Thema des Tages
09-11-2022 15:20
Wetter aktuell
Später Tropensturm "Nicole" bedroht die Ostküste der USA
Aktuell befindet sich der tropische Sturm "Nicole" im Bereich der
nördlichen Bahamas und nimmt Kurs auf Florida. Was auf die Bewohner
der US-Ostküste zukommt und was "Nicole" so besonders macht, lesen
Sie im heutigen Thema des Tages.
Bereits am vergangenen Freitag, dem 4. November, kam es im Bereich
des nördlichen Karibischen Meeres und dem mittleren Westatlantik zu
einer Tiefdruckentwicklung (in Fachkreisen auch Zyklogenese genannt),
die vom "National Hurricane Center" (kurz: NHC) der USA aufmerksam
verfolgt wurde. Am Folgetag, dem 5. November; entwickelten sich dann
knapp nördlich von Puerto Rico verstärkt Schauer und Gewitter, die
jedoch nicht allzu organisiert daherkamen. Allerdings sollte ein
feuchter Zustrom aus der Karibik und das noch sehr warme
Oberflächenwasser für eine zunehmende Organisation des Systems
sorgen. Die Entwicklung verstärkte sich und so wurde das System am
Montag, dem 7. November, schließlich als subtropischer Sturm "Nicole"
getauft. Da sich die Konvektion am gestrigen Dienstag insbesondere im
Kernbereich von "Nicole" noch einmal verstärkte und das System
tropische Züge aufwies, wurde es als "tropischer Sturm" eingestuft.
Aktuell (Stand: 9. November, 14 Uhr) liegt der Kern von "Nicole" im
Bereich der nördlichen Bahamas, für die bereits eine Hurrikan-Warnung
ausgegeben wurde. Diese gilt auch für nahezu die gesamte Ostküste
Floridas, denn "Nicole" bewegt sich westwärts und soll Florida
voraussichtlich in den Frühstunden des Donnerstags als Wirbelsturm
der Kategorie 1 (nach der Saffir-Simpson-Skala) erreichen. Der
Landgang erfolgt den Wettermodellen zufolge knapp nördlich von West
Palm Beach.
Bereits in diesen Stunden ziehen die ersten Schauer im Südwesten
Floridas auf, in den Küstenregionen legt der Wind bereits zu. Im
Laufe der kommenden Nacht verstärken sich die Wettererscheinungen
weiter. Dann muss zunehmend mit Böen bis Orkanstärke gerechnet
werden. Der starke Wind "drückt" auch die Wassermassen an der
Meeresoberfläche in Richtung Florida, weswegen eine Sturmflut möglich
ist. Zudem werden die hohen Wellen noch durch die aktuelle Mondphase
unterstützt bzw. erhöht. Auch was sintflutartige Regenfälle angeht,
hat "Nicole" einiges im Gepäck. In Florida werden recht verbreitet
Niederschläge von 50 bis 100 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden von
den Wettermodellen simuliert, lokal können diese auch noch deutlich
höher ausfallen. Zwar wird sich "Nicole" nicht ganz so schnell und
heftig entwickeln wie Hurrikan "Ian", der Ende September in Florida
für erhebliche Schäden sorgte. Dennoch sollten die Auswirkungen wie
Überschwemmungen und Sturmschäden nicht unterschätzt werden,
insbesondere in den auch von "Ian" getroffenen Regionen.
Aber nicht nur der US-Staat Florida bekommt "Nicole" zu spüren. Über
Florida schwächt sich der Wirbelsturm am Donnerstag zwar etwas ab und
wird "nur" noch als "tropischer Sturm" geführt, dreht aber nach
Norden hin ab und wird am Freitag als "tropische Depression" über
Georgia hinweg bis nach Virginia ziehen. Dabei werden weitere heftige
Starkregenfälle und Sturmböen erwartet. In der Nacht zum Samstag
erreicht das System dann unter weiterer Abschwächung voraussichtlich
auch die Ostküste Kanadas.
Was macht "Nicole" nun aber so besonders? Mit der Entwicklung von
"Nicole" bildeten sich in diesem November gleich drei Hurrikans im
Atlantik, was zuvor nur im Jahr 2001 der Fall war. Sollten die
Vorhersagen recht behalten und "Nicole" als Hurrikan auf Florida
treffen, wäre es der zweitspäteste Hurrikan, der die kontinentale USA
trifft. Lediglich Hurrikan "Kate" war als Kategorie-2-Wirbelsturm im
22. November 1985 etwas später dran, als dieser im nordwestlichen
Florida (dem sogenannten "Florida Panhandle") auf Land traf. An der
Ostküste Floridas wäre "Nicole" sogar der späteste jemals
registrierte Wirbelsturm, der dort auf Land traf.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.11.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst