DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-10-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.10.2016 um 10.30 UTC



Wechselhaft und kühler
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 22.10.2016


Die Mittelfrist über, beginnend am Dienstag den 18.10.2016, ändert sich an dem
sehr stabilen Wellenmuster über dem Nordatlantik und über Europa sehr wenig. Von
Spitzbergen über die Barents- bis zur Karasee dominiert eine positive 500
hPa-Geopotentialanomalie, die sich zum Ende der Mittelfrist noch weiter
verstärkt. Als Gegenpart fungiert eine ausgeprägte quasi-stationäre Rossby-Welle
über dem nordöstlichen Nordatlantik, die sich wiederholt regeneriert und für
eine negative Geopotentialanomalie westlich von Irland sorgt, wobei sich die
Anomalien auf die zeitliche Referenzperiode von 1979 bis 2000 beziehen.
Zusammengefasst bleibt also das sehr stabile Grundmuster mit nur geringen
Verlagerungstendenzen über Europa weiter bestehen. Doch bekanntermaßen steckt
der Teufel im Detail und dieses Mal in Form eines veritablen und kleinräumigen
Tiefdruckgebietes, das nach Deutschland zieht. Erschwert wird die Vorhersage
durch die wiederholte und von der Numerik nur schwer zu erfassende Interaktion
des zum Höhentief gehörenden Bodentiefs.

Am Dienstag ist jedoch von einer Wetterverschlechterung zunächst noch nicht viel
zu spüren. Deutschland liegt in einem sehr gradientarmen Bereich. Über dem
Nordosten und Osten Deutschlands sowie entlang der Nordalpen liegen noch die
Reste einer teilokkludierten Front, die wiederholt etwas Niederschlag in Form
von Schauern oder leichtem Regen bringt. Je nach Intensität der Niederschläge
fällt in den Alpen oberhalb von 2000 bis 2500 m etwas Neuschnee. Im übrigen
Deutschland lockert die Bewölkung zeitweise auf und es überwiegt ein
freundlicher Wettercharakter, bevor sich die Bewölkung im Verlauf des Nachmittag
und Abend von Nordwesten rasch verdichtet. Unter einer zunehmend diffluent
konturierten Höhenströmung vorderseitig des nahenden Tiefdruckgebietes erfassen
die Niederschläge aus heutiger Sicht jedoch nur einen Bereich vom Saarland bis
zur Nordsee, können jedoch konvektiv durchsetzt teils kräftiger ausfallen.
In der Nacht zum Mittwoch erreicht der eigentliche Kaltluftkörper des
Tiefdruckgebietes in 500 hPa den Westen von Deutschland. Die vorderseitig durch
Aufgleiten ausgelösten Niederschläge breiten sich rasch weiter ostwärts aus und
erfassen abgesehen vom Nordosten und der Region südlich der Donau die meisten
Bereiche Deutschlands. Dabei fällt der Niederschlag über dem Westen und
Nordwesten im Zuge rascher Abkühlung in der Höhe zunehmend konvektiv, einzelne
kurze Gewitter können nicht ausgeschlossen werden. Im Alpenvorland sorgen die
Reste der bereits erwähnten Front weiterhin für Regen, auf den obersten
Alpengipfeln auch für etwas Neuschnee. Östlich der Elbe kann sich gebietsweise
Nebel bilden und besonders auf den Kammlagen der Gebirge frischt der Südwestwind
zeitweise stürmisch auf.

Am Mittwoch verlagert sich das Tiefdruckgebiet im Tagesverlauf zunächst weiter
nach Südosten und in der Folge zunehmend nach Ost bis Nordost, da ein kräftiger
Keil mit einem 1030 hPa Bodenhoch über Westrussland zunehmend einen
blockierenden Einfluss auf die Verlagerung des Tiefdruckgebietes ausübt. Von
daher sollte das Tiefdruckzentrum zum Abend über Ostdeutschland liegen, wobei
die kälteste Höhenluft den Süden und Osten erfassen würde. Verbreitet muss in
Deutschland dabei mit sehr wechselhaftem Wetter gerechnet werden. Die stärksten
Niederschläge werden dabei in der Nähe zum Bodentief über dem Osten/Nordosten
von Deutschland erwartet. Auf den Alpen und dem Schwarzwald sinkt mit der
eingeflossenen kälteren maritimen Luftmasse die Schneefallgrenze auf unter 1500
m, wobei die 850 hPa Temperatur in diesen Regionen verbreitet um 0 Grad pendeln.
Die Niederschlagsstärke und inneralpine Talvolumina dürften entscheiden, wie
weit die Schneefallgrenze regional die 1500 Höhenmeter unterschreiten wird. Auf
exponierten Alpengipfeln treten noch Sturmböen aus West auf.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Tiefdruckgebiet kaum von der
Stelle, wobei der Schwerpunkt der Niederschläge über dem Osten und Nordosten zu
finden sein sollte, aber auch entlang der Alpen regnet es staubedingt
wiederholt. Bei 850 hPa Temperaturen um 0 Grad und schwankender
Niederschlagsintensität pendelt die Schneefallgrenze zwischen 1000 und 1500 m.

Auch zum Donnerstag und Freitag ändert sich an dieser eher wechselhaften und
kühlen Wetterlage wenig, da sich das Tiefdruckgebiet über dem Osten und
Nordosten von Deutschland einnisten sollte. Dabei regnet es besonders dort
wiederholt oder es entwickeln sich kräftige Schauer. Dank Temperaturen um 0 Grad
in 850 hPa kann besonders entlang der östlichen Mittelgebirge die
Schneefallgrenze so weit absinken, dass auf den Kammlagen etwas Schnee fallen
könnte. Erneut bestimmt die Intensität der Stauniederschläge, wie tief die
Schneefallgrenze regional absinken wird. Ansonsten dauert das nass-kalte und
sehr wechselhafte Wetter deutschlandweit an, wobei die Schneefallgrenze um 1500
m pendelt.

Erst zum Samstag gibt es bei EZMW Anzeichen, dass sich das Tiefdruckgebiet
teilweise nach Nordosten verlagert und teilweise von Westen in einen neuen Trog
mit eingebunden wird. Die Folge wäre ein Auffächern der Isohypsen, steigendes
Geopotential und zunehmende Warmluftadvektion aus Südwest mit 850 hPa
Temperaturen von über +5 Grad über dem Südwesten. Besonders nach Südwesten würde
die Wolkendecke wiederholt auflockern, während sie über dem Nordosten meist
dicht bleiben würde. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass sie
Unsicherheiten bei dieser Wetterlage zu diesem Zeitraum noch besonders groß
sind.

Die Höchstwerte gehen insgesamt zurück auf Werte um 10 Grad und nachts muss
gebietsweise mit Frost in Bodennähe, im Bergland gebietsweise mit leichtem
Luftfrost gerechnet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Beim Vergleich der letzten EZMW-Läufe fällt auf, dass die grobe synoptische
Entwicklung relativ gut erfasst wird. Ein kräftiges Tiefdruckgebiet soll in der
Nacht zum Mittwoch auf Deutschland übergreifen und die gesamte Mittelfrist über
das Wetter in Deutschland beeinflussen.
Zwar wird das Zentrum des in höheren Schichten sehr gut ausgeprägten
Tiefdruckgebietes bis Samstag recht konsistent hinsichtlich der zeitlichen und
räumlichen Verlagerung berechnet, doch deuten sich von Beginn an große
Unsicherheiten in der Geometrie des Wirbels an. Diese Unsicherheiten setzen sich
auch bis zum Bodenniveau mit Blick auf das begleitende Bodentief fort.

Diese Differenzen haben sehr große Auswirkungen auf die Frage der Verteilung der
Niederschläge und in welchen Regionen wann die größten Niederschlagsmengen
erwartet werden können. Von daher lässt sich zwar mit großer Sicherheit sagen,
dass ein nass-kühler Witterungsabschnitt bevorsteht, jedoch nicht, wo die
Niederschläge letztendlich am stärksten ausfallen werden. Dies hat auch
Auswirkungen auf die prognostizierte Lage der Schneefallgrenze, die bei
günstigem Zusammenspiel von höhenkalter Luft, hoher Niederschlagsintensität und
günstiger Tageszeit temporär und regional auf 1000m absinken kann.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Hier kann auf den vorherigen Abschnitt verwiesen werden, da sich dasselbe
Problem beim Abgleich diverser Globalmodelle zeigt. Vom Gesamtablauf haben die
Modelle eine recht einheitliche Richtung und bringen das Tiefdruckgebiet nach
Deutschland, wo sie es mehr oder weniger bis zum Ende der Mittelfrist belassen.
Von daher kann auch hier von einer kühlen und wechselhaften Witterung
ausgegangen werden. Der einzige Unterschied ist, dass GFS das Tief zum Ende der
Woche tendenziell südöstlicher sieht als ICON und EZMW. Entscheidend ist auch
hier die genaue Geometrie des Druckfeldes, die über die genaue Verteilung und
Dauer der Niederschläge entscheidet. Da sich in diesem Bereich von Beginn an
Unterschiede zeigen, können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genaueren
Spezifikationen des Wetterablaufs vorgenommen werden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Dass wir es mit einer sehr stabilen Wetterlage zu tun haben zeigt sich
eindrucksvoll in den Clustern vom EZMW. Die gesamte Mittelfrist über wird nur 1
Cluster (klimatologisches Regime "blocking")angeboten. Der Cluster zeigt eine
immer mächtiger werdende positive Geopotentialanomalie über Nordeuropa mit
tiefem Druck über dem Nordostatlantik. Alle Member deuten zudem die Verlagerung
des bereits besprochenen Tiefdruckgebietes nach Deutschland mit einer die
Mittelfrist umspannenden Verweildauer an.

Die Rauchfahnen zeigen deutschlandweit ebenfalls ein recht einheitliches Bild.
Die 850 hPa Fahne zeigt eng gebündelt einen leichten Abwärtstrend während sich
die Form der Memberschar im 500 hPa Geopotentialfeld zwischen Hamburg, Leipzig,
Frankfurt und München geringfügig hinsichtlich der jeweiligen Passage der
höhenkältesten Luft (verbunden mit der geringsten Schichtdicke) unterscheidet.
Aber auch hier ist der insgesamt tiefdrucklastige Wettercharakter zu erkennen.
Überall gehen die Höchstwerte von anfänglich milden 15 Grad sukzessive auf um 10
Grad zurück und wiederholt werden Niederschläge angezeigt, die temporär auch
kräftiger ausfallen können.

Die ENS von GFS zeigen insgesamt eine sehr ähnliche Entwicklung, bringen das zum
Ende der Woche nur noch in der Höhe ausgebildete, dann klassische, Höhentief
etwas südöstlicher und lassen das Zentrum über dem Alpenraum und Tschechien zum
Liegen kommen. EZMW ist da mit einer Lage über Dänemark bis Polen deutlich
nördlicher angesiedelt. Aber für Deutschland würde auch die Lösung von GFS zu
diesem Zeitpunkt ebenfalls einen eher wechselhaften Wetterabschnitt bedeuten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI weist bei der Temperaturvorhersage keine größeren Ausschläge auf, deutet
jedoch einen insgesamt geringfügig zu kalten Wetterabschnitt an. Bei den
Niederschlägen erscheinen zeitweise leicht erhöhte Werte über der Mitte
Deutschlands, was wohl in Verbindung mit Stauniederschlägen gebracht werden
kann. Das würde besonders den Mittwoch betreffen. Bei den Windgeschwindigkeiten
sind ebenfalls keine größeren "Ausschläge" zu erkennen.
Zusammengefasst deutet sich zwar eine wechselhafte, jedoch keine auffällige
Wetterlage hinsichtlich Starkniederschlägen oder Sturm an.

EZMW-EPS werden zum Mittwoch auf exponierten Gipfellagen im Südwesten
Deutschlands geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen aus West bis Südwest
vorhergesagt. Bei COSMO-LEPS und EZMW-EPS deuten sich ab Mittwoch wiederholt mit
geringen Wahrscheinlichkeiten an, dass im Stau der Alpen und der Mittelgebirge
ggf. mehr als 30 l/qm in 24 Stunden fallen können, doch bei Wahrscheinlichkeiten
von unter 10 % und den bereits angesprochenen Unsicherheiten der Geometrie des
Tiefdruckgebietes können vorerst noch keine detaillierteren Abschätzungen
getroffen werden.
Einzig der Zeitraum von Mittwoch 00 UTC bis Donnerstag 00 UTC [COSMO-LEPS]
deutet im Weststau des Schwarzwaldes und im Nordstau der Alpen mit 10-20% etwas
höhere Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm Niederschlag in 24 Stunden an.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, MOSMIX, EZMW
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy