Thema des Tages
08-01-2023 12:20
Wetter aktuell
Ein Januar auf Höhenflug
Der Januar befindet sich im Hinblick auf die Temperatur auf einem
Höhenflug. Ob er diesen fortsetzt oder einen Sinkflug einleitet,
erfahren Sie im heutigen Thema des Tages.
Nach dem rekordverdächtig warmen Jahreswechsel setzte sich das
zeitweise ungewöhnliche milde Wetter in den ersten Tagen des neuen
Jahres mit nur wenigen Abstrichen fort. Der Januar befindet sich im
Hinblick auf die Temperatur auf einem beständigen Höhenflug. Wie die
Abbildung unten zeigt, stabilisierte sich die über alle DWD-Stationen
gemittelte Mitteltemperatur des laufenden Monats bei etwa 8 °C. Zum
Vergleich: Das entspricht einer Temperatur, die man auf Grundlage des
vieljährigen Mittelwertes der Jahre 1991-2020 eher Mitte April
erwarten darf. Der letzte April 2022 beispielsweise schaffte am Ende
nur einen Wert von gut 7,8 °C. Der sagenhafte Wert von fast 12 °C vom
01. Januar entspricht sogar eher den Mittelwerten für Mitte Mai!
Verantwortlich für die ungewöhnlich hohen Temperaturwerte zeichnet
sich eine beständige "zyklonale Westlage", eine von westlichen Winden
und Tiefdruckeinfluss geprägte Großwetterlage. Der Westwind sorgt
dafür, dass milde Meeresluft vom Atlantik nach Mitteleuropa geführt
wird. Böiger Wind und dicke Wolken verhindern zudem, dass sich die
Luft in den noch langen Nächten stärker abkühlen kann.
In den kommenden Tagen bleibt diese Wetterlage weiterhin
vorherrschend, allerdings macht sich hinter ostwärts schwenkenden
Kaltfronten immer häufiger auch mal Meeresluft polaren Ursprungs
bemerkbar. Diese ist von Natur aus kälter, allerdings wirkt die gute
Durchmischung, also rege Umwälzungsprozesse, sowie ein stetiger
Luftmassenaustausch dafür, dass die einfließende Meereskaltluft nicht
"altern" kann. Das bedeutet, ihr bleibt keine Zeit, zur Ruhe zu
kommen und sich weiter abzukühlen. Zudem hat die Luft aufgrund ihres
maritimen Charakters, der eine hohe Luftfeuchtigkeit bedeutet,
ohnehin ein begrenztes Abkühlungspotenzial. Den kurzzeitigen
Polarluftvorstößen zum Trotz bleibt es also insgesamt zu mild für die
Jahreszeit, auch wenn die Abweichungen vom Klimamittel tendenziell
eher etwas zurückgehen.
Es wundert daher nicht, dass die Modelle von einer nur langsamen
Abnahme der Mitteltemperatur ausgehen. In der obigen Abbildung ist
der auf verschiedenen Berechnungen des US-amerikanischen
Wettermodells GFS und des deutschen Wettermodells ICON-EU basierende,
weitere Verlauf der Mitteltemperatur dargestellt. Zum Ende der ersten
Dekade wird eine durchschnittliche Mitteltemperatur von etwa 7,5 °C
modellübereinstimmend berechnet. Damit wird die 1. Januardekade
wahrscheinlich die wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, wie
man der Abbildung unten entnehmen kann. Der bisherige Rekordhalter
des Jahres 2007 wird nochmal deutlich übertroffen. Von eisigen
Mitteltemperaturen von unter -4 °C, die die zehn kältesten 1.
Januardekaden allesamt hervorgebracht haben, ist man meilenweit
entfernt.
Auch in der 2. Januardekade soll die Mitteltemperatur nach
Berechnungen von GFS nur geringfügig weiter zurückgehen. Mit rund 6
°C wäre man aber immer noch auf Rekordkurs. Es bräuchte schon einen
echten Temperatursturzflug in der 3. Dekade, um einem weiteren
Temperaturrekord noch aus dem Weg zu gehen.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.01.2023
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