Thema des Tages

13-10-2016 14:40

Monsundepression in Bengalen

Monsune sind großräumige, mit beständigen Winden einhergehende
Luftströmungen in den Tropen und niederen Subtropen mit
halbjährlichem Richtungswechsel. Ihre Ursache sind die
unterschiedliche Erwärmung von Meer und Land sowie die damit
zusammenhängende, jahreszeitliche Verlagerung der innertropischen
Konvergenzzone (ITCZ), einem durch Erwärmung der bodennahen
Luftschichten und Konvektion verursachten, weltumspannenden
Tiefdruckgürtel. In Süd- und Südostasien, aber auch in Westafrika,
findet man klimaprägende regionale Monsune, unter denen der "indische
Monsun" der gewaltigste ist. Im Gegensatz zu den anderen
Monsunsystemen, die man vor allem als großräumige Land- und
Seewind-Zirkulation auffassen kann, spielen beim indischen Monsun
auch dynamische Prozesse in der mittleren und höheren Troposphäre
eine wichtige Rolle, deren Ursache die besondere Lage des indischen
Subkontinents und seine nordöstliche Begrenzung durch den Himalaya
und das sich anschließende Hochland von Tibet sind.

Der Oktober ist der letzte Monat des indischen Sommermonsuns in
Bengalen. Wie zu dieser Jahreszeit durchaus noch üblich, verursachte
ein Monsuntief in der Region seit Tagen sintflutartige Regenfälle,
die z. T noch andauern. Dabei fielen verbreitet Regenmengen von
mehreren zehn Litern, häufig sogar mehr als einhundert Liter pro
Quadratmeter innerhalb eines Tages. Spitzenreiter in der
Niederschlagsstatistik am vergangenen Montag, den 10.10.2016, 12:00
UTC, war die Station Rangamati (Bangladesch; 22°38'N; 92°12'E; 63 m
Höhe) mit unvorstellbaren 446 L/m² innerhalb von 24 Stunden.
Ebenfalls in 24 Stunden bis Mittwoch, den 12.10.2016, 00:00 UTC,
fielen in Hatiya (Bangladesch, 22°22'N; 91°7,5'E; 2 m Höhe) noch
einmal 403 L/m². Obwohl man in Bengalen auch gegen Ende des
Sommermonsuns noch an hohe Regenmengen gewöhnt ist, stellen die eben
zitierten Werte fast das Dreifache der im langjährigen Mittel im
Oktober zu erwartenden Niederschlagsmenge dar, die beispielsweise in
Rangamati 152 L/m² beträgt (mittlerer Jahresniederschlag dort 2549
L/m²).

Die unten stehende Karte zeigt den nördlichen Teil des Golfes von
Bengalen und seine Anrainer. Eingetragen sind die im letztgenannten
Zeitraum hauptsächlich in Bangladesch registrierten
Niederschlagsmengen in ganzen Litern pro Quadratmeter (Maßeinheiten:
[L/m²] = [mm]). Außerdem finden Sie in der Karte die vom gestrigen
00:00-UTC-Lauf des Vorhersagemodells ICON des Deutschen
Wetterdienstes berechnete Analyse der geopotentiellen Höhe der
500-hPa-Hauptdruckfläche, die die mittlere Troposphäre repräsentiert
(rote Linie mit der Maßzahl 584). Gemessen wird diese Größe in
"geopotentiellen Dekametern", einer Maßeinheit für die spezifische
potentielle Energie der Luftmasse (Einheitenzeichen [gpdam]).
Weiterhin sind die von Wetterstationen am Boden beobachteten und auf
Meeresniveau reduzierten Luftdruckwerte in [hPa] als schwarze Linien
eingetragen (Isobaren).

Im Bodenniveau findet man über dem Staatsgebiet von Bangladesch ein -
im Vergleich zu den tropischen Wirbelstürmen sowie unseren
außertropischen Zyklonen - "flaches" Tiefdruckgebiet mit drei Kernen
von jeweils 1003 hPa. Es entstand an der "Vorderseite" eines
ebenfalls eher flachen "Höhentroges", der sich durch das allmähliche,
südwärts gerichtete Vordringen etwas kühlerer Luft aus dem Inneren
Asiens formte und dessen westliche Achse man etwa über dem zu Indien
gehörenden Westbengalen verorten kann. Unter einem Höhentrog versteht
man eine äquatorwärts weisende, zyklonale Ausformung der Isohypsen
des Geopotentialfeldes in der mittleren Troposphäre - man beachte auf
der Karte die rote Linie mit 584 gpdam.

Ohne an dieser Stelle ins Detail gehen zu wollen, sei daran erinnert,
dass die Entstehung und Verlagerung der Hoch- und Tiefdruckgebilde am
Boden bisweilen auch in den äußeren Tropen bzw. inneren Subtropen
durch die "Höhenströmung" in der mittleren und höheren Troposphäre
gesteuert wird. An der Ostflanke des Bodentiefs wird feuchte Luft aus
dem Golf von Bengalen (Wassertemperaturen dort knapp 30 °C) in die
Zirkulation einbezogen, was generell häufiger vorkommt und immer
wieder zu extremen Niederschlagsmengen in der Region führt.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.10.2016

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