Thema des Tages

21-10-2016 14:40

Cut Off - Wetter wie abgeschnitten


Seit einigen Tagen lässt sich über Deutschland ein Tiefdruckgebiet
beobachten, das durch spiralförmig um den Kern (bzw. zeitweise auch
um mehrere Kerne) angeordnete Wolken- und Regenbänder gekennzeichnet
ist. Dieses Tief mit dem Namen "Danielle" ist aus einem
Abschnürungsprozess ("Cut Off-Prozess") entstanden, und so ist es am
Boden wie auch in höheren Atmosphärenschichten als kreisrundes
Gebilde zu erkennen (siehe dazu auch die Grafik zum Bodendruck mit
einer geschlossenen Bodenisobare (Linien gleichen Luftdrucks) und zur
Höhendruckverteilung mit einer geschlossenen Isohypse (Linien
gleichen Geopotenzials) vom heutigen Freitag, 00 UTC unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/21.html). Doch warum
handelt es sich hierbei um ein "Cut Off" bzw. "Cut Off-Tief"?

Ein Cut Off entsteht wie auch in dieser Situation als Produkt eines
Abschnürungsprozesses innerhalb eines langwelligen Troges in der
mittleren und höheren Troposphäre. Bei einem Höhentrog handelt es
sich um ein Gebilde tiefen Potenzials in höheren Schichten, das mit
kalter Luft angefüllt ist. Zur Identifizierung werden sogenannte 500
hPa-Geopotenzial-Karten herangezogen, die die Strömungsverhältnisse
der Luft in etwa 5,5 km Höhe wiedergeben. Dabei zeigt sich in diesen
Karten der Trog durch eine Ausbuchtung in den Isolinien, die häufig
nach Süden gerichtet ist. In einigen Fällen kann es passieren, dass
sich diese Ausbuchtung von der eigentlichen Höhenströmung ablöst und
ein eigenes Leben als Cut Off oder als "Kaltlufttropfen" ohne
Bodenkontakt weiterführt.

Im Gegensatz zu einem eigenständigen Kaltlufttropfen ist das Cut
Off-Tief über die gesamte Troposphäre ausgebildet. Kaltlufttropfen
bereiten dem Meteorologen große Vorhersageprobleme, schwimmen sie
doch - ähnlich wie Fetttropfen in der heißen Suppe - in der sie
umgebenden wärmeren Luft. Aber auch Cut Off's sind nicht einfach
vorherzusagen. So können kleine Details, wie beispielsweise die Lage
des Zentrums oder die Stärke des Tiefs, schnell größere Auswirkungen
z.B. auf die Niederschlagsverteilung haben.

Darüber hinaus verlagert sich ein Cut Off (ebenso wie ein
Kaltlufttropfen) nicht mit der Höhenströmung, sondern wird durch die
umgebende Luftdruckverteilung beeinflusst. Im aktuellen Fall wird der
Cut Off von Hochdruckgebieten "umzingelt" und kann quasi weder nach
links noch nach rechts. So verharrt er nun an Ort und Stelle und
"eiert" um sich selbst herum, ähnlich wie ein Kreisel. Damit bekommt
er auch noch eine blockierende Wirkung. So kann er uns über mehrere
Tage hinweg behelligen, zumal die kalte Luft im Kern des Cut Offs
erhalten bleibt. Es fehlt die Zufuhr von Warmluft, die zur
Durchmischung und damit zum Abbau der Kaltluft bzw. des Cut Offs
führen könnten.

Bis zum morgigen Samstag wird uns das aktuelle Cut Off-Tief bei
langsamer Nordverlagerung noch beeinflussen. Dann passieren zwei
Dinge: Zum einen füllt sich das Tief in Bodennähe allmählich auf,
verliert somit seine "Bodenhaftung" und verwandelt sich dadurch zu
einem Kaltlufttropfen. Zum anderen wandert dieser Kaltlufttropfen gen
Norden, weil das dortige Hoch schwächelt. Im weiteren Verlauf
gliedert sich der Kaltlufttropfen voraussichtlich wieder in die
Höhenströmung ein und entschwindet mit ihr.

Der sich dann bei uns am Sonntag einstellende Zwischenhocheinfluss
ist jedoch nicht von längerer Dauer. Ein Tief über der Biskaya kann
bereits ab Sonntagabend mit seinen Ausläufern die Regie bei uns
übernehmen, neue dichte Wolken und Regenfälle sind die Folge.
Immerhin steigt dabei die Temperatur an, da von Südwesten mildere
Luft herangeführt wird. Dennoch scheint die aktuelle
Wetterentwicklung etwas gegen einen "Goldenen Oktober" zu haben, auch
wenn die Bäume mit ihren Blättern gerade - auch ohne Sonnenschein -
in den schönsten Farben schillern.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2016

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