Thema des Tages
28-04-2022 11:20
Wetter und Wein
Seit Jahrtausenden wird weltweit Wein angebaut. Doch welche
Wetterbedingungen beziehungsweise welche klimatischen Bedingungen
sind dafür notwendig und warum kann man nicht überall Wein
bewirtschaften?
Ob ein schönes Glas Weißwein an lauen Sommerabenden oder ein
kräftiger Rotwein zu einem gegrillten Lammkotelett, Wein passt in
vielen Lebenssituationen. In Deutschland wird an über 100 000 Hektar
Wein angebaut. Das ist zwar fast die Fläche von Berlin und Potsdam
zusammen, aber entspricht nicht mal dem Anbaugebiet, an der
beispielsweise in der Region Bordeaux (Frankreich) Weintrauben in
edle Tropfen verwandelt werden. Der Anbau in Deutschland erfolgt
annähernd zu zwei Drittel aus Weißweinsorten und zu einem Drittel aus
Rotweinsorten. Der Schwerpunkt liegt dabei im Südwesten des Landes
und das größte Anbaugebiet ist Rheinhessen mit einer Anbaufläche von
etwa 27000 Hektar. Doch was hat das Wetter nun mit dem Wein zu tun
und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um einen möglichst
guten Wein zu keltern?
Für einen guten Wein muss vieles stimmen. Da wären zum einen die
Bodenbeschaffenheit, die Lage, die Hangneigung, das Ausbleiben von
Krankheiten und zum anderen die Temperatur, die Sonneneinstrahlung
und die Wasserverfügbarkeit. Das Wetter und das Klima spielen also
eine sehr wichtige Rolle. Am besten baut man Wein sowohl nördlich als
auch südlich des Äquators zwischen dem 30. und 50. Breitengrad an.
Nur dort sind die Bedingungen gegeben, dass es einerseits nicht zu
heiß und andererseits nicht zu kalt ist. Als Faustregel dient der
Gradmesser, dass ein Rebstock bei einer Temperatur unter 10 Grad
nicht wachsen kann. Daher erfolgt im Winter eine Ruhephase, bevor im
Frühling der Austrieb erfolgt.
Nun spielt nicht nur die Temperatur eine Rolle, sondern auch das
Sonnenlicht. Durch die Entfernung zum Äquator bleibt es im Sommer
länger hell und die Weinreben profitieren davon. Es kann dann unter
anderem mehr Photosynthese stattfinden, wodurch sich die Produktion
von Glucose erhöht, die für das Wachstum und die Traubenreifung
benötigt wird. Die Hanglage ist dabei ebenfalls entscheidend, wodurch
Südhänge auf der Nordhalbkugel besonders gut geeignet sind. Es
herrschen beispielsweise in der Moselregion durch das Zusammenspiel
zwischen Hangneigung, günstigen Windverhältnissen, wärmespeicherndem
Gestein und mineralhaltigen Böden sehr gute Bedingungen für die
Herstellung eines Weines von hoher Qualität.
Nur Sonne ist für den Rebstock jedoch auch nicht gut, denn er braucht
ebenfalls Wasser. Leiden die Pflanzen im Sommer beispielsweise unter
Trockenstress, dann fallen die Blätter vertrocknet zu Boden und die
so wichtige Photosynthese ist dann immer weniger möglich. Betroffen
hiervon sind vor allem junge Traubenstöcke, denn sie wurzeln noch
nicht so tief. Ältere Rebstöcke hingegen strecken ihre Wurzeln
mehrere Meter tief in den Boden. Teilweise sind die Wurzeln noch in
20 Meter Tiefe zu finden. Manchmal lässt sich dieses Phänomen im
eigenen Garten erkennen, wenn viele Pflanzen schon vertrocknet sind,
der alte Weinstock jedoch in voller Pracht erscheint, weil er
beispielsweise in großer Tiefe eine Wasserader mit seinen Wurzeln
erwischt hat.
Zu viel Wasser ist jedoch auch nicht das Gelbe vom Ei, denn dann
werden die Trauben zwar groß, aber es fehlt ihnen die Süße. Außerdem
führt zu viel Feuchtigkeit vermehrt zu Fäulnis und die ungeliebte
Kirschessigfliege lässt sich auf den Trauben nieder und macht diese
ungenießbar. Ein weiteres Problem ist Hagelschlag, der nicht nur die
Trauben zerstören kann, sondern ebenso die wichtigen Blätter förmlich
von den Pflanzen peitscht.
Sie sehen also, für einen guten Jahrgang muss vieles stimmen. Einen
tollen Effekt zum Klimaschutz leisten die Reben übrigens auch noch.
Beispielsweise werden an einem sonnigen Sommertag auf einem Hektar
Steilhang rund 80 Kilogramm Sauerstoff produziert und 100 Kilogramm
Kohlenstoffdioxid abgebaut.
Na dann mal Prost und auf ein gutes Weinjahr 2022.
Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.04.2022
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