bild, wobei sich der Langwellentrog bei
Betrachtung des EPS-Mittels etwas weiter östlich und somit eher über
Mitteleuropa festsetzt als beim EPS des GFS. Auch hier ist der Spread relativ
gering, so dass sich die drei Cluster, die bis H+240 gebildet werden, nicht
wesentlich unterscheiden. Die Frontalzone würde dann weiter nach Süden gedrückt
werden und wäre dann über dem Mittelmeerraum zu finden.
Hinsichtlich einer möglichen Sturmlage am kommenden Samstag werden stürmische
Böen in weiten Teilen Deutschlands nur mit einer relativ geringen
Wahrscheinlichkeit von 10 bis 20, im Nordwesten Deutschlands um 30 Prozent
erwartet. Nur im westlichen Bergland liegen hierfür die Wahrscheinlichkeiten
deutlich höher. Der Spread des EPS ist wie beim GFS relativ gering. Auch zeigt
sich hier ein absinkendes Temperaturniveau, im Westen und Süden bis hin zu
leicht (gegenüber dem Modellklima) unternormalen Temperaturen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch sind im westlichen Bergland (dort vor allem am Nordrand der Eifel),
auf dem Brocken und an der Nordfriesischen Küste einzelne Sturmböen zu erwarten.
Sonst zeichnen sich wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse
ab.
Am Donnerstag muss in den Hoch- und Gipfellagen der westlichen, zentralen und
nördlichen Mittelgebirge sowie an der Nordfriesischen Küste mit einzelnen
Sturmböen gerechnet werden. Zudem stellt sich an und in den Alpen Föhn mit teils
schweren Sturmböen auf höheren Berggipfeln ein.
Darüber hinaus muss aufgrund einer schleifenden Front im Südwesten mit
Dauerregen gerechnet werden. Dort sind im Bergland um 30 l/qm innerhalb 12
Stunden, in Staulagen auch mehr als 35 l/qm möglich.
Am Freitag gibt es in den Hochlagen der westlichen und nördlichen, mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch der zentralen Mittelgebirge sowie an der Nordfriesischen
Küste erneut einzelne Sturmböen.
Am Samstag erfolgt generell eine Windzunahme, abgesehen vom Osten und Südosten
sind stürmische Böen bis in tiefe Lagen nicht auszuschließen. Im Bergland sowie
an und über der Nordsee gibt es Sturmböen, in den Gipfellagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge schwere Sturmböen, auf dem Brocken orkanartige Böen.
An und in den Alpen kommt erneut Föhn mit schweren Sturmböen auf höheren
Berggipfeln und einzelnen stürmischen Böen in den hierfür anfälligen Tälern auf.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann