Thema des Tages
07-12-2022 13:20
Wetter aktuell
Die Wetterküche stellt auf Winter um!
Sinkende Temperaturen für alle, Schnee häufig nur in begrenzter
Menge.
Seit Dezember versucht der Winter zumindest regional Fuß zu fassen.
Gebietsweise gab es eine Scheebreitseite, während anderorts die Luft
noch zu warm für ein weißes Kleid war. Bei der Frage ob sich eine
Schneedecke ausbildet bzw. gefrierender Nässe oder gefrierendem
Regen/Sprühregen auftritt, spielen auch die Prozesse im Boden eine
wichtige Rolle.
Derzeit wird das Wetter in weiten Teilen Europas von den mächtigen
Hochdruckgebieten ILJA über Russland sowie jenem über Grönland
geprägt, welche die Tiefs ANNIKA und ZORA über Nordeuropa und dem
östlichen Mitteleuropa in die Zange nehmen.
Deutschland liegt dabei zwischen dem Grönlandhoch, welches wie eine
Zunge bis zu den Alpen reicht, und der Tiefdruckzone um das Tief ZORA
über dem Baltikum herum in einer nordwestlichen Strömung. Mit dieser
wird Polarluft aus den Regionen nördlich von Spitzbergen über die
Nordsee nach Deutschland transportiert. Da die Nordsee noch über
recht hohe Temperaturen verfügt, kann sich die Polarluft zwar
erwärmen, kommt aber dennoch auf einem frühwinterlichen Niveau an.
Vor allem die hochreichenden Tiefs über Skandinavien wirbeln auch in
größeren Höhen richtig kalte Luft südwärts, sodass diese im Norden
labilisiert.
Neben Schauern sind vor allem im Küstenumfeld somit sogar kurze
Wintergewitter möglich. Bei der Intensität und Dauer der Regen-,
Schneeregen oder Schneeschauern hat auch die Orografie ein Wörtchen
mitzureden. Wenn die nordwestlichen Winde auf die Berge treffen und
gezwungenermaßen aufsteigen müssen, werden bestehende Schauer
verstärkt oder auch neue Niederschläge ausgelöst.
Das beschriebe Schauerwetter ist am heutigen Mittwoch sowie am
morgigen Donnerstag vor allem im Norden und der Mitte vorzufinden.
Der Süden profitiert teilweise noch von der Hochdruckzunge, die sich
in Südwest- und Süddeutschland bemerkbar macht. Doch die
Wetterverteilung ändert sich zum Wochenende nachhaltig!
Denn noch wirbelt das kräftige Tief BIRGIT westlich der Iberischen
Halbinsel, weit entfernt von der mitteleuropäischen Wetterküche. Doch
in den nächsten Tagen nimmt BIRGIT Fahrt auf und zieht am Freitag
über die Iberische Halbinsel hinweg, befindet sich am Samstag schon
über Mittelitalien und der Adria, um am Sonntag schließlich über
Rumänien und der Westukraine Zwischenhalt zu machen.
Aufgrund der Zugbahn von BIRGIT bleibt Deutschland komplett auf der
kalten Nordseite. Weitere kleinräumige Tiefs über Mittel- und
Nordwesteuropa schieben sogar kältere Luft ins Land. Direkt im
Einflussbereich von BIRGIT gelangen derzeit zunächst nur die Regionen
etwa südlich der Donau, wo Aufgleitniederschläge zu verzeichnen sind.
Diese fallen dabei überwiegend als Schnee und nur zeitweise in tiefen
Lagen als Schneeregen oder Regen. Erst am Sonntag nimmt auch im
restlichen Land vor allem durch Prozesse in größeren Höhen die
Niederschlagsneigung in Form von Schneeschauern zu.
Deutschland liegt dann auf der Westflanke des Tiefs in einer
nördlichen bis nordöstlichen Strömung, sodass noch kältere Luft
Einzug hält. Einhergehend werden landesweit nur noch
Höchsttemperaturen um 0 Grad, vielerorts auch Dauerfrost erwartet.
Auch zur neuen Woche stehen die Zeichen derzeit auf unbeständiges, zu
Schneeschauern neigendes Winterwetter.
Aufgrund der anhaltenden kalten Tage, teils mit Dauerfrost werden
auch die oberen Bodenschichten langsam runtergekühlt. Genau die sind
eingangs des Winters meist noch recht hoch und verhindern eine
anhaltende Schneedecke bzw. das Auftreten von Reif, gefrierender
Nässe oder auch gefrierenden leichten Niederschlägen. Dieser
sogenannte Bodenwärmestrom fördert die warmen Bodentemperaturen zur
Bodenoberfläche und schmilzt den Schnee von unten weg bzw. verhindert
durch positive Bodentemperaturen die Bildung von Reif oder
gefrierender Nässe. Doch was ist dieser Bodenwärmestrom überhaupt?
Der Bodenwärmestrom beschreibt den Wärmetransport im Erdboden, der
durch ein Temperaturgefälle zwischen dem oberflächennahen Untergrund
und tieferen Bodenschichten hervorgerufen wird. Hauptsächlich führen
die durch den Tagesgang der solaren Einstrahlung bedingten
Temperaturveränderungen in der oberen Bodenschicht zu größeren
Temperaturunterschieden und somit zu einem resultierenden
Wärmeausgleichsstrom. Aber auch länger anhaltende Hitze- oder
Kältewellen beeinflussen den Bodenwärmestrom nachhaltig. Bei langen
Frostperioden sitzt der Frost teilweise tief im Boden, sodass selbst
bei einer Milderung der Luft und der oberen Bodenschichten aus der
Tiefe weiter eine kühlende Komponente wirkt. Genauso kann ein sehr
warmer Herbst die Bildung von Schneedecken oder Reif bzw. gefrierende
Nässe ausbremsen.
In diesem Jahr hatten wir genau diese Verhältnisse mit einem
überdurchschnittlich milden Oktober und November. Ende November
zeigten die Temperaturen 20 cm im Boden noch verbreitet 4 bis 10
Grad. Dies hatte zur Folge, dass eine Schneedecke meist nur von
kurzer Dauer war und die Reifproduktion in den Nächten nicht wirklich
in Gang gesetzt wurde. Auch die gefrierende Nässe war zu Beginn des
Monats meist noch ein örtliches Phänomen und überwiegend im Bergland
zu finden. Schauen wir am heutigen Mittwoch auf die Bodenwerte in 20
cm, so liegen diese nun zwischen 1 und 6 Grad, 5 cm im Boden werden
sogar nur noch 0 bis 4 Grad gezeigt. Die deutliche Abkühlung der
oberen Bodenschichten hebt das Potential winterliche Phänomene wie
Schneedecke, Reif und gefrierende Nässe. Mit Blick auf die
anstehenden Temperaturen wird der Boden noch weiter ausgekühlt.
Im Gesamtkontext der Energiebilanz der Erdoberfläche ist der
Bodenwärmestrom daher ein wesentlicher Bestandteil. Zusammen mit dem
latenten und fühlbaren Wärmestrom der Luft kann die
Gesamtstrahlungsbilanz aus kurzwelliger solarer und langwelliger
terrestrischer Strahlung an der Erdoberfläche erklärt werden. Die
solare Strahlungsenergie, die vom Erdboden absorbiert wird, wirkt
sich jedoch je nach Bodenbeschaffenheit sehr unterschiedlich auf die
Bodentemperatur aus. In fester Erde erfolgt der Wärmetransport im
Boden nur durch die sogenannte Wärmeleitung. Wärme fließt dabei gemäß
dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik immer nur in Richtung
geringerer Temperatur. Ein Maß für die Wärmeleitung, also den
Bodenwärmestrom, ist die Wärmeleitfähigkeit, die wiederum vom
Substrat, der Lagerungsdichte, dem Wassergehalt und anderen
Parametern abhängig ist. Mit steigender Lagerungsdichte und
steigendem Wasseranteil nimmt die Wärmeleitfähigkeit des Bodens zu.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst