Thema des Tages
18-10-2016 14:40
Niedrigwasser im Rhein
Der Rhein gehört zu den bedeutendsten Wasserstraßen Europas. Neben
der Personenschifffahrt sind es vor allem die Millionen Tonnen an
Fracht, die jährlich Fluss auf und ab verschifft werden. Aktuell ist
die Schifffahrt auf dem Rhein aber eingeschränkt, denn der Fluss
führt Niedrigwasser.
Nachdem das Frühjahr und der Frühsommer 2016 im Rheineinzugsgebiet im
Vergleich zum vieljährigen Niederschlagsmittel überdurchschnittlich
nass ausfielen, wurden ab Juli deutliche Niederschlagsdefizite
verzeichnet. Grund dafür waren die oft über einen längeren Zeitraum
anhaltenden Hochdruckwetterlagen über Mitteleuropa. Aufgrund des
niederschlagsarmen Wetters sank der Wasserstand des Rheins in den
letzten Monaten kontinuierlich ab.
So ist beispielsweise der Pegel in Düsseldorf mittlerweile auf einen
Wasserstand von 76 cm gefallen (Stand Dienstagvormittag). Er liegt
somit deutlich unterhalb des mittleren Wasserstandes von 284 cm
(gemittelt über die Jahre von 2000 bis 2010). Ebenfalls groß ist die
Abweichung vom langjährigen Mittelwert am Pegel in Worms. Im Mittel
weist der Wasserstand dort eine Höhe von 210 cm auf, derzeit sind es
gerade mal 50 cm. Dabei sollte noch erwähnt werden, dass der
Pegelstand nicht die gesamte Tiefe eines Gewässers angibt, sondern
für jeden Ort individuell in Relation zu einem Pegel-Nullpunkt
betrachtet wird. Dieser liegt in der Regel knapp unterhalb des
bislang niedrigsten gemessenen Wasserstandes.
Ähnlich niedrig waren die Pegelstände beispielsweise im November
2011, als der Herbst zumindest im Südwesten und Westen ebenfalls zu
trocken ausfiel. Von Rekordwerten sind wir in diesem Jahr aber noch
weit entfernt. Die bislang niedrigsten Wasserstände an den genannten
Stationen wurden Ende September 2003 gemessen. Damals lag der Pegel
in Worms bei 16 cm, in Düsseldorf bei 40 cm.
Nicht unerwähnt sollen an dieser Stelle die anderen Flüsse in
Deutschland bleiben, die neben dem Rhein und einigen seiner
Nebenflüsse ebenfalls vom Niedrigwasser betroffen sind. Dazu gehört
derzeit vor allem die Weser, aber auch an Donau und Ems macht sich
das Niederschlagsdefizit bemerkbar.
Im Vergleich zu einem Hochwasser sind die hervorgerufenen Schäden
eines Niedrigwassers zwar nicht unmittelbar zu erkennen, dennoch sind
die Auswirkungen weitreichend. Die Befahrbarkeit des Rheins ist zwar
noch nahezu überall gegeben, Frachtschiffe sind aber gezwungen, mit
reduzierter Ladung zu fahren. Um die Güterversorgung trotzdem zu
gewährleisten, muss die liegengebliebene Fracht auf weitere Schiffe
oder über andere Transportwege, wie beispielsweise den Bahn- und
Straßenverkehr verteilt werden. Verzögerungen gibt es aufgrund des
aktuell niedrigen Rheinpegels auch beim Bau der neuen Schiersteiner
Rheinbrücke, einem Autobahn-Nadelöhr zwischen Wiesbaden und Mainz.
Solange der Rheinpegel nicht wieder ansteigt, kann ein notwendiges
Brückenteil nicht "eingeschwommen" werden.
Auch wenn Schiffsführer und Bauarbeiter das Niedrigwasser mit Sorge
sehen, gibt es doch auch interessante Aspekte. So gibt der Rhein
immer mehr von seinen Uferbereichen frei, sodass Spaziergänger auf
dem freigegebenen Flussgrund gehen können. Neben Muscheln und
sicherlich dem ein oder anderen unschönen Müll kommen vielleicht auch
versunken geglaubte "Schätze" wieder zum Vorschein.
Damit der Pegel des Rheins wieder ansteigt, bräuchte es nun einiges
an Regen. In den nächsten Tagen bringt dann tatsächlich ein
Tiefdruckgebiet über Mitteleuropa hierzulande wiederholt
Niederschläge. Dabei können im Rheineinzugsgebiet regional zwischen
20 und 40 mm Regen fallen. Am Wochenende lässt die
Niederschlagstätigkeit aber wieder nach. Ob anschließend weitere
Regenfälle zu erwarten sind, ist momentan noch unsicher. Somit ist in
den nächsten Tagen voraussichtlich nur mit einem leichten Anstieg der
Pegel zu rechnen.
Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2016