DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-06-2022 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.06.2022 um 10.30 UTC



Sommerlich warm bis heiß, dabei wechselhaft mit teils kräftigen
Schauern/Gewittern. Teils Starkregenpotenzial bis in den Unwetterbereich. Zur
neuen Woche vorübergehend etwas gedämpfte Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 28.06.2022


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag erreicht ein Kurzwellenanteil des
Westeuropatroges bereits im Laufe des Vormittages den Westen und Nordwesten
Deutschlands, zudem bildet sich von der Tiefdruckzone über den Britischen Inseln
liegenden Tiefdruckzone ein Bodentrog über dem Nordwesten, der sich im
Tagesverlauf bis in den Südosten Deutschlands erstreckt. In der allgemein wieder
feucht-warmen Luftmasse kommt es zunächst im Westen/Nordwesten zu konvektivem,
teils gewittrigem Regen. Zudem wird das ehemalige westeuropäische Cut-Off-Tief
vollends in den Trog über dem nahen Ostatlantik eingebunden und nähert sich als
kurzwelliger Randtrog von Südwesten. Im Tagesverlauf erreicht der Kurzwellentrog
den Südwesten und zieht im Verlauf der Nacht zum Samstag nordostwärts. Auch der
Bodentrog verlagert sich nachts in den Nordosten. In der zweiten Tageshälfte
muss daher vor allem im Bereich des Bodentroges (Konvergenz) mit einer
verstärkten Gewittertätigkeit gerechnet werden, deren Schwerpunkt sich in der
Nacht zum Samstag auf den Südosten des Landes verlagert und nur zögerlich von
Westen nachlässt. Dabei treten erneut teils kräftige, lokal auch unwetterartige
Gewitter auf, der Schwerpunkt unwetterartiger Entwicklungen liegt erneut bei
Starkregen und Hagel. Im Nordosten (östlich der Elbe) bleibt es voraussichtlich
noch lang trocken, da die Luftmasse dort durch eine östliche Bodenströmung noch
relativ trocken ist.

Am Samstag zieht zum einen der Kurzwellenhöhen- bzw. Bodentrog allmählich
nordostwärts ab, dabei kommt es im Südosten und Osten aber durchaus noch zu
Schauern und teils kräftigen Gewittern (Starkregen!). Zum anderen nähert sich
von Westen der atlantische bzw. nun westeuropäische Langwellentrog, kann aber
voraussichtlich noch keinen Einfluss auf unser Wettergeschehen ausüben, so dass
in großen Teilen der Mitte und des Westens zwischen diesen beiden Systemen im
Bereich eines sehr flachen, kurzwelliger Keil liegt. Dort sollte es zumindest
eine relative Wetterberuhigung mit wenig Niederschlägen geben. Wenig
Niederschlag deshalb, da es im Tagesverlauf insbesondere über dem westlichen und
südlichen Bergland und den Alpen durch orografische Hebung auch zu örtlichen
Schauern/Gewittern kommen kann. Der Trog verlagert sich kaum, allerdings steilt
die Strömung noch etwas auf, so dass die Luftmasse in ganz Deutschland mit 850
hPa-Temperaturen zwischen 12 und 16 Grad sehr warm ist. Das Frontensystem über
Westeuropa erreicht uns voraussichtlich noch nicht, allerdings deutet sich auf
der Trogvorderseite über Frankreich/Benelux die Ausbildung eines vorlaufenden
Bodentroges/Tiefdruckrinne an, in der sich Schauer/Gewitter bilden können, die
dann abends bzw. in der Nacht zum Sonntag auch den Westen/Südwesten erreichen
können. Je weiter diese nach Deutschland hereinkommen, sollten sie sich
allerdings in Ermangelung eines dynamischen Hebungsantriebs und in Anbetracht
der Tageszeit abschwächen bzw. abklingen.

Am Sonntag verlagert sich der westeuropäische Trog nach wie vor nur zögerlich,
die Höhenströmung dreht noch etwas mehr auf Süd, so dass die 15 Grad-Isotherme
im Tagesverlauf noch weiter nach Norden vorankommt (bis Mittag etwa Main, bis
zum Abend fast bis ganz in den Norden). Das Frontensystem des Tiefs bei den
Britischen Inseln verlagert sich mit schauerartigem, lokal gewittrigem Regen
allmählich in den Westen Deutschlands und erreicht bis zum Abend etwa die Mitte.
Insbesondere an der Vorderseite in der feucht-warmen bis heißen Luftmasse kann
es zu Starkniederschlägen kommen. Von Westen schiebt sich ganz allmählich eine
gemäßigtere Luftmasse heran (10 Grad in 850 hPa und etwas darunter). Im Osten
und Südosten kann noch länger die Sonne scheinen und es wird dort häufig
sommerlich heiß. In der Nacht zum Montag erreichen die Niederschläge auch den
Osten und Südosten, dort kann es dann im Bereich eines Bodentroges und mit Hilfe
kurzwelliger Troganteile auch teils zu kräftigeren Schauern/Gewittern mit
Starkregenpotenzial kommen.

Am Montag überquert das Frontensystem unter Druckanstieg und Einbußen an
Wetterwirksamkeit den Osten/Nordosten, im Südosten hängt sie etwas zurück. Die
gemäßigtere Luftmasse (7 bis 10 Grad in 850 hPa) kommt etwas ost-/südostwärts
voran, räumt die feucht-warme Luftmasse im Südosten aber nicht ganz aus. Vom
Bodensee bis zum Erzgebirge kann es südlich der Luftmassengrenze daher zeitweise
weiter Regen, im Tagesverlauf meist in Form von Schauern und lokal kräftigen
Gewittern. In der Nacht zum Dienstag läuft der Trog unter Wellenlängenverkürzung
als Kurzwellentrog nordostwärts ab, dabei gewinnt die Luftmassengrenze nochmal
an Wetterwirksamkeit und es kommt in der Südosthälfte zu weiteren, teils auch
kräftigen Schauern/Gewittern mit lokal markantem Starkregenpotenzial.
Nachfolgend kommt die gemäßigtere Luft dann doch bis in den Südosten durch.

Am Dienstag ziehen die Reste des Kurzwellentroges nordostwärts an, im Osten kann
es noch etwas schauerartigen Regen geben. Nachfolgend wölbt sich ein noch
flacher Keil auf und es etabliert sich ein Bodenhoch mit Schwerpunkt über
Deutschland. Der Bodenhochschwerpunkt rückt aber bald in die Osthälfte und nach
Westpolen, der sich weiter aufwölbende Keil neigt sich positiv gen Baltikum und
über dem nahen Ostatlantik kommt es zu nächsten Austrogung. In der südwestlichen
Strömung auf der Vorderseite können zum einen kurzwellige Troganteile bereits
wieder das Nordseeumfeld streifen (nach aktuellem Stand aber nur mit
Wolkenfeldern), zum anderen gelangt von Südwesten auch wieder wärmere Luft (10
Grad-Isotherme in 850 hPa etwa bis zur Weser, 15 Grad- Isotherme an
Hochrhein/Bodensee) ins Vorhersagegebiet.


In der erweiterten Mittelfrist sorgen die neuerliche Austrogung über Westeuropa
bis weit nach Süden und ein Keil über dem (östlichem) Mitteleuropa und das
korrespondierende Bodenhoch mit seinem Schwerpunkt über der Ostsee und dem
Baltikum dafür, dass die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa wieder weit nach Norden
voran kommt. Dabei gelangen insbesondere die westlichen Landesteile wieder
zunehmend auf die Trogvorderseite, spätestens ab Donnerstag oder Freitag steigt
dann wieder das Schauer-/Gewitterrisiko, in Anbetracht der Luftmasse dann auch
wieder mit zumindest lokalem Unwetterpotenzial.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag behalten die Äußerungen vom Vortag ihre
Gültigkeit, die Konsistenz ist sehr gut. Im weiteren Verlauf der Mittelfrist
nimmt die Konsistenz besonders hinsichtlich des Timings allerdings bereits ab.
Die neueren Modellläufe sehen die Entwicklung am Wochenende und zu Beginn der
kommenden Woche teils deutlich verzögert. Der Trend einer Wetterberuhigung im
Bereich der erweiterten Mittelfrist, aber auch wieder ansteigenden Temperaturen
bleibt erhalten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Von den Grundstrukturen her zeigen GFS und ICON keine anderen Lösungen als IFS.
Allerdings gibt es Unterschiede in der Ausprägung des Kurzwellentroges
Freitag/Samstag im Südosten/Osten, sowohl ICON als auch GFS haben diesen etwas
markanter im Programm. Im weiteren Verlauf zum Sonntag lässt insbesondere ICON
Trog und Frontensystem etwas flotter heranrücken und im Laufe des Montags auch
markanter durchgehen. Diese Timing- und Amplitudenunterschiede haben sich auch
bereits in der Konsistenzbetrachtung der vergangenen IFS-Läufe gezeigt. Daher
kann man insgesamt zu dem Schluss kommen, dass der grobe Ablauf relativ
gesichert ist, das genaue Timing und die regionale Ausprägung bergen aber noch
größere Unsicherheiten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse für den ersten Zeitraum von Freitag 00 UTC bis Samstag 00 UTC
(+72 bis +96 h) zeigt vier Cluster (19, 14, 10 und 8 Member mit Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1), die insbesondere den Kurzwellentrog, der am Freitag
von Südwesten dann zum Samstag nordostwärts geführt wird, in unterschiedlicher
Ausprägung vorhersagen. Wie schon weiter oben beschrieben, sind hier also die
Unsicherheiten hinsichtlich Timing und Amplitude noch recht groß. Überraschend
wird dann die Clusterung im Folgeabschnitt von Sonntag 00 UTC bis Dienstag 00
UTC (+120 bis +168 h). Hier wird nämlich lediglich ein einziger Cluster
angeboten, der die Passage des Westeuropatroges unter Reduzierung seiner
Amplitude zeigt. Die Timingunterschiede, die es hier innerhalb der letzten
Modellläufe gibt und die es vermutlich auch innerhalb der Memberschar gibt,
fallen offenbar nicht so sehr ins Gewicht...

Die Rauchfahnen ausgewählter deutscher Städte liefern keine wirklichen
Neuerkenntnisse. Die Frage ob sich die gemäßigtere Luftmasse im Laufe des
Sonntags bzw. Montags bis ganz in den Südosten durchsetzen kann, kann mit Hilfe
der Rauchfahnen als "wahrscheinlich schon" beantwortet werden, genauso sicher
scheint aber auch der baldige Temperaturanstieg in ganz Deutschland: die
Rauchfahnen der 850 hPa-Temperatur gehen an allen betrachteten Stationen im
Laufe der kommenden Woche wieder deutlich nach oben. Hinsichtlich des
Niederschlags gibt es für den Freitag nicht ganz so kräftige Ausschläge wie
gestern, ob dieser Trend aber belastbar ist, kann angezweifelt werden.
Niederschlagsschwerpunkte kristallisieren sich zum einem am Freitag heraus, zum
anderen in der feucht-warmen Luft bis zum Frontdurchgang im Laufe des
Sonntages/der Nacht zum Montag im Westen und im Osten verzögert eher am
Montag/in der Nacht zum Dienstag.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER/STARKREGEN:
Am Freitag zunächst im Westen und Nordwesten örtlich Gewitter mit Starkregen, im
Tagesverlauf auch im Süden und Südosten zunehmende Gewitteraktivität teils mit
unwetterartigem Starkregen und größerem Hagel sowie (schweren) Sturmböen.
Insbesondere für den Südosten liefern hier sowohl die deterministischen als auch
die EPS-Verfahren erhöhte Signale für Starkniederschlag, der EFI hat
hinsichtlich Niederschlagsmengen und auch beim CAPE und CAPE shear zudem den
Westen im Blick.

Am Samstag im Osten und Südosten weitere, teils kräftige Gewitter mit
Starkregen, Hagel und Sturmböen. Lokal Unwetter insbesondere hinsichtlich
Starkregen.

Am Sonntag besonders in der Südosthälfte, am Montag im Südosten teils kräftige
Gewitter mit Starkregen (lokal Unwetter), Hagel und Sturmböen. Am

Laut EFI ist der markanteste Tag der Freitag, am Wochenende und zu Beginn der
kommenden Woche sind die Signale (Niederschlag, CAPE und CAPE shear)
gebietsweise zwar vorhanden, aber deutlich schwächer.


Ansonsten liefert der EFI des IFS für Freitag und das Wochenende gebietsweise
Signale für überdurchschnittlich hohe Temperaturen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOS-EZ
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger