Thema des Tages
04-07-2022 12:20
Staubteufel - eine unterschätzte Gefahr?
In Rheinland-Pfalz führte ein Staubteufel zu einem tragischen
Unglück. Wir beleuchten das meteorologische Phänomen im heutigen
Thema des Tages.
Am gestrigen Sonntagnachmittag (03.07.2022) kam es bei einem
Fußballturnier in Gondershausen im Rhein-Hunsrück-Kreis zu einem
tragischen, wetterbedingten Unglück. Eine Hüpfburg wurde von Windböen
erfasst und in die Luft gewirbelt, die Kinder darin stürzten aus etwa
fünf Metern in die Tiefe und verletzten sich teilweise schwer. Die
meteorologischen Rahmenbedingungen lassen einen sog. "Staubteufel"
vermuten, der für das Unglück verantwortlich gewesen sein könnte.
Unter Staubteufeln verstehen wir sogenannte "Kleintromben", das sind
kleinräumige, schnell rotierende Luftwirbel geringer vertikaler
Mächtigkeit. Sie ragen vom Erdboden bis in eine Höhe von einigen
Dutzend, im Extremfall von wenigen Hundert Metern und sind allenfalls
wenige Meter breit. Innerhalb des Wirbels werden
Windgeschwindigkeiten meist zwischen 50 und 100 km/h erreicht. Nur
sehr selten erreichen die Böen Geschwindigkeiten in Orkanstärke.
Gängig sind auch Bezeichnungen wie "Feuerteufel", Schneeteufel" oder
auch "Heuteufel", je nach dem, über welchem Untergrund sie entstehen
und welches Material sie aufwirbeln.
Kleintromben wie Staubteufel bilden sich meist an sonnigen
Sommertagen, wenn sich die bodennahe Luft stark aufheizen kann. Dann
lösen sich immer wieder Blasen heißer Luft vom Erdboden, die rasch
aufsteigen. Für uns sichtbar wird dieser als "Thermik" bezeichnete
Vorgang beispielsweise durch die Bildung von kleinen Quellwolken, die
den Bereich aufsteigender, sich abkühlender und folglich
kondensierender Luft markiert. Wenn nun die Luft am Boden bereits
eine Verwirbelung aufweist, zum Beispiel hervorgerufen durch
bestimmte Objekte wie Häuser, Bäume etc., transportiert die
aufsteigende Luftblase diese Rotation in die Höhe. Je heißer die Luft
in der Blase, desto schneller steigt sie nach oben und desto stärker
wird sie dabei gestreckt. Durch die Streckung erhöht sich die
Rotationsgeschwindigkeit und damit auch die Windgeschwindigkeit nach
dem Gesetz der Drehimpulserhaltung. Es verhält sich dabei wie mit
einer Person, die sich auf einem Drehstuhl befindet und die Arme
anzieht. Auch dabei erhöht sich die Drehung bzw. Rotation.
Das tückische an Kleintromben ist, dass sie an ruhigen Sommertagen
entstehen, an denen eigentlich nicht mit stärkerem Wind oder anderen
Wettergefahren gerechnet wird. So können auch Wind- oder Sturmböen
genügen, um größere, unzureichend gesicherte Gegenstände in die Luft
zu wirbeln. Zudem treten die Kleintromben sehr plötzlich auf und
kündigen sich nicht immer durch aufgewirbeltes Material an.
Wenigstens ist deren Lebensdauer kurz, mit in der Regel einigen
Sekunden bis wenigen Minuten.
Nicht selten herrscht bei der Benennung verschiedenster "Wirbelwinde"
Verwirrung. So werden Staubteufel beispielsweise auch mal als
Windhose bezeichnet. Windhosen gehören aber zur Gattung der
Großtromben oder auch Tornados. Im Gegensatz zu Kleintromben stehen
Großtromben immer in unmittelbarer Verbindung zu konvektiver
Bewölkung, also Schauer- oder Gewitterwolken. Die vertikale
Mächtigkeit ist also ungleich größer und reicht vom Erdboden bis zur
Wolke in unter Umständen wenigen Kilometern Höhe. Die
Rotationsgeschwindigkeit und die damit in Verbindung stehenden
Windgeschwindigkeiten können weitaus größer ausfallen, was
Großtromben zu viel gefährlicheren Phänomenen macht. Auch Wasserhosen
gehören dieser Gattung an, während die tropischen Wirbelstürme wie
Hurrikane oder Taifune wieder ein ganz anderes meteorologisches
Phänomen darstellen.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.07.2022
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