DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-11-2022 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.11.2022 um 10.30 UTC



Zunächst wechselhaft, im Norden und im Bergland teils stürmisch. Ab Wochenbeginn
Übergang zu ruhigem Herbstwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 08.11.2022


Am Freitag gelangt Deutschland in den Bereich eines in mehreren Schritten nach
Süden austropfenden Troges. Dieser Austropfprozess induziert südlich der Alpen
eine Zyklogenese (mit ergiebigen Dauerniederschlägen). Eine etwas schwächere
Tiefentwicklung zeichnet sich über dem Norden Deutschlands ab, wobei Details
noch unsicher sind. An der West- und Südflanke des Tiefs sind zeitweise
Niederschläge zu erwarten, die am Alpenrand staubedingt länger andauern können;
Dauerregen ist dort nicht auszuschließen. Zudem frischt in diesen Gebieten der
Wind auf, im westlichen und süddeutschen Bergland und zum Teil auch an der
Nordseeküste sind Sturmböen möglich. Wahrscheinlich bleibt es nur im Nordosten
noch weitgehend niederschlagsfrei.
Stromaufwärts und noch westlich von Island erfolgt eine massive Austrogung,
wodurch eine heftige Zyklogenese initiiert wird. Das resultierende Tief weist
einen warmen Kern(!) und einen Kerndruck unter 945 hPa auf. Diese Entwicklung
entzieht den über Mitteleuropa ablaufenden Prozessen Energie, so dass der
Entwicklung des über Norddeutschland liegenden Bodentiefs Grenzen gesetzt sind.
Bereits in der Nacht zum Dienstag beginnt sich daher dieses Tief abzuschwächen.
Übrig bleibt ein markanter Bodentrog, der über die Mitte Deutschlands hinweg
ostwärts schwenkt. In den zentralen und anfangs auch in den westlichen
Mittelgebirgen sind daher Sturm- und exponiert auch schwere Sturmböen
vorstellbar, zudem zeichnet sich in einigen Staulagen Dauerregen ab.
Am Samstag setzt Zwischenhocheinfluss ein. Die Niederschläge ziehen nach
Nordosten ab, mit geringer Wahrscheinlichkeit können auf exponierten Gipfeln der
nördlichen Mittelgebirge sowie an der Ostsee noch stürmische Böen auftreten. In
der Nacht zum Sonntag hält sich ein Hochkeil, der von einem Hoch über
Südwestrussland ausgehend über Mitteleuropa hinweg zu den Pyrenäen gerichtet
ist. Bei geringen Luftdruckgegensätzen entsteht im Süden und in der Mitte
vielfach dichter Nebel, der sich am Sonntag nur sehr zögernd auflöst und teils
ganztägig hält.
Am Sonntag stellt sich an der Vorderseite der weiter oben beschriebenen
Austrogung eine südwestliche Strömung ein. Mit dieser wird ein Kurzwellentrog in
die Nordsee gesteuert, vorderseitig greifen geringe Niederschläge zum Abend hin
auf den äußersten Nordwesten Deutschlands über. Ansonsten hält sich noch
Hochdruckeinfluss. Dieser Trog überquert am Montag weitgehend das
Vorhersagegebiet, wodurch dann auch im Nordosten leichte Niederschläge aufkommen
können. Nach Süden hin macht sich die Trogpassage nur in Form von Wolkenfeldern
bemerkbar; dort bleibt antizyklonaler Einfluss bestehen.
Am Dienstag erfolgt über dem westlichen Nordatlantik eine erneute Austrogung.
Der bisherige Trog nähert sich Irland. Stromab und somit über Mitteleuropa wölbt
sich ein Rücken auf, wodurch die Hochdruckrandlage konserviert wird.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum bleibt die Hochdruckrandlage
bestehen. Ein vom westlichen Mittelmeer bis nach Lappland reichender Keil hält
frontale Prozesse von Mitteleuropa fern. Bei geringen Luftdruckgegensätzen hält
sich teils ganztägig Nebel oder Hochnebel. Oberhalb der Grundschicht erfolgt ein
Temperaturanstieg, so dass sich eine typisch herbstliche Inversionslage ergibt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits am Freitag ergeben sich Unterschiede zu weiter zurückliegenden
Modellläufen. Der gestrige 00 UTC-Lauf hatte das sich nach Norddeutschland
verlagernde Tief wesentlich kräftiger simuliert, was eine hohe
Wahrscheinlichkeit für Sturm- und schwere Sturmböen in den westlichen und
nördlichen Mittelgebirgen zur Folge hätte. Demnach wäre auch der am Samstag nach
Osten herausschwenkende Bodentrog noch mehr in den Prognosen zu berücksichtigen.

Der am Sonntag auf die Nordsee übergreifende Trog wurde vom gestrigen 00
UTC-Lauf kräftiger erwartet, was ein Übergreifen von Niederschlägen auf weite
Teile Deutschlands ergeben würde und wonach auch der Montag noch sehr zyklonal
geprägt wäre. Der 12 UTC-Lauf des Vortages hatte anstelle der Tröge einen Rücken
im Programm.
Am Dienstag zeigen der aktuelle wie auch der 12 UTC-Lauf des Vortages ein
ähnliches Bild. Vom gestrigen 00 UTC-Lauf wurde die Achse des Keils etwa 1000 km
weiter westlich positioniert, wodurch im Nordosten Deutschlands der zyklonale
Einfluss andauern würde.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wurde die Zyklogenese, die der
gestrige 00 UTC-Lauf über der Nordsee im Programm hatte, von den nachfolgenden
Modellrechnungen nicht mehr gesehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bereits am Freitag ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den
verfügbaren Modellen. Hinsichtlich der Lage und Intensität des sich über der
Nordsee entwickelnden Tiefs bestehen Positionsunterschiede bis 500 km und
Intensität um teils mehr als 10 hPa, so dass die Aussagen hinsichtlich
Niederschlag und Windentwicklung von Unsicherheiten behaftet sind. EZMW zeigt
die schwächste, UK10 die intensivste Entwicklung. Diese Unterschiede setzen sich
bei der Passage des Bodentroges am Samstag fort, wobei dann ICON und EZMW diese
Entwicklung am ausgeprägtesten zeigen.
Der am Sonntag in der südwestlichen Strömung nachfolgende Trog, der nur den
Nordwesten Deutschlands streifen soll, wird von UK10 im Gegensatz zu den anderen
Modellen weit ins Binnenland ausgreifend gezeigt, was die Unterschiede bzgl. der
Niederschlagsprognosen erklärt.
Ab Wochenbeginn ergibt sich nach allen Modellen ein Übergang zu einer ruhigen
Herbstlage, die nach UK10 anfangs im Nordosten noch zyklonal geprägt ist. Im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird die oben beschriebene
Version von GFS gestützt. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes lässt über
den Rücken hinweg einen Trog und somit Niederschläge auf Deutschland
übergreifen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit für eine derartige
Entwicklung gering.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt die oben beschrieben Entwicklung und zeigt eindeutige
Signale für eine positive Druck- und Geopotentialanomalie bis weit in den
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hinein. Der Spread ist zwar sehr
ausgeprägt, aber es zeigt sich gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen
eine Tendenz zu einer Reduktion der Niederschlagssignale und zu einem höheren
Temperaturniveau (850 hPa) sowie höherem Geopotential. Eine Andauer des ruhigen
Herbstwetters bis weit in die Monatsmitte hinein wäre demnach nicht
auszuschließen.
Das EPS des EZMW zeigt ein ähnliches Bild. Niederschlagssignale lassen sich am
ehesten in Nordseenähe finden. Die Ensemblemember werden in drei Cluster
eingruppiert, die durchweg eine südwestliche Strömung mit hohem Geopotential
über Mittel- und Osteuropa zeigen. Unsicherheiten bestehen noch hinsichtlich der
Tiefentwicklung zu Beginn des Vorhersagezeitraumes. Aber auch das EPS zeigt
keine Indizien für eine heftigere Entwicklung. Markant zu bewarnende Böen sind
demnach auf den Nordseeküstenbereich sowie Hochlagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge beschränkt. Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt
bis in die Novembermitte hinein eine erdrückende Dominanz antizyklonaler West-
bis Südlagen.
Ein Wintereinbruch ist weder beim EPS des GFS noch beim EPS des EZMW in Sicht.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag fällt am Alpenrand längere Zeit Regen, wobei mit geringer
Wahrscheinlichkeit Dauerregen um 30 l/qm innerhalb von 12 Stunden auftreten
können. An der Nordsee gibt es sehr wahrscheinlich Sturmböen Bft 9, über der
offenen See auch schwere Sturmböen Bft 10. Im westlichen Bergland sind ebenfalls
stürmische Böen Bft 8 nicht auszuschließen.

Am Samstag können an Nord- und Ostsee sowie in den Gipfellagen der nördlichen
Mittelgebirge mit abnehmender Wahrscheinlichkeit noch stürmische Böen (Bft 8),
auf dem Brocken Sturmböen Bft 9, auftreten. Ab Sonntag erfolgt ein Übergang zu
ruhigem Herbstwetter ohne markante Wettergefahren. Lediglich am Sonntag sind an
der Nordsee noch einzelne stürmische Böen Bft 8 möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS + EPS (EZMW) + EPS (GFS)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann