Thema des Tages

06-05-2022 08:50

Wie Saharastaub die Wolken formt

Saharastaub in der Luft sorgt nicht nur für Wolkenbildung, sondern
teilweise auch interessante Wolkenmuster. Wie es dazu kommt, erfahren
Sie im heutigen Thema des Tages.

Wolken sind die wohl vielfältigste Wetterscheinung und schier
unendlich facettenreich. Ihr teilweise fast künstlerisch anmutendes
Erscheinungsbild regte die Phantasie der Menschen seit jeher wie wohl
kein anderes Naturphänomen an. Manchmal nehmen Wolken aber auch
erstaunlich akkurate, fast geometrische Formen an. In einer ansonsten
chaotischen Atmosphäre vermag man diese indoktriniert wirkenden
Muster kaum zu erklären. So ergeht es einem vermutlich auch beim
Anblick der Wolkendecke über Süd- und Mitteleuropa vom Morgen des 6.
Mai 2022 (siehe Abbildung 1 auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/5/6.html). Von der
Satellitenperspektive aus offenbart sich ein ausgesprochen
gleichmäßiges "Rippenmuster". Verantwortlich dafür zeigt sich
Mineralstaub aus der Sahara.

Bei bestimmten Strömungsverhältnissen können große Mengen Staub in
der Sahara aufgewirbelt werden und in der Troposphäre bis etwa 10
Kilometern Höhe quer über den Globus verteilt werden. Es handelt sich
dabei um Mineralstaub, also winzig kleine Schwebeteilchen, sogenannte
"Aerosole". Diese Teilchen sind hygroskopisch. Das bedeutet, dass sie
als Kondensationskeime dienen. Wasserdampf aus der Luft kann an den
Teilchen also zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Wenn durch den
zusätzlichen Eintrag von Saharastaub nun mehr hygroskopische Aerosole
in die Luft gelangen, kann dadurch die Wolkenbildung angeregt werden.
Nicht selten führen Saharastaubereignisse zu Bildung dichter
Schleierwolken, die den Himmel stark eintrüben können. Was für uns
also statt eitel Sonnenschein Tristesse bedeuten kann, ist aus Sicht
der Meteorologen durchaus problematisch. Denn bis heute haben die
Wettermodelle so ihre Schwierigkeiten mit der Vorhersage dieser
"staubgeschwängerten" Bewölkung.

Doch wie kommt es nun zu diesem Rippenmuster? Um das erklären zu
können, muss man wissen, dass Aerosole nicht nur die Wolkenbildung
fördern, sondern auch einen direkten Einfluss auf den
Strahlungshaushalt der Atmosphäre haben. Offenkundig ist, dass in der
Troposphäre befindlicher Mineralstaub weniger kurzwellige
Sonnenstrahlung zum Erdboden durchlässt und dafür sorgt, dass es dort
kühler ist. Doch was passiert mit der Sonnenstrahlung, die nicht bis
zum Erdboden durchkommt? Nun, ein Teil wird direkt zurück in Richtung
Weltraum reflektiert. Der andere Teil wird absorbiert und in
langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Diese führt zu einer
Erwärmung im Bereich des Staubes beziehungsweise der damit in
Verbindung stehenden Wolkendecke. Die Temperatur nimmt also mit der
Höhe weniger stark ab. Die Veränderung des Strahlungshaushaltes durch
den Staub führt tagsüber daher zu stabileren Verhältnissen im Bereich
der Wolkendecke (siehe Abbildung 2).

Wenn die Sonne abends untergeht, wird die Wärme nach oben in Richtung
Weltraum abgegeben. Die Wolkendecke kühlt insbesondere an ihrer
Oberseite demnach stärker ab. Das wiederum führt zu einer langsamen
Labilisierung, also einer zunehmend starken Temperaturabnahme mit der
Höhe. Bei labilen Verhältnissen ist ein Luftpaket, das aus der
Wolkendecke nach oben steigt, stets wärmer und damit leichter als
seine Umgebung. Es bekommt damit wie ein heliumgefüllter Luftballon
Auftrieb und steigt ungehindert weiter nach oben. An seinen Flanken
kommt es zu einer ausgleichenden Abwärtsbewegung von Luft. Das
Resultat ist eine mehr oder weniger gleichmäßige Wellenform an der
Oberseite der Wolkendecke, die vom Satelliten aus gesehen wie ein
Rippenmuster erscheinen kann. Wenn die Sonne nun wieder aufgeht und
sich die Luftschichtung stabilisiert, geht das zumindest vom Weltraum
aus schön anzusehende Rippenmuster allmählich wieder verloren.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.05.2022

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