DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-02-2023 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.02.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, anfangs teils noch stürmisch. Im Weststau der Mittelgebirge Samstag
etwas mehr Regen, an den Alpen etwas Schnee. Relativ mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 22.02.2023


Am Samstag zieht das zuvor wetterbestimmende Skandinavientief in Richtung
Baltikum, die Position des Tiefs wird noch leicht unterschiedlich simuliert,
nach den aktuellen IFS-Läufen wird das Tief über dem Baltikum intensiver
(Kerndruck unter 975 hPa) simuliert als im gestrigen 00 UTC. Das führt dazu,
dass der Gradient und damit die Wind- bzw. Sturmsituation im Nordosten des
Landes noch bis weit in den Samstag hinein anhält und es weiterhin zu starken
bis stürmischen, teils auch Sturmböen, im Küstenumfeld auch zu schweren
Sturmböen kommt. Bereits im Laufe der Nacht zum Samstag hat die Kaltfront des
Tiefs von Norden her auf Deutschland übergegriffen und liegt nun zunächst über
den mittleren Landesteilen. Im Tagesverlauf verlagert sie sich allmählich
südwärts und erreicht in der Nacht zum Sonntag auch die Alpen. An der Front kann
es zeitweise regnen, über den mittleren Landesteilen schleift sie
voraussichtlich etwas, so dass es in den Staulagen der zentralen und östlichen
Mittelgebirge teilweise länger regnet. Insbesondere am Westrand des Harzes
könnten dabei auch dauerregenrelevante Mengen zusammenkommen, eventuell auch am
Erzgebirge, später vielleicht auch am (östlichen) Alpenrand - wobei hier di
Schneephase irgendwann ins Spiel kommt. Zwischen der Front und den Alpen kommt
es im Tagesverlauf zum Leitplankeneffekt, so dass auch im Süden der Wind
deutlich auflebt und mindestens starke bis stürmische Böen zu erwarten sind. Mit
Ankunft der Front an den Alpen am Abend bzw. in der Nacht zum Sonntag nimmt der
Wind wieder deutlich ab. Rückseitig der Kaltfront fließt eine polare Luftmasse
ein: die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht nachts Süddeutschland und die
Alpen, im Norden liegen dann die Temperaturen in 850 hPa bei bis zu -8 Grad.
Daher sinkt von Norden die Schneefallgrenze, allerdings meist erst mit Abklingen
der Niederschläge. Meist fällt daher höchsten in den Gipfellagen kurzzeitig
Schnee. Im Süden, vor allem an den Alpen sinkt die Schneefallgrenze bis
Sonntagfrüh auf etwa 1200 m und dort kann sich auch etwas Neuschnee
akkumulieren, markante Mengen werden es aber voraussichtlich nicht sein.

Am Sonntag steigt der Bodendruck an, in Höhe liegt zwar Haupttrog über
Osteuropa, allerdings wird der Trog von einem kurzwelligen Anteil überlaufen,
dessen Achse sich vom Baltikum Richtung Bretagne erstreckt und der um den
Haupttrog süd-/südostwärts abläuft. Dadurch können voraussichtlich die Reste der
Kaltfront über dem Süden Deutschlands bzw. im Alpenraum aktiviert werden, so
dass es tagsüber weitere, meist leichte Niederschläge geben dürfte. Außerdem
muss im Norden/Nordosten ebenfalls mit schauerartigen Niederschlägen gerechnet
werden, da dort der Kurzwellentrog und die auf Nord drehende Höhenströmung
zusammen mit Höhenkaltluft (teils um -30 Grad) und der Ostseeüberströmung zu
einer Labilisierung der Luftmasse führen. Die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa
überquert die Alpen, in Deutschland werden damit in 850 hPa um -1 Grad im Westen
und bis -8 Grad im Südosten erwartet. Die Schneefallgrenze sinkt somit
insbesondere im Süden/am Alpenrand weiter, meist bis in die Täler, so dass die
Niederschläge dort meist als Schnee fallen und nochmals ein paar Zentimeter
Neuschnee zusammenkommen können. Markante Mengen deuteten sich zumindest aktuell
dabei nicht an.

Am Montag zieht der kurzwellige Troganteil südostwärts gen zentrales Mittelmeer
ab, damit kann sich der westeuropäische Höhenrücken mit seinem Schwerpunkt etwas
nach Osten verlagern, im Südwesten dominiert so auch am Boden Hochdruckeinfluss.
Im Norden ist die Frontalzone relativ nah, so dass vor allem der Norden und
Nordosten von Tiefausläufern (Tief mit Zentrum im Seegebiet zwischen Island und
Norwegen) mit etwas Regen gestreift wird. Die mit einer nordwestlichen Strömung
einfließende Luftmasse ist milder und maritim geprägt, die 0 Grad-Isotherme in
850 hPa wird weitgehend ostwärts abgedrängt, das Temperaturniveau in 850 hPa
liegt bei 0 bis 3 Grad.

Am Dienstag liegt der Höhenrücken über Zentraleuropa, er reicht aber nicht
sonderlich weit nach Norden und wird zwischen dem "alten" Trog über Osteuropa
und einer neuen weit südwärts ausgreifenden Austrogung über dem nahen
Ostatlantik/Westeuropa in die Zange genommen. Am Boden dominiert noch
Hochdruckeinfluss, der Hochschwerpunkt liegt über Süddeutschland und verlagert
sich allmählich ostwärts, über Westeuropa etabliert sich mit Trogannäherung eine
Tiefdruckrinne von der Iberisch Halbinsel bis nach Skandinavien. Es bleibt und
dem leichten Hochdruckeinfluss weitgehend trocken, allerdings liegt der
Norden/Nordosten des Vorhersagegebietes weiterhin im Bereich der "Schleifzone"
der Frontalzone - es fehlen zwar eigentlich dynamische Antriebe, aber mehr
Wolken und vielleicht auch mal geringfügiger Regen sind vor allem in der
Nordhälfte nicht ausgeschlossen. Es bleibt relativ mild.

Am Mittwoch zeigen sich noch größere Unsicherheiten: die neueren Modellläufe
lassen die Tiefdruckrinne samt Frontensystem eines umfangreichen Nordmeertiefs
von West/Nordwest auf Deutschland übergreifen und ost-/südostwärts
durchschwenken, der gestriger 00 UTC-Lauf hat dies mehr oder weniger nur als
neuerlichen "Streifschuss" im Norden auf dem Programm, im Süden sollte dort eine
Hochdruckbrücke dagegenhalten. Wahrscheinlicher scheint aber die neue Variante,
so dass am Mittwoch eine Kaltfront mit zeitweiligen Niederschlägen Deutschland
von Nordwest nach Südost überquert. Rückseitig fließt wieder eine polare
Luftmasse mit Temperaturen in 850 hPa unter 0 Grad ein (die 0 Grad-Isotherme
soll bis Donnerstagfrüh ganz Deutschland erfasst haben, im Westen/Nordwesten um
-6 Grad). Ab der Nacht um Donnertag dürfte dann auch wieder Schnee dabei sein,
zumindest im Bergland, teils vielleicht auch in mittleren Lagen der westlichen
Mittelgebirge.

In der erweiterte Mittelfrist ab Donnerstag bleibt es bei noch größeren
Unsicherheiten, die Tendenz geht in Richtung NWz/TrM und damit bei weiterhin
eher wechselhaftem, eher mildem Wetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist bis einschließlich Montag
gut, Unsicherheiten zeigen sich am ehesten im Bereich der frontalen Schleifzone
am Samstag hinsichtlich Verteilung und Menge der Niederschläge. Ab Dienstag
zeigen sich noch größere Unsicherheiten hinsichtlich der Ausprägung und des
Timings eines neuen Troges von Westen. Im Grundtenor deutet sich aber ein
Fortbestand der zyklonalen Nordwestlage
In der erweiterten Mittelfrist bleiben die Unsicherheiten in den vorliegenden
Modellläufen weiterhin recht groß, tendenziell geht es aber in Richtung
Fortbestand der zyklonal geprägten Wetterlage (wahrscheinlich Nordwest zyklonal
oder Trog Mitteleuropa).
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Andere Globalmodelle wie ICON und GFS simulieren die Wetterentwicklung bis
einschließlich Sonntag/teils Montag vom Prinzip her sehr ähnlich, vom Timing her
allerdings etwas langsamer als das IFS. ICON setzt seinen zum IFS sehr ähnlichen
Kurs mit leichter zeitlicher Verzögerung im weiteren Mittelfristverlauf weiter
fort, GFS hingegen ist ab Montag deutlich antizyklonaler aufgestellt und zeigt
eine weitgehende Wetterberuhigung unter Hochdruckeinfluss. Eine neue markante,
für Deutschland relevante Austrogung wird vom GFS erst in der erweiterten
Mittelfrist (im Laufe des Donnerstages) simuliert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse für den ersten Zeitraum von Samstag 00 UTC bis Sonntag 00 UTC
(+72 bis +96h) zeigt vier Cluster mit 16, 16, 14 und 5 Membern (Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 2) und damit noch eine gewisse Unsicherheit in der
Ausprägung des Sturmtiefs, der genauen Position und dem Abzugsverhalten. Damit
bestehen vor allem im Norden und Nordosten noch einige Unsicherheiten
hinsichtlich des Windfeldes (Ausdehnung, Andauer). Die Unterschiede werden vor
allem bei der Betrachtung der 1000 hPa-Karten deutlich. Zum Sonntag 00 UTC
deutet sich zudem eine etwas unterschiedlich Simulation des Kurzwellentroges an.
Im Folgezeitraum von Montag 00 UTC und bis Mittwoch 00 UTC (+120 bis + 168h)
werden fünf Cluster angeboten (13, 12, 11, 9 und 6 Member; Kontrolllauf in
Cluster 2, Hauptlauf in Cluster 3). Hier bestätigen sich die noch recht großen
Unsicherheiten im Laufe der Mittelfrist. Die Entwicklung und Lage des
Höhenrückens, der am Montag weitgehend wetterbestimmend ist, wird sehr
unterschiedlich gezeigt: teils bleibt es bis Mittwoch deutlich wetterbestimmend,
so dass wohl weitgehend störungsfreies Wetter bis Mittwoch herrschen würde (ins.
29 Member), teils bleibt er sehr flach oder wird zumindest im Nordteil relativ
schnell vom nächsten Trog überholt (22 Member). In der erweiterten Mittelfrist
werden zwar nur drei Cluster (21, 18 und 12 Member) dargestellt, die aber sehr
unterschiedliche Varianten der Wetterentwicklung zeigen. Die Unsicherheiten für
die erweiterte Mittelfrist ab Donnerstag sind also noch sehr groß.

Die Rauchfahnen zeigen ähnliches: Bis einschließlich Sonntag sind die
Rauchfahnen hinsichtlich Temperatur in 850 hPa und Geopotenzial in 500 hPa
relativ gut gebündelt. Nachfolgend nimmt der Spread und damit die Unsicherheiten
zu, ab Wochenmitte sehr deutlich. Insgesamt überwiegt ein relativ mildes
Temperaturniveau: nach einer "kühleren" Phase zu Beginn der Mittelfrist am
Wochenende wird es deutlich milder, "kalte" Lösungen gibt es fast gar nicht, in
Richtung erweiterte Mittelfrist deuten sich zumindest bei der Mehrheit der
Ensemble wieder zurückgehende Temperaturen an. Insgesamt deutet sich mit Blick
auf die Niederschlagssignale ein Schwerpunkt zunächst allgemein am Wochenende
an, im Norden bleibt es unbeständig, im Süden kommt es zu einer zumindest
vorübergehend Wetterberuhigung zu Wochenbeginn, zur erweiterten Mittelfrist
nehmen die Niederschlagssignale wieder deutlich zu - deutschlandweit.

Fazit: Es steht ein insgesamt wechselhafter, eher milder Witterungsabschnitt an,
die Unsicherheiten sind insbesondre ab Wochenmitte aber noch sehr groß.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND/STURM:
Am Samstag ist das Sturmtief selbst zwar bereits über der Ostsee und dem
Baltikum zu finden, der Gradient weicht aber nur zögerlich auf, so dass im
Osten/Nordosten noch bis weit in den Tag hinein mit Sturmböen (Bft 8 bis 9)
gerechnet werden muss, an der Ostseeküste treten auch teils noch schwere
Sturmböen (Bft 10) auf. Zudem stellt sich im Süden zwischen der Front über den
mittleren Landesteilen und den Alpen ein Leitplankeneffekt ein, der zeitweise zu
starken bis stürmischen (Bft 7 bis 8), südlich der Donau und im Bergland auch
teils zu Sturmböen (Bft 9) führt. Zum Sonntag abklingend.

Regen/Schnee:
Am Samstag deutet sich eine Schleifzone der Front über den mittleren
Landesteilen an, sowohl der EFI des IFS als auch die Ensembleverfahren
Cosmo-LEPS und ICON-EU EPS zeigen geringe Signale (um 10 %) für die
Überschreitung der markanten Dauerregenwarnschwelle von 30 mm in 24 Stunden für
einzelne Staulagen der zentralen Mittelgebirge (vor allem Harz, eventuell
Erzgebirge) bis Sonntag früh. Aus heutiger Sicht ist hier eine Warnungsausgabe
nicht sehr wahrscheinlich. Hinzu kommen zeitlich verssetzt bis Sonntagmittag
geringe Signale für den, vor allem östlichen, Alpenrand (5 bis 10 %), wobei hier
dann ein Teil des Niederschlags auch als Schnee fällt und somit die Warnrelevanz
eher beim Schnee mit Neuschneemengen am östlichen Alpenrand von meist 10 bis 20
cm in 24 Stunden liegen dürfte. Die Schneefallgrenze sinkt zum Sonntag auf etwa
1200 m, wirklich markante Mengen sind aber wohl nicht zu erwarten. Bis in die
Nacht zum Montag weitere, meist leichte Niederschläge bei weiter absinkender
Schneefallgrenze - am Alpenrand bis in die Täler.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger