DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
04-05-2023 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.05.2023 um 10.30 UTC
Wechselhaft mit häufigen Schauern und Gewittern, anfangs punktuell mit
Unwettergefahr! Mitte nächster Woche etwas kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 11.05.2023
Am Sonntag, dem 07. Mai und Beginn der heutigen Mittelfristbetrachtung, setzt
sich die wechselhafte und zu teils kräftigen gewittrigen Regenfällen neigende
Wetterlage aus der Kurzfrist nahtlos fort. Lediglich in den Gebieten östlich der
Elbe hält noch länger das Hoch TINA über dem Baltikum mit trockenen Ostwinden
dagegen. Ansonsten ist ein langgestreckter Höhentrog wetterwirksam, der sich von
der Nordsee über Frankreich und den westlichen Mittelmeerraum bis nach Marokko
erstreckt. Dieser wird von einem nachrückenden flachen Rücken über den
Britischen Inseln zunehmend "in die Zange genommen", weshalb die Progression des
beschriebenen Musters kaum Fortschritte macht und die Wetterlage recht
eingefahren ist. Am Boden hat sich über Deutschland eine Tiefdruckrinne
etabliert, die größtenteils mit labil geschichteter feucht-warmer Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum angereichert ist (Ausnahme Nordosten mit trockener
Festlandsluft aus dem Hoch). So treten bereits in der ersten Tageshälfte
gebietsweise schauerartige Regenfälle auf, die im Tagesverlauf zunehmend
gewittrig ausfallen. Bei PPW's bis 30 mm, ML Cape bis 500 J/kg, aber kaum
Scherung, geht die größte Gefahr von pulsierenden Einzel- und Multizellen aus,
die lokal zu Überschwemmungen durch heftigen Starkregen und größere
Hagelansammlungen führen können. Punktuell kann es dabei bis in den
Unwetterbereich gehen. Dazu werden teils schwüle 17 bis 23 Grad erreicht.
Zum Start in die neue Woche wandert das einst blockierende Hoch nach Russland
ab. Der Südteil des o.e. Troges tropft über Nordafrika ab, so dass die westliche
Strömung zwischen dem kräftigen Tief bei Island und dem umfangreichen Hoch über
den Azoren über nahen Ostatlantik und Westeuropa einmal durchglättet. Dadurch
erreicht die Rinne mit schauerartigen und teils noch gewittrig durchsetzten
Regenfällen spätestens am Vormittag auch die vorpommersche Küste. Nachfolgend
kann sich vorübergehend schwacher Hochdruckeinfluss durchsetzen, bevor später
von Westen eine Okklusion mit neuen Regefällen übergreift. Die Gewitterneigung
ist gegenüber dem Vortag deutlich reduziert. Die Schichtung im Frontbereich ist
recht stabil, allenfalls geht entlang und östlich der Elbe mithilfe der
Einstrahlung noch etwas in Sachen Konvektion. Der Fokus liegt weiterhin auf dem
Starkregen, unwetterartige Entwicklungen sind aber mit Westdrehung des Windes
und Transport nicht mehr ganz so feuchter Meeresluft ostwärts unwahrscheinlich
(PPW's meist noch bei 20-25 mm). Bei den Temperaturen ändert sich nichts
Wesentliches.
Am Dienstag schwenken kurzwellige Troganteile vor allem über Norddeutschland
hinweg. Dadurch bildet sich über der Nordsee, respektive dem Kattegat, ein
langgestrecktes Teiltief aus. An dessen Südflanke wird die Okklusion rasch
ostwärts über Deutschland hinweg geführt. An den Alpen regnet es staubedingt
auch länger Zeit und teils ergiebig. Postfrontal gibt es im Trogbereich noch
einzelne Schauer oder kurze Gewitter.
Zur Wochenmitte stößt der noch immer umfangreiche, einstige atlantische
Haupttrog von den Britischen Inseln zur Nordsee und in der Folge in
abgeschwächter Form auch nach Mitteleuropa vor. Die Druckverteilung über
Deutschland bleibt dabei relativ flach. Gleichwohl etabliert sich ein
mehrkerniger Tiefdruckkomplex auch am Boden über Südskandinavien und der
Nordsee. Mit der west-nordwestlichen Strömung fließt dabei zunehmend kühlere
Meeresluft ein mit T850 um oder nur noch wenig über 0 Grad. Daher wird es trotz
guter Durchmischung zunehmend schwieriger die 20 Grad Marke am Nachmittag
anzupeilen. Meist liegen die Höchstwerte noch zwischen 15 und 19 Grad. Durch den
mehrheitlich bewölkten Charakter ist aber auch Bodenfrost kein Thema. So kommt
es zeit- und gebietsweise zu einzelnen Schauern oder etwas Regen. Vor allem am
Nachmittag sind vereinzelt auch kurze Gewitter mit dabei. Die Unwettergefahr
tendiert dabei aber gen 0.
Für die erweiterte Mittelfrist deutet sich keine signifikante Wetteränderung an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz ist mehr als zufriedenstellend. Die Blockade wird zum Wochenstart
zwar etwas langsamer aufgelöst. Dass sie es tut, daran bestehen aber keine
Zweifel. Insofern darf sich auch der Nordosten auf Regen freuen. Mit kleineren
(normalen) Unschärfen wird auch die Einnistung des Troges nach Mitteleuropa
mitsamt leichter Abkühlung und abnehmender Unwettergefahr laufübergreifend
verfolgt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Heraus sticht das UK10, das die Blockade im Osten und Nordosten Deutschlands
noch bis Dienstag aufrecht erhält. Die Keilachse verbleibt dabei auch in der
Höhe lange westlich über Norwegen. Nun ist das Hoch zwar durchaus mit einer
spätwinterlichen Luftmasse angereicht. Im Mai und bei derart überbordender
Westlösungen der Konkurrenz handelt es sich dabei aber um eine
Außenseiterlösung.
Zur Wochenmitte lässt die genaue Trogkonfiguration noch einige Unschärfen und
Szenarien zu. So deuten ICON und GFS diesen schmal und westlich von uns an,
wodurch VB-artige Entwicklungen mit länger andauernden Regenfällen für die
Osthälfte Deutschlands ernsthafte Optionen werden könnten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Rauchfahnen:
Größere Unschärfen in den Rauchfahnen ergeben sich vor allem im Nordosten, wo
der Gradient in T850 aber auch am größten ist und der genaue Zeitpunkt der
Abdrängung ostwärts noch leicht unsicher. HL und CL schwimmen aber gut im EPS
mit, das einheitlich und landesweit für die Mitte der kommenden Woche einen
leichten Potential- und Temperaturabfall simuliert, der mit dem Trogvorstoß
einhergeht.
Wiederkehrende, meist schwache Niederschlagssignale sind unser ständiger
Begleiter. Eine "fette" VB-Lage mit kräftigeren Regenfällen kündigt sich im EPS
bis dato (noch?) nicht an.
Die Windrosen lassen beispielsweise in Berlin ab Sonntag fast alle Richtungen
zu. Im Westen dominiert hingegen der westliche Sektor.
Cluster:
Das eine Cluster für +120 bis +168h (Di-Do) liefert keine neuen Erkenntnisse und
reflektiert die Eindrücke des deterministischen Laufes. Für die erweiterte
Mittelfrist deutet sich könnte die Großwetterlage Trog Mitteleuropa bzw.
Nordwest zyklonal auch mal von einem Intermezzo des Azorenhochkeils über
Frankreich bis nach Deutschland unterbrochen sein.
FAZIT:
Die Natur und Landwirte dürfen sich auf einen zeitweise nassen und normal
temperierten Witterungsabschnitt freuen. Frei nach Rudi Carrell und in Anlehnung
an das gestrige Thema des Tages scheint nach März und April auch für den Mai
2023 zu gelten: "Ein Frühjahr, wie es früher einmal war!"
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
GEWITTER:
Am Sonntag herrscht das größte Unwetterpotential. Dazu wurde bereits oben im
Text Näheres erläutert. Im EFI gibt es keine signifikanten Hinweise.
DAUER-/STARKREGEN:
Am Sonntag / Nacht zu Montag sowie am Di / Nacht zu Mi gehen Schauer und
Gewitter am Alpenrand in teils länger anhaltenden Regen über. Dabei gibt es
geringe Signale (IFS-EPS/ICON-EPS 10-15%, COSMO-LEPS am So bis 30%), dass lokal
die Regenmengen in die Schwelle der 30 l/qm binnen 24 Stunden gelangen können.
Der Großteil davon fällt aber in kurzer Zeit in Verbindung mit den Gewittern und
wird voraussichtlich eher kurzfristig bewarnt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen