DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-05-2022 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.05.2022 um 10.30 UTC



Zunächst sommerlich warm, aber leicht unbeständig. Ab Wochenmitte bis über 30
Grad. Wahrscheinlich ab Freitag heftige Gewitter, danach Temperaturrückgang.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 20.05.2022


Am Montag liegt Deutschland unter einem schwachen Höhenkeil, der allerdings über
Mitteleuropa von flachen Keil-Trog-Strukturen überlaufen wird. Über der Nordsee
und dem Nordmeer wirkt der Keil blockierend. Im Bereich einer flachen
Tiefdruckrinne, die sich von Nordwesten her bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum ausweitet, entwickeln sich Schauer und Gewitter. Unwetter, vor
allem durch heftigen Starkregen, sind nicht auszuschließen. Im Nordosten macht
sich das Absinken im Randbereich eines kräftigen Bodenhochs über dem Nordmeer
bemerkbar, so dass es dort meist niederschlagsfrei bleibt.
In der Nacht zum Dienstag bewirkt über Westeuropa hinweg nach Norden
ausgreifende Warmluftadvektion nach Schottland gerichteten Geopotentialgewinn
und somit eine scheinbare retrograde Verlagerung der Achse des Höhenkeils.
Gleichzeitig weitet sich über Osteuropa ein breiter Trog etwas nach Süden aus.
Das Ergebnis ist eine nordwestliche Strömung, mit welcher die (anfangs noch
gewittrigen) Niederschläge nur verzögert und unter Abschwächung weiter nach
Nordosten ausgreifen. Von Südwesten her setzt sich bereits wieder
Hochdruckeinfluss durch. In einem Bereich tieferen Luftdrucks (eher eine flache
Druckverteilung, eine Tiefdruckrinne sieht anders aus) kann von der Nordsee bis
zu den östlichen Mittelgebirgen die Gewittertätigkeit noch einmal aufleben,
wobei von der Mitte Deutschlands bis ins östliche Bergland hinein noch einmal
Starkregen auftreten kann, aber Unwetter eher unwahrscheinlich sind.
Am Mittwoch verlagert sich die Achse des sich weiter bis nach Ostgrönland
ausweitenden Keils in den Westen Deutschlands. Durch diesen Keil wird ein
kräftiges Bodenhoch über dem Ostseeraum gestützt. Einzelne Gewitter können sich
am Alpenrand entwickeln, sonst bleibt es niederschlagsfrei. Während im Westen
und Südwesten die 25 Grad-Marke deutlich überschritten wird, sind in Ostseenähe
sowie ganz im Osten nur Maxima zwischen 15 und 20 Grad zu erwarten.
Bis Donnerstag verlagert sich der Keil, dessen Achse sich nunmehr von den
Westalpen bis nach Spitzbergen erstreckt, in die Mitte Deutschlands. Das
korrespondierende Bodenhoch zieht mit seinem Schwerpunkt zum südöstlichen
Mitteleuropa, woraus sich eine schwache östliche bis südliche bodennahe
Windkomponente ergibt. Die Folge ist ein landesweiter Temperaturanstieg auf 25
bis über 30 Grad im Südwesten. Mit dem Übergreifen eines markanten Troges auf
das Seegebiet unmittelbar vor Irland dreht am Freitag die Strömung auf Südwest.
Auch in Bodennähe stellt sich eine südliche bis südwestliche Windkomponente ein.
Trogvorderseitig entwickelt sich über der Nordsee ein flaches Tief. Erste und
zum Teil heftige Gewitter entwickeln sich dann bevorzugt über dem westlichen und
südwestdeutschen Bergland, wobei Unwettergefahr durch heftigen Starkregen,
größeren Hagel und Sturmböen besteht. In größeren Städten West- und
Südwestdeutschlands gehen die nächtlichen Tiefstwerte kaum unter 20 Grad zurück.

Die Gewitter vom Freitag leiten eine Wetterumstellung ein, wobei sich am Samstag
nach dem deterministischen Modell der Höhepunkt der Gewittertätigkeit ergibt.
Vermehrt zeichnen sich dann Unwetter ab, wobei größerer Hagel und (schwere)
Sturmböen wahrscheinlicher werden als am Freitag. Im Osten und im Südosten
dauert die Gewittertätigkeit wahrscheinlich bis in die Nacht zum Sonntag an. Von
Nordwesten her setzt dann allmählich Entspannung ein.
Am Sonntag verlagert sich der Trog in den Osten Deutschlands und tropft in
Richtung Adria aus. Staubedingt sind dann im Südosten noch Niederschläge zu
erwarten, wobei unmittelbar an den Alpen vielleicht noch Warnschwellen in Bezug
auf Dauerregen überschritten werden können. Ansonsten weitet sich von Frankreich
her ein Hoch nach Deutschland aus. Allerdings wird deutschlandweit die 20
Grad-Marke wahrscheinlich nicht mehr überschritten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Donnerstag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Simulationen weitgehend konsistent. Für Freitag ergeben sich leichte
Unterschiede - hier rechnet die neueste Modellrechnung etwas antizyklonaler.
Daher sollten am Freitag Gewitter (die durchaus mit Unwettern einhergehen
können) auf das westliche und südwestdeutsche Bergland beschränkt bleiben.
Ab Samstag wird auch das Übergreifen des Troges von Westeuropa her
hinausgezögert. Gegenüber den beiden gestrigen Modellrechnungen ergibt sich ein
Phasenunterschied von reichlich 500 km (was in Bezug auf die Unschärfe der
Vorhersagen eigentlich nicht viel ist). Bis Sonntag, 00 UTC erreicht der Trog
erst den äußersten Westen Deutschlands, wogegen beim gestrigen 00 UTC-Lauf
dieser Trog bereits über Polen zu finden war. Da dieser Trog vom aktuellsten
Modelllauf kräftiger gerechnet wird, dürfte dessen Passage mit einer markanten
Abkühlung einhergehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Dienstag stützen die verfügbaren Modelle weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Feinheiten lassen sich lediglich beim Bodendruckfeld
ausmachen. EZMW und auch das Modell des kanadischen Wetterdienstes füllen am
Dienstag die über Deutschland liegende flache Tiefdruckrinne langsamer auf als
dass bei ICON und GFS der Fall ist. Am Mittwoch greift nach GFS und ICON die
Achse des Höhenkeils rascher auf Deutschland über als nach EZMW und dem
kanadischen Modell. Bis Freitag lässt GFS die Strömung bereits wieder auf
West-Südwest drehen, wonach sich im Norden und in der Mitte Deutschlands mäßig
warme Luft durchsetzen dürfte. Bemerkenswert ist, dass das kanadische Modell die
Ostverlagerung des Höhenkeils selbst gegenüber EZMW verzögert. Die beidem
amerikanischen Modelle markieren hiermit die ausgeprägtesten Abweichungen von
der oben beschriebenen Version.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich nach allen Modellen
kühlere Nordseeluft durch. Am ausgeprägtesten ist dies bei EZMW der Fall, nach
den amerikanischen Modellen ist der Temperaturrückgang ganz im Süden
Deutschlands etwas gedämpfter, geht aber umso rascher vonstatten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt die Version des hauseigenen deterministischen Modells,
wonach die Umstellung zu einer eher westlichen Strömung bereits am Freitag
erfolgen würde. Danach wird eine zyklonale Nordwestlage favorisiert. Der Spread
wird erst ab Freitag rasch größer, wobei sich die Unterschiede in der Ausprägung
der danach erfolgenden Abkühlung ergeben. Dabei ist der aktuelle Lauf des EPS
des GFS im Vergleich zu den gestrigen Modellläufen weitgehend konsistent.
Das EPS des EZMW bringt bei Betrachtung des EPS-Mittels ab dem Wochenende eher
eine west-nordwestliche und leicht zyklonal geprägte Lage ins Spiel, was der
Version des GFS entsprechen würde. Das würde auch der Mehrzahl der
Einzellösungen entsprechen. Der deterministische Lauf wird einem mit 10 Membern
relativ schwach besetzten Cluster zugeordnet. Auch anhand der Rauchfahnen, die
bereits ab Donnerstag einen markant zunehmenden Spread aufweisen, ergibt sich
eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine raschere Abkühlung, d.h. der
Temperaturrückgang würde nach dem deterministischen Lauf eher hinausgezögert
werden und nach der Mehrzahl der EPS-Lösungen bereits am Freitag einsetzen. Der
Höhepunkt der Gewittertätigkeit am Samstag wäre demnach mehr als fraglich. Auch
das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt, dass am Samstag die Umstellung zu
einer zyklonalen West- oder Nordwestlage bereits vollzogen ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag zeichnet sich eine Gewitterlage ab, wobei aufgrund der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit der Konvektionszellen Starkregengefahr besteht. Auch
größere Hagelansammlungen sind möglich; Unwetter können nicht ausgeschlossen
werden. Am Dienstag entspannt sich die Lage, Starkregen kann nur noch in einem
Bereich von der Mitte Deutschlands bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein
und in diesen Gebieten auch nur mit geringer Wahrscheinlichkeit auftreten.
Danach erfolgt eine weitgehende Wetterberuhigung, bevor am Donnerstag zunächst
über den südwestlichen und westlichen Mittelgebirgen sich wieder erste starke
Gewitter entwickeln können. Ob dann am Samstag oder bereits am Freitag der
Höhepunkt der Gewittertätigkeit (bis hin zum Unwetter) mit nachfolgender
Abkühlung zustande kommt, ist noch unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Donnerstag deterministischer Lauf + MOS, danach EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann