Thema des Tages
19-04-2022 08:50
Letzte (?) Bemühungen des Winters
Der Winter gibt noch nicht auf. Entsprechend beschäftigt sich das
Thema des Tages heute mit den erwarteten Schneefällen in den
Hochlagen der Ostalpen.
Gestern wurde hier an dieser Stelle der phänologische Vollfrühling
beleuchtet, der Winter bzw. späte winterliche Erscheinungen waren
indes war in der vorletzten Woche gleich zweimal Thema. Dies betraf
zum einen die Rekordfröste in der ersten Aprildekade dieses Jahres
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/4/4.html), zum
anderen aber auch späte Kaltlufteinbrüche und damit verbunden das
Auftreten einer späten Schneedecke
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/4/3.html).
Nun muss man zugeben, dass aktuell kein Kaltlufteinbruch bevorsteht,
was all jene, die den Frühling genießen wollen, sicherlich beruhigen
wird. Und doch hält die aktuelle Wetterlage ein Überraschungsei
bereit. Es handelt sich dabei um ein Höhentief, dass in einer Höhe
von etwa 5,5 km sehr gut (sowohl an den Geopotentiallinien als auch
im Temperaturfeld) zu erkennen ist (siehe beigefügte Grafik,
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/4/19.html). Und
dieses hat tatsächlich die Form eines Eies, das, von Nordwest nach
Südost orientiert, über Südosteuropa liegt. Da die nordwestliche
"Spitze" des Eies in den Südosten Deutschlands hineinragt, zeigen
sich dort nicht nur viele Wolken, sondern es kommt heute zu
Niederschlägen, die in den Hochlagen als Schnee fallen oder mit
Schnee vermischt sein können.
Die von unserem Modell ICON-EU in diesem Zusammenhang von heute 14
Uhr MESZ bis in die kommende Nacht um 02 Uhr MESZ modellierten
Neuschneemengen sind im kleinen Bild der beigefügten Abbildung
dargestellt. Demnach soll es in den Hochlagen des Bayrischen Waldes
für ein paar Flocken reichen. Deutlich mehr Schnee soll aber in den
Ostalpen, und dort speziell am Nordrand, fallen. In Deutschland ist
davon insbesondere das Berchtesgadener Land rund um Watzmann und
Hochkönig betroffen, mehr Schnee wird laut unseres Modells hingegen
in Österreich erwartet. Aber: Nur in den Hochlagen, und das bedeutet
in Österreich meist oberhalb von 1000 Meter, im Berchtesgadener Land
sogar erst oberhalb von etwa 1200 bis 1500 Meter, besteht überhaupt
eine Chance, dass der Schnee liegen bleibt. Und selbst dort werden es
nicht mehr als einige wenige Zentimeter Neuschnee sein, vielleicht
reicht es bei unseren südöstlichen Nachbarn lokal mal für mehr als 10
Zentimeter Schneezuwachs. Denn inzwischen stehen auch die relativ
hohen Bodentemperaturen einer nennenswerten Schneeakkumulation
entgegen.
Folglich darf auch an der 1615 Meter hoch gelegene Wartsteinhütte im
Gebirgsstock der Reiter Alm südwestlich von Berchtesgaden, wo heute
Morgen eine Gesamtschneehöhe von 101 Zentimeter gemeldet wurde, keine
markante Schneehöhenänderungen erwartet werden. Mehr Schnee liegt in
Deutschland aktuell z.B. noch auf der Zugspitze (225 Zentimeter) oder
auf dem Nebelhorn (111 Zentimeter).
Im übrigen Deutschland muss man sich in den kommenden Tagen bezüglich
Niederschlägen keine großen Gedanken machen. Das liegt an der
Druckverteilung über Europa. Zwischen hohem Druck über Nordeuropa und
tiefem Druck über Südeuropa wird mit einer östlichen bis
nordöstlichen Strömung recht trockene Festlandluft zu uns
transportiert. Am Mittwoch und Donnerstag soll es laut unseres
Modells, aber auch nach dem Modell des Europäischen Zentrums für
mittelfristige Wettervorhersage, in der Osthälfte ganz sporadisch mal
ein paar Tropfen geben, was im Grunde immer noch an unserem
Höhen-Osterei liegt. Am Freitag nähert sich dann vom Atlantik ein
neues Tief, das im Süden und Südwesten für mehr Wolken und etwas
wechselhafteres Wetter sorgt. Für den angesprochenen Ost- bis
Nordostwind gilt, dass er in der zweiten Wochenhälfte an den Küsten
und im Bergland mitunter stark böig auffrischt.
Und die Temperaturen? Im Westen bei viel Sonne knapp unter oder um
20°C. Der Osten und der Süden schaffen heute nur knapp über 10°C.
Aber dort beginnen die Tagesmaxima dann eine Kletterpartie. Jeden Tag
geht es etwas höher hinaus, bis am Freitag auch dort um 18°C erreicht
werden, was nur knapp unter den Werten im Westen liegt.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.04.2022
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