Thema des Tages
03-02-2023 13:50
Wissenschaft Kompakt
Permafrost in Deutschland?
Gibt es eigentlich Permafrost auch in Deutschland? Dieser Frage gehen
wir im heutigen Thema des Tages nach.
Von Permafrost (oder Dauerfrost) wird gesprochen, wenn die Temperatur
des Bodens in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren
ununterbrochen unter null Grad Celsius liegt. Der Untergrund kann
dabei aus Gestein, Sedimenten oder Erde bestehen und unterschiedlich
große Eismengen enthalten. Meist reicht der Permafrost einige hundert
Meter tief ins Erdinnere, im nordöstlichen Sibirien sogar bis zu
einer Tiefe von circa 1,6 Kilometer. Grundvoraussetzung für eine
solch mächtige Schicht sind eine geringe isolierende Schneedecke und
eine fehlende Vereisung. Durch die gute Isolationswirkung tritt
Permafrost auch unter Moor und Wald auf. Teilweise erreicht er dort
sogar seine größte Mächtigkeit.
Bereits im Jahr 2019 schrieb meine Kollegin Magdalena Bertelmann ein
Thema des Tages über die möglichen Auswirkungen, die ein Auftauen der
Permafrostböden zur Folge haben könnten (siehe
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/5/17.html). Wussten
Sie aber, dass es selbst in Deutschland Permafrost gibt?
Nun ist es sicherlich kein Geheimnis, dass es auf der Zugspitze
alpinen Permafrost gibt. Allerdings findet man in einer Geröllhalde
am Südhang des Berges Dornburg nördlich von Limburg an der Lahn im
Westerwald in Hessen ebenfalls ?ewiges Eis?. Dabei handelt es sich um
ein recht seltenes Phänomen. Dabei wirkt die Geröllhalde
wärmeisolierend. In einer Tiefe von etwa 50 Zentimeter bis zu zwei
Meter findet man sodann massives Eis. Das darunterliegende Erdreich
ist sogar bis zu acht Metern Tiefe gefroren. Natürlich schmilzt das
Eis im Sommer ab und der gefrorene Erdboden taut bis zu einer Tiefe
von rund zweieinhalb Metern auf. Im Winter bildet sich das Eis jedoch
neu und auch der Boden friert wieder vollständig zu.
Aber wie erklärt sich dieser Effekt?
Prinzipiell lässt es sich mit der Neigung der Halde und den
Basaltsteinen recht gut erklären. Durch die Steilheit der Halde
entsteht ein sogenannter Kamineffekt. Die Steine besitzen hingegen
große Lücken, wodurch ein stetiger Luftzug ermöglicht wird. Zudem
isolieren sie die Halde nach außen hin. Aufgrund dieser Isolation ist
die Luft im Innern der Halde wärmer als die Außenluft und steigt
deshalb auf (wärmere Luft ist leichter als kältere). Entsprechend
muss von außen kalte und feuchte Luft nachströmen. Diese kühlt
wiederum die Steine ab und es bildet sich aufgrund des
Wasserdampfgehaltes Eis. Dabei wird erneut Wärme frei (sogenannte
latente Wärme), die ebenfalls aufsteigt und der Prozess wiederholt
sich.
Im Sommer kehrt sich der Prozess dann um. Die Luft innerhalb der
Halde ist aufgrund des kühlenden Eises kälter als die Außenluft.
Entsprechend sinkt die Luft ab und tritt am Fuße aus der Halde
heraus, wodurch dort dann ein eisiger Luftzug spürbar wird. Von oben
strömt nun wärmere Außenluft nach, die in der Folge vom bestehenden
Eis ebenfalls abgekühlt wird. Die in der Außenluft enthaltene Feuchte
kann dann selbst im Sommer gefrieren und ersetzt so zumindest einen
Teil des geschmolzenen Eises.
Seit 1927 ist die Halde Teil des ?Naturschutzgebiets Dornburg?. Davor
hatte sich eine Brauerei in der Nähe niedergelassen, um diese als
Kältequelle zu nutzen. Aber der Westerwald ist nicht der einzige Ort
im Bereich der Mittelgebirge, wo sich ewiges Eis hält. Neben dem Harz
und der Rhön findet man dieses auch im Thüringer Wald, im Schwarzwald
sowie im Böhmischen Mittelgebirge im Norden von Tschechien. Dass
diese Blockhalden besonders sind, sieht man nicht nur an ihrem Eis.
Es haben auch bestimmte Tierarten seit der Eiszeit dort überdauern
können, die sonst nur an Gletscherrändern vorkommen (z.B.
Alpenspitzmaus).
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.02.2023
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