DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
31-07-2023 13:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.07.2023 um 10.30 UTC
Weiterhin sehr nass und relativ kühl. Am Donnerstag verbreitet stürmisch,
nachfolgend teils unwetterartiger Stark- und Dauerregen mit Schwerpunkt am
Alpenrand.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 07.08.2023
Der Einstieg in den Mittelfristbereich beginnt mit einem ausgeprägtem
Langwellentrog, der sich am Donnerstag mit einem dipolartigem Zentrum über der
Norwegischen See und Dänemark befindet. Gestützt wird dieser durch
außerordentlich hohes Geopotential über dem Atlantik. Der dortige Rücken wird in
den Modellen mit bis zu 596 gpdm simuliert. Auf seiner Ostseite wird der
Langwellentrog ebenfalls von einem Höhenrücken gestützt, der sich ausgehend von
der Ägäis bis nach Russland erstreckt. Diese synoptische Grundkonfiguration
weist durch ihre jeweilig hohen Amplituden - der Trog erstreckt sich bis in den
südeuropäischen Raum - als verhältnismäßig persistent. Aufgrund des hohen
atlantischen Geopotentials kommt es in der Folge zu deutlichen Temperatur- und
Druck- bzw. Isohypsengradienten. Ein entsprechend ausgeprägter Polarjet ist die
Folge. Dessen trogvorderseitiger Zweig liegt mit einem Maximum von rund 120 kt
dabei über Teilen von Deutschland. Diese ausgeprägte Dynamik fördert die
Entwicklung eines Sturmtiefs mit Lage im linken Jetausgang. Diese Entwicklung
erreicht im Laufe des Donnerstags ihren Höhepunkt, während das Bodentief dabei
von der Nordsee Richtung Ostsee zieht. In dessen Umfeld kommt es dabei zu
Schauern und Gewittern, noch signifikanter ist aber die, für die Jahreszeit
durchaus eher unübliche, Windentwicklung. Es kommt verbreitet zu stürmischen
Böen Bft 8 bis ins Flachland. In exponierten Mittelgebirgs- und Gipfellagen sind
durchaus Bft 10, vereinzelt auch Bft 11 (Brocken gar Bft 12) denkbar.
Nachfolgend wandert das Sturmtief zum Freitag korrespondierend zum Verlauf des
steil meridional verlaufenden Gradienten des 500 hPa-Geopotentials rasch
Richtung Baltikum und Finnland ab. Rückseitig gelangt entsprechend weiterhin
recht kühle Meeresluftmasse polaren Ursprungs zu uns nach Deutschland. Das
Temperaturniveau auf 850 hPa verbleibt über Deutschland bei Werten zwischen etwa
6 bis 9 Grad. Nicht unerwähnt bleiben soll dabei die Tatsache, dass sich über
dem Nordmeer sogar schon die 0 Grad-Isotherme zeigt. Modellseitig herrscht
jedenfalls Einigkeit, dass wir es erstmal mit einer zyklonalen Nordwestlage zu
tun bekommen. Prinzipiell ist das angesichts der Jahreszeit die kühlstmögliche
Wetterlage, die sich hier einstellt. Aufgrund der hohen Feuchte der
einfließenden Meeresluft können sich aber trotzdem Tagestemperaturen von über 20
Grad einstellen. Diese ist gleichzeitig auch anfällig für erneute Schauer und
Gewitter, die vor allem durch kurzwellige Sekundärtröge, die für entsprechenden
Hebungsantrieb sorgen, ausgelöst werden.
Am Samstag ändert sich an der Grundkonstellation prinzipiell wenig. Dem zwischen
den zwei ausgedehnten Höhenrücken eingesperrten Langwellentrog bleibt nichts
weiter übrig, als weiter Richtung zentralem Mittelmeerraum und Nordafrika zu
amplifizieren, wobei allmählich die Vorwärtsneigung zunimmt. Aufgrund des
weiterhin ausgeprägten Jets wird dabei auf dem Atlantik die Bildung eines neuen
Tiefdruckgebietes induziert. Bezüglich der Frage, welche Zugbahn dieses
Tiefdruckgebiet einschlägt, scheiden sich hier aber bereits die Geister der
Modellwelt. Während ICON das Tief bis nach Deutschland vorankommen lässt,
befürworten sowohl IFS als auch GFS eine bodennah eher antizyklonale Variante.
Dies erscheint durch trogrückseitig allmählich einsetzende Warmluftadvektion in
Richtung Westeuropa, die eine solche Hochdruckbildung stützen würde, auch nicht
unplausibel. Nichtsdestotrotz bleibt es aber zunächst weiterhin bei nassem
Schauerwetter, welches durch Höhenkaltluft und feuchter Luftmasse bei
gleichzeitig weiterhin über Deutschland liegender Trogachse mit entsprechend
kurzwelligen Anteilen verursacht wird. Trifft die ICON-Variante mit Bodentief
zu, würde dies schlichtweg zu Verstärkung und besserer Strukturierung der
Gewitteraktivität führen.
Am Sonntag und Montag ist der Langwellentrog mittlerweile derart amplifiziert,
dass er beginnt, Richtung Südosteuropa abzutropfen. In welcher Form dieser
Vorgang stattfindet, erscheint am heutigen Tage noch offen, da sämtliche
Globalmodelle deutlich unterschiedliche Varianten zeigen. Beginnen wir mit der
deutschen Modellkette ICON: Hier wird trogvorderseitig eine intensive
Bodentiefbildung mit Ausgangspunkt über dem östlichen Balkan simuliert. Dieses
Tief soll anschließend im Stile einer Vb- oder Vc-Zugbahn weiter Richtung Polen
und Ostsee ziehen. Trifft dies ein, so wären durch das vorderseitige Aufgleiten
in Verbindung mit sehr feuchter Luftmasse erhebliche Niederschläge denkbar.
Diese Entwicklung wird von ICON wiederholt gezeigt, aber dabei immer wieder nach
hinten verschoben. IFS lässt den Trog rasch ostwärts abtropfen, und simuliert im
Zuge einer sich nun regenerierenden neuen Trogachse über Deutschland bzw.
Mitteleuropa eine weitere Sturmtiefentwicklung aus Richtung Nordsee. GFS lässt
es dagegen gemächlicher angehen. Auch hier wird der abtropfende Trog auf
ähnliche Art und Weise gezeigt. Allerdings gelangt Deutschland in dieser
Variante auf die warme, antizyklonale Seite, was zumindest von Richtung Süden
her zu einer einsetzenden Milderung führen würde. Allen Varianten gemein ist
aber, dass sie mehr oder weniger von viel schauerartigen und von Gewittern
durchsetzten Niederschlägen gekennzeichnet sind.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuelle Lauf weist für die ersten 48 Stunden ab Beginn des
Mittelfristbereichs gute Konsistenz zu den Vorläufen auf. Deutliche Unterschiede
zeigen sich dann bereits ab Samstag. Dadurch werden größere Modellunsicherheiten
gekennzeichnet, die sich im Zuge des einsetzenden Abtropfvorgangs des
mitteleuropäischen Langwellentroges auftun. Das Abtropfen selber wird
grundsätzlich gezeigt, daran anknüpfende Vorhersagedetails sind alles in allem
als unsicher zu betrachten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Globalmodelle zeigen bis eingangs des kommenden Wochenendes gute
Übereinstimmung. Diskrepanzen tauchen dann anschließend ab Samstag, ähnlich zum
IFS-internen Modellvergleich, auf. Ähnlich wie IFS haben auch andere Modelle
Probleme, das zu erwartende Verhalten des Langwellentroges konsistent zu
simulieren. Mögliche Ausgänge verschiedener Modellsimulationen sind im
Übersichtstext erläutert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die EZMW-EPS zeigen bis zum Wochenende eine geringe Streubreite. Danach nehmen
die Unsicherheiten vor allem bezüglich des Geopotentials zu. Dies deckt sich gut
mit den in der Deterministik gezeigten Ergebnissen. Grundsätzlich zeigt sich
trotz der Unsicherheiten recht einstimmiges Verhalten bezüglich der Temperaturen
und des Niederschlags.
Die Clusteranalyse zeigt zunächst einstimmiges Verhalten insbesondere bezüglich
der Darstellung des atlantischen Hochdruckrückens, der den mitteleuropäischen
Langwellentrog stützt. Im weiteren Verlauf ab Stunde 120 überwiegt das Signal
für positive NAO deutlich (insgesamt 6 Cluster mit ähnlichem Muster). Im
erweiterten Mittelfristbereich nehmen anschließend die Signale für eine
Umstellung auf Skandinavien-Blocking zu (am Ende 28 Member).
Das Ensemble des GFS zeigt ähnliches Verhalten. Die eher kühle Witterung wird
auch hier bis zum Wochenende mit geringer Streubreite repräsentiert (z.B. T850).
Danach nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Insbesondere zeigt der Hauptlauf
in der erweiterten Mittelfrist einen Warmlufteinschub, der von den übrigen
Membern nicht gestützt wird. Auch nachfolgend zeigen sich Haupt- und
Kontrolllauf eher als Ausreißerlösungen gegenüber den übrigen Ensemblemembern.
Fazit: Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es voraussichtlich bis Mitte
August bei eher kühlerer Witterung bleibt. In der kommenden Woche nimmt die
Niederschlagsneigung allmählich ab. Vorher stehen allerdings noch eine Sturmlage
sowie regional einige sehr niederschlagsreiche Tage ins Haus.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Sturm:
Am Donnerstag mit Durchzug eines Sturmtiefs von der Nord- zur Ostsee verbreitet
stürmische Böen (Bft 8) bis in tiefe Lagen. Im Bergland, insbesondere in
exponierten Lagen auch Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9-10), auf
einzelnen Gipfeln (Feldberg, Brocken) bis hin zu orkanartigen oder Orkanböen
(Bft 11-12).
Gewitter:
Am Donnerstag im Nordwesten einzelne markante Gewitter mit Starkregen. EFI zeigt
erhöhte CAPESHEAR-Werte vor allem im Westen. ICON-EU zeigt erhöhte Low Level
Shear-Werte von 30 bis 40 kt, damit einhergehend auch einzelne organisierte
Gewitter nicht ausgeschlossen (Low CAPE-High Shear-Lage).
Am Freitag und Samstag vor allem im Nordwesten wiederholt markante Gewitter mit
Starkregen (PPW-Werte bei geringer Scherung 20-25 mm).
Auch am Sonntag einzelne markante Gewitter mit Starkregen nicht ausgeschlossen.
Dauer-/Starkregen:
Am Alpenrand einsetzende Dauerregenlage mit eingelagertem Starkregen. Ab
Donnerstag bis Samstag Mengen zwischen 40 und 60 l/qm, punktuell auch bis 80
l/qm (Unwetter) gering wahrscheinlich. Sowohl EZMWF-ENS als auch ICON-EU-ENS und
COSMO-LEPS zeigen dementsprechende Signale.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GFS, ICON-ENS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Felix Dietzsch