Thema des Tages

08-10-2016 14:40

Eine Woche Ostseesturm, fast eine Nachlese

Schon vorletzten Freitag wurden die Ostseeurlauber darauf hingewiesen
unbedingt warme Kleidung mitzunehmen, da ihnen ab Montagmittag
tüchtig Wind um die Nase wehen würde. Durch den Abkühlungseffekt des
Windes (Verdunstungskälte auf der Haut) empfindet man Temperaturen
deutlich kühler als bei windstillem Wetter. Bei ungeschützter Haut
fühlt sich die Luft bei kräftigem Mittelwind schnell 5-10 Grad kühler
an.

Was war die Ursache dieses Sturms?
Nicht, wie so oft irgendein Sturmtief über dem Atlantik, bei dem das
Barometer auf "stürmisch" steht, sondern das kräftige Hoch "Peter",
welches mit Druckwerten von 1023 bis 1040hPa an der deutschen Ostsee
die Barometer zu einer Anzeige von schön bzw. trocken zwang.
Ganz allein schafft "Peter" das natürlich nicht. Um einen engen, den
Wind erzeugenden Abstand der Isobaren zu erhalten, braucht es auch
einen Gegenspieler, in diesem Fall eine Gegenspielerin, nämlich
"Zofia". Sie war an der Luftmassengrenze von "Walpurga" entstanden,
die vor etwa zwei Wochen unser Wetter beeinflusste.
Bei einem Abstand von ca. 1200 km lag "Zofias" Kerndruck zeitweise
unter eher unspektakulären 1010hPa. "Peter" dagegen erreichte
gleichzeitig einen Kerndruck von über 1050 hPa. Ein so hoher Wert,
der manches Barometer an die Messgrenze gebracht hätte.

Wie gestaltete sich der Ablauf?
Die ersten stürmischen Böen (Bft8) wurden Montagmittag gemeldet, als
sich "Peter" noch entwickelte. Dienstag erschienen die ersten Sturm-
und schweren Sturmböen auf der Wetterkarte. Bis Donnerstagmittag
traten diese Windstärken besonders an der polnischen Ostseeküste auf.
Sogar stundenlanger Mittelwind der Stärke 9 (ca. 75 km/h) wehte an
der besonders windanfälligen Station in Stolpmünde (Ustka). Im
Gegensatz zu Deutschland erreichten die Böen dort auch im Binnenland
wiederholt Stärke 8, bei der die Versicherte die Schäden beglichen
bekommen. Auf den der Ostsee zugewandten Bergen(Riesengebirge, hohe
Tatra) wurden wiederholt Windstärke 12 gemessen. Ob aber die u.a.
gemeldeten 266 km/h von der in Tschechien an der Grenze zu Polen
liegenden Schneekoppe (1604mNN) im Riesengebirge wirklich erreicht
wurden, das müssen unsere Kollegen verifizieren.
Während in Polen schon seit gestern kaum noch kräftige Böen
registriert wurden, gibt es an der deutschen Ostseeküste noch immer
stürmische Böen.
Abflauen wird der Wind erst morgen früh, wenn Tief "Zofia" nach
Bornholm zieht und mit einem Kerndruck von fast 1020(!) hPa die Wind
auslösende Isobarendrängung nach Südskandinavien "schiebt".
Auch wenn der logischerweise namenlose Ostseesturm im Vergleich zu
Hurrikan "Matthew" ein "laues Lüftchen war", so hat er zumindest für
einige regionale Schlagzeilen gesorgt.
Gut einen Meter höhere Wasserstände mit überspülten Stränden, auf
denen wetterberichtsungläubige Strandkorbbesitzer ihrem Eigentum auf
See zuwinken konnten, waren die Konsequenzen in Deutschland.
In Polen war schon etwas mehr los. Abgesehen von den üblichen
Windschäden machte dort am Dienstag die teilweise Zerstörung der
populärsten polnischen Erholungs- und Veranstaltungslage in Zoppot
(Sopot), nördlich von Danzig (Gdansk), Schlagzeilen. Selbst die
vorgelagerte Halbinsel Hel(Hela) war bei diesem Sturm nicht in der
Lage, Pier und Mole vor dem Wellenschlag zu schützen.

Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.10.2016