Thema des Tages
01-02-2023 15:20
Wetter aktuell
Eine turbulente Woche im Winter
Es bleibt weiterhin wechselhaft und teils stürmisch. Zudem schneit es
an den Alpen und im Bayerischen Wald. Doch wie kann man die
Windgeschwindigkeiten und Schneemengen einordnen? Ein paar Fakten
sollen Aufschluss bringen.
Wer kennt es nicht? Man macht sich am Morgen vor dem Spiegel die
Haare, verlässt mit einer nahezu perfekten Frisur das Haus und dann
passiert es? Eine Windböe jagt durch die Straße und legt die Haare
kurzerhand auf die andere Seite der Schädeldecke oder stellt sie
kerzengerade auf: Fertig ist die "Sturmfrisur".
In dieser Woche wird es wahrscheinlich einigen Menschen ähnlich
ergehen. Denn nach einem windigen Auftakt am Montag und Dienstag geht
es heute mit starken bis stürmischen, teils auch Sturmböen weiter.
Auch über das Wochenende hinweg bleibt es windig und wechselhaft.
Woran liegt das?
Deutschland befindet sich zurzeit wettertechnisch "zwischen den
Stühlen". Während ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen über
Skandinavien und die Ostsee hinwegjagt, hält sich über dem nahen
Nordostatlantik vor den Toren Westeuropas tapfer hoher Luftdruck. Am
Montag standen sich noch Tief "Nicolas" und Hoch "Beate" gegenüber,
heute steigen hingegen Tief "Oleg" und Hoch "Cäcilie" in den Ring.
Wir befinden uns quasi dazwischen in einer strammen nordwestlichen
Strömung, die uns gut durchbläst. Eingelagert in diese Strömung sind
auch wiederholte schauerartige Niederschläge. Aufgrund der
einfließenden milderen Meeresluft fällt dabei meist Regen - es gibt
jedoch Ausnahmen. Insbesondere höher gelegene Nordweststaulagen
sollten ebenfalls etwas Neuschnee abbekommen. Interessant wird es
insbesondere im Bayerischen Wald und an den Alpen. Denn dort können
sich die Schneemengen von Mittwoch bis Freitag in höheren Lagen auf
30 bis 80 Zentimeter akkumulieren. Am östlichen Alpenrand sind sogar
punktuell 100 Zentimeter drin. Damit nicht genug, am Wochenende
stehen dort laut aktueller Modellrechnungen sogar noch weitere
Schneefälle an. Das Wetter ist also recht spannend in dieser Woche!
Allerdings hängt man als Laie immer ein wenig "in der Luft", wenn es
darum geht, Neuschneemengen oder Windgeschwindigkeiten realistisch
einzuordnen. Deshalb kann ein Blick auf die vergangenen Rekordwerte
helfen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie heftig das bevorstehende
Wetterereignis ausfallen könnte. Selbstverständlich hängt dies
natürlich auch immer von den lokalen Gegebenheiten, der Anfälligkeit
der Infrastruktur, etc. ab.
Beginnen wir beim Wind: Bereits an den vergangenen beiden Tagen
konnten an der Nordsee und Ostsee schwere Sturmböen um 100 Kilometer
pro Stunde (kurz: km/h), teils sogar orkanartige Böen bis 115 km/h
registriert werden. Für die Küstenregionen stellt dies in der Regel
kein allzu großes Problem dar. Bei einem ausgewachsenen Orkantief
sehen die Norddeutschen schon mal Windgeschwindigkeiten weit über 120
km/h. Spitzenreiter ist die Station List auf Sylt, die sagenhafte 184
km/h registrierte, als Orkantief "Anatol" über den Süden
Skandinaviens und die Ostsee am 03. Dezember 1999 hinweg zog.
Anders sah es gestern in Berlin aus. Dort zog am späten Dienstagabend
ein Gewitter auf, das nicht nur mit Blitzen und Donner einherging.
Die Station in Berlin-Tempelhof registrierte gegen 20:39 Uhr eine Böe
mit einer Windgeschwindigkeit von 99 km/h. Zwar sind dem Autor bisher
keine nennenswerten Schäden bekannt, dennoch kann eine solche Böe in
einer dicht besiedelten Großstadt natürlich größere Auswirkungen
besitzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Stadt deutlich
seltener von solchen Windgeschwindigkeiten heimgesucht wird.
Besonders gefährlich sind dann herabstürzende Äste, Dachziegel oder
umherfliegende lose Gegenstände. Auch einzelne Bäume können dabei
entwurzelt werden.
Und wie sieht es beim Schnee aus? Wie sind die 100 Zentimeter am
östlichen Alpenrand einzuordnen?
Der schneereichste Ort Deutschlands im Stationsnetz des Deutschen
Wetterdienstes ist - wenig überraschend - die Zugspitze. Allerdings
lässt die zurzeit dort gemessene Schneehöhe sehr zu wünschen übrig.
Nach einer außergewöhnlich milden Periode ab der zweiten
Dezemberhälfte bis in den Januar kommt der höchste Berg Deutschlands
momentan lediglich auf eine Schneehöhe von 155 Zentimeter. Um an
einem 01. Februar solch niedrige Schneehöhen zu sehen, muss man schon
ins Jahr 2007 zurückblicken. Betrachtet man die höchste, am 01.
Februar gemessene Schneehöhe, so stammt diese auf dem Jahr 1981 mit
530 Zentimetern. Die Rekordschneehöhe auf der Zugspitze stammt
hingegen vom 26. April 1980 mit sagenhaften 780 Zentimeter.
Auch wenn man sich in tieferen Lagen umschaut und beispielhaft die
Station Reit im Winkl im Chiemgau herauspickt, so sind die dortigen
15 Zentimeter Schneehöhe derzeit eher schwach. Am 01.02.1963 lagen
dort beispielsweise schon 145 Zentimeter, geht man noch etwas weiter
zurück, so wurden am 10.03.1945 sagenhafte 221 Zentimeter gemessen.
Wie dem auch sei, die Alpenregionen können den Neuschnee auf jeden
Fall gut vertragen.
Die Frage ist eben nur, in welcher Zeit solche Mengen niedergehen und
wo. Da die Neuschneemengen voraussichtlich nur in höheren Berglagen
zusammenkommen, sollten sich die Auswirkungen auf die Infrastruktur
meist in Grenzen halten. Höher gelegene Straßen und Wege können
jedoch stellenweise unpassierbar werden. Aber auch in einigen
Alpentälern ist nicht ganz ausgeschlossen, dass es dort zumindest
vorübergehend auch mal bis in tiefe Lagen schneit. 100 Zentimeter
sind dann aber nicht drin. Wie dem auch sei, für die Hochlagen sind
Mengen bis 100 Zentimeter in 48 Stunden ebenfalls recht selten.
Entsprechend laufen aktuell auch Unwetterwarnungen für die
entsprechenden Höhen. Dazu kann dort ein stürmischer Wind für größere
Schneeverwehungen und Triebschneeansammlungen sorgen, wodurch auch
eine erhöhte Lawinengefahr aufkommen dürfte.
Weitere Infos zur Wetterlage sowie stets aktuelle Warnungen finden
Sie unter www.dwd.de oder in der WarnWetter-App. Schauen Sie doch mal
rein! Denn neben Sturm und Schnee können durchaus auch lokal eng
begrenzt Gewitter, Dauerregen, Frost und Glätte auftreten.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2023
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