DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
02-10-2023 09:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.10.2023 um 10.30 UTC
Im Norden anfangs leicht unbeständig und windig, ansonsten ruhiges
Hochdruckwetter und neuer Warmluftvorstoß zum Wochenende.
__________________________________________________________
Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 09.10.2023
In der Mittelfrist deutet sich weiterhin keine durchgreifende Umstellung zu
Herbstwetter an - im Gegenteil. Nachdem sich das Temperaturniveau bereits in der
Kurzfrist vorübergehend normalisiert hat, kommt es in Richtung Wochenende erneut
zu Vorstoß spätsommerlicher Warmluft. Meist setzt sich dabei wieder
Hochdruckeinfluss durch, nur im Norden ist es mitunter leicht unbeständig und
windig.
Am Donnerstag kommt es über dem mittleren Nordatlantik zu einem
Kaltluftausbruch. Dieser stützt einen sich von Grönland südwärts bis in das
Seegebiet knapp westlich der Azoren ausdehnenden Langwellentrog. Vorderseitig
der korrespondierenden Tiefdruckzone kommt über Südwest- und Westeuropa kräftige
Warmluftadvektion in Gang, die zum Aufbau eines Rückens führt. Über dem
Nordpolarmeer und Skandinavien liegt ebenfalls ein Trog, an dessen Südflanke ein
kurzwelliger Anteil über die Ostsee zum Baltikum gesteuert wird. Über
Deutschland stellt sich dadurch eine nordwestliche Höhenströmung ein. Nach
Norden und Nordosten zu ist diese zyklonal konturiert, zudem gelangt die
Kaltfront des mit dem Kurzwellentrog in Verbindung stehenden Randtiefs in die
Region und bringt etwas Regen sowie einen weiteren Schwall subpolarer Meeresluft
(T850 um 4 °C). Der Wind weht an der See zeitweise stürmisch aus West. Die
Südhälfte des Landes verbleibt unter dem Einfluss einer zonalen Hochdruckbrücke.
Vor allem der Westteil erfährt eine Verstärkung, sodass sich über Frankreich
eine Hochparzelle ausbilden kann, die nach Süddeutschland zieht. Die zuvor
eingeflossene Meereskaltluft beginnt sich dabei zu erwärmen (T850 6 bis 10 °C).
Am Freitag intensiviert sich der Rücken über Westeuropa und stützt die
Hochparzelle mit Schwerpunkt über Süddeutschland. Diese sorgt verbreitet für
ruhiges, nach Süden und Südwesten auch sonniges Wetter. Der Norden und Nordosten
wird von der zu Wellenbildung neigenden Warmfront der atlantischen Tiefs
gestreift, sodass es wolkiger ist und gebietsweise leicht regnen kann. An
exponierten Küstenabschnitten sind stürmische Böen möglich. Dort ändert sich
wenig am Temperaturniveau, ansonsten kann sich die Luft langsam weiter erwärmen
(T850 8 bis 13 °C), was sich bei windschwachen Bedingungen nach Süden zu aber
nur abgeschwächt am Boden bemerkbar macht.
Am Samstag schwenkt der Rücken unter weiterer Intensivierung langsam nach
Benelux und zur Nordsee, das Bodenhoch bleibt mit seinem Schwerpunkt über
Süddeutschland bzw. dem Alpenraum liegen. Die Frontalzone wird allmählich nach
Norden herausgedrückt, sodass sich der zunehmende antizyklonale Einfluss auch im
Norden und Nordosten in zunehmenden Sonnenanteilen niederschlägt. Zudem setzt
von Westen niedertroposphärische Warmluftadvektion ein (T850 auf 10 °C an der
Oder und bis knapp 19 °C (!) im Westen ansteigend). Mit etwas günstigerer
Durchmischung sind zumindest an den Nordwesträndern der Mittelgebirge sowie am
Oberrhein örtlich wieder Temperaturen knapp über 25 °C möglich.
Am Sonntag tropft der nordatlantische Langwellentrog zumindest nach IFS-Lesart
zu den Azoren ab, das recht kurzwellige Residuum schwenkt zu den Britischen
Inseln. Damit wird das generelle Strömungsmuster progressiver. So zieht der
Rücken im Tagesverlauf bereits über Deutschland ostwärts, sodass sich rückseitig
eine südwestliche Höhenströmung einstellt. Das nach Südosteuropa abziehende Hoch
behält allerdings seinen Einfluss auf uns, sodass es ein meist sonniger Tag
wird. Zwischen dem Hoch und einem kräftigen Tief über dem Nordmeer bleiben wir
im Zustrom ungewöhnlicher warmer Luft (T850 um 18 °C), die sich nun auch etwas
besser bis zum Boden durchsetzen kann mit verbreiteten Höchstwerten um oder
knapp über 25 °C.
Am Montag schwenkt das kurzwellige Trogresiduum nach IFS 00Z über die Nordsee
nach Deutschland. Die Hochdruckzone zieht sich nach Südosten zurück und von
Nordwesten erreicht uns die Kaltfront des vom Nordmeer nach Skandinavien
ziehenden Tiefs. Die Wetterwirksamkeit scheint aber nicht sonderlich ausgeprägt
(Wolkenfelder, ein paar Spritzer Regen oder Schauer), allerdings gelangt in die
Nordwesthälfte postfrontal wieder eine etwas kältere Meeresluft zu uns (T850 auf
5 bis 2 °C absinkend), zudem frischt der Wind an der See und im angrenzenden
Binnenland in Böen wieder teils stürmisch auf.
In der erweiterten Mittelfrist nehmen die Unsicherheiten weiter zu. Tendenziell
deutet sich aber erneut der Aufbau einer Hochdruckbrücke über Süddeutschland an,
sodass sich dort das ruhige, wenngleich nicht mehr ganz so warme Wetter
fortsetzt. Nach Norden zu machen sich dagegen Tiefs über Nordeuropa und die Nähe
zur Frontalzone bemerkbar, sodass die Zeichen eher auf leicht unbeständiges und
windiges Wetter stehen - Herbst light sozusagen.
__________________________________________________________
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis Sonntag kann dem IFS eine sehr gute Konsistenz bescheinigt werden. Die
Modellläufe rechnen unisono den Aufbau eines Rückens, der im Verlauf von West-
auf Mitteleuropa übergreift.
Ab Montag nimmt die Konsistenz ab, was im Wesentlichen in der unterschiedlichen
Behandlung des nordatlantischen Troges begründet ist. Im heutigen 00Z-Lauf
tropft der Trog ab und es stellt sich ein etwas progressiveres Strömungsmuster
ein. Folglich greift das Trogresiduum bereits am Montag auf Deutschland über und
sorgt dafür, dass die Kaltfront recht zügig über die Nordhälfte ostwärts
schwenkt und erst über der Südhälfte ins Schleifen gerät. Die beiden gestrigen
Läufe rechneten keinen Abtropfvorgang und eine noch recht persistente
Trogvorderseite. Die übergreifende Kaltfront käme dabei bereits über dem Westen
und Nordwesten ins Schleifen. Von Unsicherheiten im Hinblick auf Bewölkung,
Niederschlag und Temperaturen abgesehen, hat dies aber nur wenig Warnrelevanz.
Einzig die erneut stürmischen Böen im Norden stehen auf dem Prüfstand.
__________________________________________________________
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis einschließlich des kommenden Wochenendes gibt es keine signifikanten
Unterschiede zwischen den betrachteten Globalmodellen. Allerdings fällt auf,
dass das Strömungsmuster im IFS insgesamt etwas progressiver ist. Bei GFS und
ICON würde sich das Übergreifen des Rückens von Westen etwas verzögern, der
Nordosten läge damit länger in einer Nordwestströmung und müsste mit niedrigeren
Temperaturen vorliebnehmen. Man kann sich auch gut vorstellen, dass den Rücken
umlaufende kurzwellige Troganteile zudem den etwa unbeständigen Wettercharakter
selbst am Wochenende noch etwas am Leben halten könnten.
Am Montag und in der erweiterten Mittelfrist zeigen GFS und ICON nun zwar auch
einen Abtropfvorgang im Bereich des nordatlantischen Langwellentroges,
allerdings ist das resultierende Residuum weitaus weniger markant als bei IFS
mit fast vernachlässigbarem Einfluss auf Deutschland. Bei GFS würde nur der
äußerste Norden von einer schleifenden Kaltfront erfasst (mit allerdings
ebenfalls in Böen teils stürmischem Wind), bei ICON würde sie das ruhige, sehr
warme Hochdruckwetter sogar landesweit fortsetzen.
Die oben beschriebene IFS-Variante mit einem recht progressiven Kaltluftfront-
bzw. Kaltluftvorstoß bereits am Montag ist demnach mit Vorsicht zu genießen.
__________________________________________________________
Bewertung der Ensemblevorhersagen
## IFS EPS ##
RAUCHFAHNEN:
Bis einschließlich Sonntag bestätigt das IFS-EPS das Szenario des
deterministischen Laufes mit einem Geopotenzial- und Temperaturanstieg, der im
Südwesten bereits ab Donnerstag, im Nordosten zum Wochenende einsetzt. Nur
wenige Member gehen diese Entwicklung nicht mit, sondern stürzen zum Wochenende
wieder regelrecht ab. Bei dieser Entwicklung kommt es zu einer retrograden
Verlagerung des Rückens und einem Trog- und Kaltluftvorstoß von Nordwesten. Dies
scheint zwar noch eher eine Außenseiterlösung zu sein, hat aber im Vergleich zu
den Vorläufen an Zustimmung gewonnen. Dies gilt es im Auge zu behalten!
Ab Montag wird die Lage zunehmend diffus. Der deterministische Lauf rechnet
einen im Vergleich zu der Mehrheit der Memberschar recht frühen
Temperaturrückgang am Montag in der Nordhälfte. Die meisten Member sehen diesen
erst Dienstag oder Mittwoch, einige wenige gar keinen. Im Süden ist die Lage
zwischen Fortdauer des warmen Hochdruckwetters und unbeständigerem und kühlem
Wetter ab Wochenmitte unentschieden.
CLUSTER:
Im Zeitraum +72-96 h werden 5 Cluster gebildet, Cluster 1-4 (inkl. HL und CL)
rechnen im Zuge eines markanten Rückenaufbaus über Westeuropa einen Übergang von
NAO+ zu ATLANTIC RIDGE, in einem Cluster bleibt der Rücken sehr flach, wodurch
sich NAO+ fortsetzt.
Im Zeitraum +120-168 h schrumpft das EPS auf 3 Cluster. Cluster 1 (27/51 Member
mit HL und CL) vollzieht erneut den Übergang zu NAO+, da der nach Mitteleuropa
schwenkende Rücken stark abflacht (West antizyklonal -Wa- oder Südwest
antizyklonal -SWa-). In Cluster 2 (14/51) bleibt der Rücken über Westeuropa
stationär (Hoch Mitteleuropa -HM- oder Nordwest antizyklonal -NWa-). In Cluster
3 (10/51) wird der Rücken retrograd und es erfolgt ein Trogvorstoß von
Nordwesten (West zyklonal -Wz-, später Nordwest zyklonal -NWz-).
## GFS ENS ##
Die GFS Ensembles sehen den IFS Ensembles sehr ähnlich, auch dort gibt es wenige
Member, die die Erwärmung nicht mitgehen.
FAZIT:
In der Mittelfrist stehen die Zeichen wieder auf zunehmenden Hochdruckeinfluss.
Nach einer vorübergehenden Normalisierung der Temperaturen geht es zum
Wochenende wieder steil bergauf. Lediglich im Norden und Nordosten tut sich die
Erwärmung etwas schwerer, dort bleibt es anfangs auch noch leicht wechselhaft
und vor allem an der See auch windig.
Die Entwicklung ist recht sicher, aber noch nicht ganz in Stein gemeißelt (siehe
Text).
Nächste Woche wird die Vorhersage unsicherer, tendenziell kündigt sich von
Norden und Nordwesten her wieder etwas unbeständigeres Wetter an. Ob damit auch
ein substanzieller Temperaturrückgang verbunden ist, ist unklar, im Süden sogar
erst einmal eher unwahrscheinlich.
_________________________________________________________
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
STURM:
Insbesondere am Donnerstag und Freitag an der See zeitweise stürmische Böen 8
Bft, exponiert Sturmböen 9 Bft nicht ausgeschlossen.
Auch danach an der Küste mitunter noch windig, Böen 8 Bft aber nur gering
wahrscheinlich. Sturmböen 9 Bft auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln sind in der
Regel Einzelfälle.
EFI:
Am Donnerstag gibt es im EFI Signale für ungewöhnlich starken Wind im Nordosten
Deutschlands.
Danach gibt es - von Wärme ab Samstag abgesehen - keine Hinweise auf
ungewöhnliches oder extremes Wetter.
________________________________________________________
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS EPS, MOS-Mix
________________________________________________________
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser