DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
19-03-2022 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.03.2022 um 10.30 UTC
Unter Hochdruckeinfluss zunächst milder, zum Ende von Norden etwas kühler mit
leichter Niederschlagsneigung und auffrischendem Wind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 26.03.2022
Auch diese Mittelfrist wird von überwiegendem Hochdruckeinfluss geprägt, anfangs
mit der Großwetterlage (GWL) Hoch Mitteleuropa (HM), zum Ende sieht es zumindest
nach einer Variation mit Hoch Britische Inseln (HB) aus. Dieser Umstand
entspräche auch in etwa der atlantisch-europäischen GWL Atlantischer Rücken
(AtR), die auch in der Weather Regime Frequency bzw. Probabilistik des IFS zum
Ende der Woche vermehrt auftaucht. In der Folge erscheinen auch geringe
Wahrscheinlichkeiten für NAO negativ im vorgenannten Balkendiagramm des IFS
(Stand 17.03.2022). Letztere werden gestützt durch die Vorhersage des NAO-Index
(gemäß NOAA, Stand 19.03.2022), wobei auch dort zunächst nur wenige
Ensemblemember darauf anspringen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Anfang der Woche ein
Major Warming (SSW) in der mittleren Stratosphäre simuliert wird, wodurch eine
vollständige Windumkehr des zonal gemittelten zonalen Windes in 60 Grad Nord auf
östliche Richtung in 10 hPa erfolgen soll. Ob es sich dabei bereits um das Final
Warming handelt (innerhalb von zehn Folgetagen kehrt der zonal gemittelte zonale
Wind in 10 hPa/ 60 Grad Nord laut Definition dann nicht mehr auf West zurück),
ist noch nicht sicher. Fest steht allerdings, dass der zonal gemittelte zonale
Wind in 100 hPa (untere Stratosphäre) und 60 Grad Nord zunächst noch westlich
bleibt (bei ca. 10 bis 15 m/s im Ensemble Mean noch über dem vieljährigen Mittel
von ERA 5).
Somit sollte der Impact der Stratosphärenerwärmung auf die Troposphäre zunächst
limitiert bleiben. Normalerweise führt ein SSW wie auch das Final Warming zu
einer stärkeren Tendenz bezüglich NAO bzw. AO negativ. Nichtsdestotrotz sind bei
IFS (Deterministik, Cluster) Signale für eine troposphärische Reaktion
vorhanden, die weiter verfolgt werden sollten.
Nun noch kurz zu den einzelnen Tagen der Mittelfrist.
Am Dienstag erstreckt sich ein breiter und amplifizierter Rücken von West- bis
nach Ost-und Nordosteuropa, bodennah mit einer Hochdruckzone von der Nordsee bis
nach Osteuropa. Über Skandinavien dreht sich der Kaltlufttropfen im
Uhrzeigersinn um den Rücken herum und beeinflusst den Norden noch mit
Wolkenfeldern. Die östliche bis südöstliche Strömung verstärkt sich im Osten
aufgrund der relativen Nähe zum Höhentief über dem Balkan etwas, sodass im
östlichen Bergland mit nächtlicher Verstärkung durch einen low-level-jet am
Oberrand der Inversion stürmische Böen aus Südost (Bft 8) nicht ganz
ausgeschlossen sind. Die 850 hPa-Temperatur liegt Mittwochmorgen in etwa
zwischen 2 und 6 Grad.
Am Mittwoch und Donnerstag schwächt sich der Rücken von Nordskandinavien
allmählich ab, über Deutschland etabliert sich von den Britischen Inseln bis ins
östliche Mitteleuropa eine neue Hochdruckzone, wobei sich ein neuer Höhenrücken
von Island zu den Britischen Inseln aufbaut. Damit stellt sich im Verlauf eine
eher westliche bis nordwestliche Grundströmung ein, mit der die 850
hPa-Temperatur im Verlauf vor allem in der Nordhälfte etwas zurückgeht (auf ca.
1 bis 3 Grad).
Am Freitag verstärkt sich die Zufuhr kühlerer Luft aus Nordwesten noch etwas,
auch eine schwache Kaltfontpassage bringt zumindest Wolkenfelder und eine
Windauffrischung, mit steifen bis stürmischen Böen an der Ostseeküste aus West
bis Nordwest tagsüber und in der Nacht zum Samstag. Die 850 hPa-Temperatur geht
bis Samstagfrüh auf ca. -2 Grad im Nordosten bis +4 Grad im Südwesten zurück.
Am Samstag soll Mitteleuropa zwischen hohem Geopotenzial über dem nahen
Ostatlantik und tiefem Geopotenzial über Nordosteuropa in einer eher
antizyklonal geprägten Nordwestströmung liegen, wobei bevorzugt in die
Nordosthälfte hinter einer weiteren Kaltfront Polarluft arktischen Ursprungs
einfließen soll (850 hPa-Temperatur sinkt dort bis in die Nacht zum Sonntag auf
ca. -3 bis -8, ganz im Nordosten nahe -10 Grad). Einzelne Schauer und stark
böiger Nordwestwind wären dort die Folge, wohingegen nach Süden und Westen am
Rand der Hochdruckzone über Nordwest- und Westeuropa weitgehend störungsfreies
Wetter vorherrschen soll (bei 850 hPa-Temperaturen von ca. 0 bis +4 Grad).
In der erweiterten Mittelfrist soll sich der Höhenrücken vom nahen Ostatlantik
wieder mehr nach Mitteleuropa verlagern, ggf. erneut mit Hoch Mitteleuropa (HM).
Am Ende der erweiterten Mittelfrist deutet sich mit einem amplifizierten Rücken
über dem Nordatlantik bis Grönland sowie teils in die Arktis reichend die zuvor
angedeutete Konstellation NAO negativ an (korrelierend mit möglichem Trog über
Skandinavien). Dementsprechend könnte der Temperaturtrend eher noch etwas nach
unten zeigen (bevorzugt Nordosthälfte), bei leicht wechselhaftem und teils
windigem Wettercharakter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der neue Lauf des IFS ist brauchbar und recht konsistent gegenüber den
Vorläufen. Der Hochdruckeinfluss (Hoch Mitteleuropa, HM) bleibt erhalten, im
Verlauf sind auch Varianten mit Hoch Britische Inseln (HB) denkbar, zum Ende
wird der Trogvorstoß über Skandinavien angedeutet. Zumindest die Temperatur
dürfte Ende der Woche leicht zurückgehen, bezüglich zu erwartender
Niederschlägen nehmen die Signale dann etwas zu, ebenso wie der Wind in der
Nordosthälfte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
ICON sieht die Entwicklung zum Ende der Mittelfrist ähnlich wie IFS, GFS
hingegen sieht die Wellenverlagerung eher progressiv und hat am Ende der
Mittelfrist den Rücken bereits über Mitteleuropa und Skandinavien liegen. Dort
soll demnach der korrespondierende Trog deutlich weiter östlich nach Süden
vorstoßen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei den gruppierten Clustern im Zeitschritt t+120 bis +168 h existieren
lediglich zwei Cluster. Der erste wurde im Text weiter oben beschrieben, die
zweite Clusterlösung mit der (leichten) Mehrzahl der Ensemblemember sieht
ähnlich wie GFS den Höhenrücken progressiver über Mitteleuropa und
Südskandinavien nach Osten vorankommen.
Beim nächsten Zeitschritt (t+192 bis 240 h) überwiegt wiederum die GWL
Atlantischer Rücken mit dem bereits beschriebenen Ablauf. Die beiden anderen
gruppierten Cluster sehen mit geringerer Unterstützung entweder den Rücken auf
dem nahen Ostatlantik mit eher antizyklonalem Charakter für Mitteleuropa oder
aber den Rücken direkt über Mitteleuropa/Südskandinavien.
Im Zeitschritt t+264 bis +360 h existieren zwei gruppierte Cluster, wobei einer
davon wie beschrieben NAO negativ mit hohem Geopotenzial über dem Nordatlantik
bis über Grönland teils in die Arktis reichend (wsl. als Ergebnis des SSW, siehe
oben).
Bei den Rauchfahnen wird eine beliebige Station im norddeutschen Flachland, etwa
mittig gewählt zur Einschätzung. Beim Geopotenzial in 500 hPa ist ein stetiger
Anstieg bis zur Wochenmitte zu verzeichnen, danach mit relativ großem Spread das
allmähliche Absinken zum Wochenende. Niederschlagssignale sind zunächst kaum
vorhanden, erst zum Wochenende tauchen Wahrscheinlichkeiten für meist leichte
Niederschläge auf. Die 850-hPa-Temperatur steigt ebenso bis zur Wochenmitte
leicht, aber steig an (auf ca. +5 Grad), danach geht letztere bis zum Wochenende
zurück auf -3 bis -6 Grad (Haupt- und Kontrolllauf), einzelne Member gehen bis
-10 Grad. Allerdings ist der Spread nach oben sehr groß, einige Member gehen
erneut auf +5 Grad.
Die Unsicherheit bleibt aufgrund des fragwürdigen troposphärischen Impacts der
Stratosphärenerwärmung bzw. dessen Timing auf jeden Fall erhalten bzw. nimmt
wahrscheinlich mit neuen Läufen eher noch zu.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Weitgehende Trockenheit bleibt uns in der Mittelfrist und regional auch darüber
hinaus wahrscheinlich erhalten.
Sonst ist der Wind zeitweise warnwürdig, am Dienstag sind im östlichen
Mittelgebirgsraum stürmische Böen aus südöstlicher Richtung (Bft 8) nicht ganz
ausgeschlossen.
Am Freitag und Samstag sind vor allem im Küstenumfeld (bevorzugt Ostsee) und
ggf. auch im Nordosten stürmische Böen (Bft 8) aus West bis Nordwest nicht
ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GFS-EPS, ICON, MOSMIX, NOAA
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz