Thema des Tages
01-04-2022 10:20
Winterlicher Aprilscherz
Manch einer wird am gestrigen Donnerstag seinen Augen nicht getraut
haben, bei deutlich mehr Menschen wird das heute früh der Fall
gewesen sein: Alles weiß!
Was erlaubt sich denn das Wetter bitteschön bei uns? Noch vor einer
Woche Sonne pur und verbreitet 17 bis 22 Grad, heute Schnee bei in
der Spitze zumeist nur wenigen Grad über Null - wenn überhaupt.
Los ging es mit dem späten Wintereinbruch bereits in der Nacht zum
Donnerstag und Freitagfrüh in Schleswig-Holstein, Hamburg und dem
Norden Niedersachsens. Um 8 Uhr wurden dort verbreitet Schneehöhen
bis zu 5 cm gemessen, doch damit nicht genug. Nur ein bis zwei
Stunden später meldeten Quickborn und Hamburg-Fuhlsbüttel
vorübergehend rund 10 cm. Zwar sind die automatischen
Schneehöhenmessungen immer etwas mit Vorsicht zu genießen, ein Blick
auf das ein oder andere Webcam-Bild bzw. Foto, das uns über die
WarnWetter-App zugespielt wurde, bestätigte im, sagen wir mal,
erweiterten Nordseeumfeld lokal durchaus Mengen zwischen 5 und 10 cm.
Wie kam es denn eigentlich zu diesem jahreszeitlichen Rückfall? Nun,
einerseits gab und gibt es einen Tiefdruckkomplex um Tief JANA über
Italien, der im Zusammenspiel mit Hoch QUINCY nordwestlich der
Britischen Inseln mit einer nordöstlichen bis nördlichen Strömung
polare Kaltluft von Skandinavien über Dänemark in den Nordwesten
Deutschlands steuert. Gleichzeitig zog ein Tief in höheren
Luftschichten langsam entlang der Ostküste Englands südwärts. Dadurch
drehte die Höhenströmung über Deutschland zunehmend auf Südwest.
Unten also Wind aus Nordost bis Nord, oben aus Südwest - eine
sogenannte "Gegenstromlage" hat sich eingestellt, die zwangsläufig
zum Aufsteigen der Luft und in der Folge zu Niederschlägen führte,
die aufgrund der im Nordseeumfeld bereits eingeflossen Kaltluft als
Schnee am Boden ankamen.
Mit weiterem Voranschreiten der Kaltluft Richtung Süden gingen die
Niederschläge in der vergangenen Nacht auch über der Mitte, aber auch
in einem Streifen bis zum Allgäu zunehmend in Schnee über. Das
Ergebnis heute früh: Vom Nordwesten über die Mitte bis ins Allgäu
oftmals 1 bis 5 cm Schnee, lokal sogar um 10 cm, wie z.B. in
Ostercappeln-Schwagstorf (52 m Meereshöhe, Niedersachsen) und
Göschitz (408 m, Thüringen) mit jeweils 10 cm oder in Lügde-Paenbruch
(258 m, NRW) mit 13 cm.
Auch heute und in der kommenden Nacht schneit es munter weiter, vor
allem über der zentralen Mitte, zunehmend aber auch im Süden und der
westlichen Mitte. Morgen früh dürfte man demnach über der Mitte und
dem Süden beim Hochziehen der Rollläden vielfach auf eine dünne
Schneedecke oder zumindest etwas Schneematsch blicken, in Regionen
oberhalb von etwa 400 bis 600 m sind hier und da durchaus auch Mengen
bis bzw. um 10 cm drin.
Das war's dann aber immer noch nicht in Sachen Schnee. Denn auch am
Samstag schneit es zumindest im Süden weiterhin, wo es vorübergehend
(wir haben halt doch schon April) noch einmal für wenige Zentimeter
Neuschnee oder etwas Schneematsch reicht bzw. bis zu 10 cm in höheren
Berglagen. Erst in der Nacht zum Sonntag ziehen sich die Schneefälle
mehr und mehr an die Alpen zurück, wo sie dann im Laufe des Sonntags
abklingen.
Und dann wird's wieder frühlingshaft? So wie letzte Woche? Nein! Es
wird zwar wieder etwas milder (kein wirkliches Kunststück...), es
bleibt in der kommenden Woche meist aber weiterhin kühl für April.
Dazu wird es stürmisch und sehr unbeständig mit hin und wieder ein
paar nassen Flocken. Alles in allem also doch eher herbstlich statt
frühlingshaft anmutendes Wetter.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.04.2022
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