Thema des Tages
14-01-2023 15:20
Wetter aktuell
Die Sonne machte 2022 Überstunden - Endbilanz
Mit 2024 Sonnenstunden war 2022 das sonnigste Jahr in Deutschland
seit Messbeginn. Im heutigen Thema des Tages ziehen wir ausführlich
Bilanz.
2024,1 Stunden - so lange schien die Sonne im vergangenen Jahr im
deutschlandweiten Flächenmittel. Damit war 2022 in Deutschland das
sonnigste Jahr seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen im Jahre 1951,
also seit mindestens 72 Jahre. Einigermaßen mithalten konnten
lediglich die Jahre 2018 und 2003 mit 2015,4 und 2013,7
Sonnenstunden. Während die "Top 3" also relativ eng beieinander
liegen und jeweils die Marke von 2000 Sonnenstunden überschreiten
konnten, wird der Abstand zu Platz 4 und 5 schon deutlich größer. Das
Jahr 1959 (Platz 4) kam immerhin noch auf 1984 Stunden (40 Stunden
weniger als 2022), 2020 (Platz 5) liegt mit 1896 Stunden aber mit 128
Stunden weit abgeschlagen dahinter. Die Jahre 2003, 2018 und allen
voran 2022 stellen also absolute Ausnahmejahre in Punkto Sonnenschein
dar.
Vergleicht man das Jahr 2022 mit der international gültigen
Referenzperiode 1961 bis 1990 (1544 Sonnenstunden), so machte die
Sonne stolze 480 Überstunden (im Schnitt 1h 19min pro Tag) und lag
damit 31,1% über dem Jahressoll. Übrigens, im bisher sonnenärmsten
Jahr 1977 zeigte sich die Sonne in Deutschland gerade einmal 1362
Stunden am Himmel, was nur etwa 2/3 der Sonnenscheindauer von 2022
entspricht. Damals schien die Sonne also 662 Stunden (1h 49min pro
Tag) weniger. Allerdings gibt es in den letzten Jahrzehnten in
Deutschland einen Trend hin zu mehr Sonnenschein. In der aktuelleren
Referenzperiode 1991 bis 2020 registrierte man nämlich
durchschnittlich 1665 Sonnenstunden, also 120 Stunden bzw. 7,8% mehr
als in der vorherigen 30-jährigen Periode (Abb. 2). Betrachtet man
nur das vergangene Jahrzehnt (2011 bis 2020), dann wird der Trend
noch deutlicher. In dieser 10-Jahres-Periode lachte die Sonne sogar
durchschnittlich 1734 Stunden vom Himmel. Auch der lineare Trend im
Zeitraum von 1951 bis 2022 zeigt eine deutliche Zunahme um 161,9
Stunden (ca. 10%) und im 21. Jahrhundert lagen gerade einmal 4 Jahre
leicht unter dem Mittel. Diese Tendenz ist in fast allen Monaten
erkennbar. Besonders deutlich sticht allerdings der April heraus, der
im Klimamittel signifikant sonniger geworden ist. Dennoch bleibt 2022
im Hinblick auf Sonnenschein ein Ausnahmejahr und liegt 359 Stunden
(21,6%, 59min/Tag) über der Referenzperiode 1991 bis 2020 und 290
Stunden (16,7%, 48min/Tag) über der durchschnittlichen
Sonnenscheindauer der Periode 2011 bis 2020.
Betrachtet man unterschiedliche Regionen in Deutschland (Abb. 3), so
fällt auf, dass die Sonne im Südwesten und Süden (Rheinland-Pfalz,
Saarland, Baden-Württemberg, Bayern) besonders selten von Wolken
verdeckt war. Das sonnigste Bundesland war Baden-Württemberg mit
2176,3 Sonnenstunden (1961-1990: 1607,1 Stunden, 1991-2020: 1738,4
Stunden). Etwas seltener schien die Sonne hingegen im Norden und
Nordwesten (Schleswig-Holstein, Niedersachsen) sowie in Thüringen.
Das "sonnenärmste" Bundesland war Schleswig-Holstein mit 1933,9
Sonnenstunden (1961-1990: 1567,1 Stunden, 1991-2020: 1657,4 Stunden);
2022 war dort nur das viertsonnigste Jahr. Prozentual gesehen ist die
Abweichung zum vieljährigen Mittel der Jahre 1961 bis 1990 im Westen
am größten (+38,7% in Rheinland-Pfalz, +37,8% in Nordrhein-Westfalen)
und im Nordosten am geringsten (+21,0% in Mecklenburg-Vorpommern).
Der sonnigste Ort war Rheinfelden im äußersten Südwesten
Baden-Württembergs mit unglaublichen 2355 Sonnenstunden (im Schnitt
6h 27min pro Tag). Im sonnenärmsten Ort Glücksburg-Meierwik bei
Flensburg schien die Sonne mit 1663 Stunden (5h 33min pro Tag) fast
700 Stunden (ca. 2h/Tag) weniger!
Schauen wir uns zuletzt den Jahresverlauf an. Lediglich der Januar
verzeichnete eine leicht unterdurchschnittliche Sonnenscheinbilanz;
der Oktober und Dezember waren in etwa durchschnittlich. In allen
übrigen Monaten schien die Sonne überdurchschnittlich oft. Ganz
besonders fleißig war die Sonne im März. Stolze 235 Stunden strahlte
sie vom Himmel, länger als in durchschnittlichen Sommermonaten. Die
alten Märzrekorde wurden regelrecht pulverisiert! Auf das
zweitsonnigste Frühjahr folgte der sonnigste (meteorologische) Sommer
seit Messbeginn. Fast 820 Stunden strahlte die Sonne in den Monaten
Juni, Juli und August vom Himmel. Bereits Ende August - und damit so
früh wie noch nie zuvor - wurde das vieljährige Mittel der Jahre 1961
bis 1990 überschritten. Danach wurde es im Kampf um den Thron aber
nochmals spannend. Der September verlief nämlich "nur"
durchschnittlich, sodass die Jahre 2018 und 2003 bis Ende September
das vergangene Jahr doch nochmal überholen konnten. Erst zwei sehr
sonnige Hochdrucklagen Anfang Oktober sowie zwischen dem 25. Oktober
und 15. November stellten die Weichen für den neuen Rekord. Oktober
und November konnten somit das Überstundenkonto weiter füllen. Eine
extrem trübe Periode Ende November bzw. Anfang Dezember schürte
erneut Zweifel, ob es mit dem Rekord klappt. Am 1. Weihnachtstag (25.
Dezember) war es aber schließlich soweit - der alte Rekordhalter 2018
wurde vom Thron gestoßen und bis zum Jahresende konnte 2022 seinen
Vorsprung noch um ein paar Stunden ausbauen.
Wie lange das Jahr 2022 an der Spitze bleibt (2018 konnte den Rekord
gerade einmal 4 Jahre halten) bleibt ebenso abzuwarten wie die Frage,
ob sich der Trend hin zu mehr Sonnenstunden in Deutschland auch in
den kommenden Jahrzehnten fortsetzt.
Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.01.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst