DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-02-2022 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.02.2022 um 10.30 UTC



Stürmische Westlage wird beendet, zum Wochenende Hoch Mitteleuropa mit frostigen
Nächten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 28.02.2022


Am Donnerstag, dem Beginn der heutigen Mittelfristbetrachtung, ist der
Wettercharakter mit einer zyklonalen Südwestlage zwar noch immer wechselhaft und
vergleichsweise mild geprägt, die brisanten Sturmlagen sind aber längst vorbei
und drohen im Mittelfristzeitraum auch nicht mehr. Die Frontalzone ist zwar am
Südrand eines umfangreichen Höhentiefs, das sich vom Nordmeer bis zu den
Britischen Inseln erstreckt, noch immer gut ausgeprägt. Jedoch ist der
Subtropenjet durch ein Cut-Off bei Madeira vom Polarfrontjet isoliert, die
Höhenströmung mäandriert stark und auch die niedertroposphärischen
Temperaturgegensätze auf dem nahen Ostatlantik sind nicht sonderlich stark
ausgeprägt.
Auf der Trogvorseite erstreckt sich am Boden eine Kaltfrontokklusion, die zum
Mittag die Nordsee erreicht. Im Nordteil ist sie nahezu strömungsparallel weist
sie mit der auf Nordwest drehenden Strömung über der Bretagne doch eine gewisse
Schubkomponente auf. Sie kommen nach oft freundlichem Tagesbeginn am Nachmittag
im Nordwesten und Westen schauerartig verstärkte Regenfälle auf mit Mengen um 5,
im Nordseeumfeld auch bis 10 l/m² binnen 6 Stunden. Mit Frontannäherung und
-passage kommt es vorübergehend zu Windböen Bft 7, vereinzelt auch zu
stürmischen Böen Bft 8. Zum Abend erfolgt dort mit Annäherung des Höhentroges
und 500 hPa Temperaturen unter -30 Grad der Übergang in Schauerwetter,
vereinzelt auch mit Blitz, Donner und Graupel.
In der Nacht zum Freitag verlagert der Höhentiefkomplex ohne vorhandenes
Blocking seinen Schwerpunkt zunehmend nach Skandinavien, womit auch die
Frontpassage um einiges rascher südostwärts vonstattengeht. Postfrontal fließt
erwärmte Meereskaltluft mit T850 um -5 Grade ein, weshalb die Schneefallgrenze
auf rund 400 Meter absinkt. Wie so häufig setzt sich die Kaltluft so richtig
aber erst nach Abklingen der Niederschläge durch und nachfolgende Schauer
bringen in den mittleren Lagen meist nur eine leicht angezuckerte Landschaft, in
den Kammlagen sind 1 bis 5, im Allgäu staubedingt bis 10 cm Neuschnee zu
erwarten. Mit Frontpassage treten gebietsweise noch Windböen Bft 7 auf,
insgesamt verliert der Gradient auf dem Weg nach Südosten aber etwas an Schärfe.
Da postfrontal mit größeren Auflockerungen zu rechnen ist und auch der Wind
nachlässt, kann es auch in tiefen Lagen örtlich Glätte durch überfrierende Nässe
geben.

Am Freitag gelange wir vollends in den leicht positiv geneigten Bereich des
Höhentiefs, das mit Kaltluft von -35 Grad in 500 hPa gefüllt ist. Da
niedertroposphärische die feucht-kalte Meeresluft mit T850 um -5 Grad
wetterbestimmend bleibt, ist aufgrund der vorhandenen Labilität und des
Sonnenstandes Ende Februar eine rege Schauertätigkeit im Tagesverlauf zu
erwarten. Örtlich gibt es kurze Graupelgewitter, oberhalb etwa 400 Meter teils
auch nasse Schneeflocken. Entlang der Trogachse bildet sich auch am Boden ein
recht scharf gekrümmter Bodentrog aus, in dem eine sich entwickelnde
Konvergenzlinie gut vorstellbar ist. Diese erstreckt sich um die Mittagszeit von
Ostholstein bis zur Rheinmündung und erreicht bis zum Abend auch die mittleren
Landesteile. Neben linienhafter Konvektion liegt das Hauptaugenmerk dabei auf
Sturmböen. Vielmehr sollte es angesichts von 850 hPa Winden zwischen 30 und 40
Knoten, im Süden weniger, nicht werden. Wie immer bei solchen Lagen sind
vereinzelte Typ II Tornados nicht gänzlich auszuschließen. Die HKN's liegen im
Norden du Nordwesten teilweise nur bei 400 Meter.

Am Samstag folgt dem ostwärts abziehenden Trog rasch ein Rücken nach, der sich
von der Biskaya bis zu den Lofoten erstreckt. Die Zirkulation der mittleren
Troposphäre kehrt nun also wieder in ein stark mäandrierendes Muster zurück.
Durch den Potentialanstieg westlich von uns wird über Deutschland der Aufbau
eines Hochs gestützt, das sich um 12 z mit über 1035 hPa etwa im Grenzbereich zu
Benelux befindet. Mit der daraus resultierenden nördlichen Strömung beschränken
sich letzte nennenswerte Niederschläge staubedingt nur noch auf den Alpenrand
und das Erzgebirge. Ansonsten ist es teils aufgelockert, teils dichter bewölkt,
aber überwiegend trocken. Zeitgleich gelangt in die Osthälfte (quasi auf letzter
Rille bevor die Strömung wieder dreht) ein Schwall kontinentaler geprägter
Polarluft aus Skandinavien mit T850 um -10 Grad. Dies gepaart mit zunehmendem
Hochdruckeinfluss liefert den (idealen) Nährboden für leichte, im Osten und
Süden je nach Bewölkung auch mäßige Nachtfröste. In geschützten Lagen kann es da
bodennah auch rasch zweistellig ins Minus gehen.

Bis zum Montag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs nach Osteuropa. Da ein
kräftiger Keil über Frankreich verbleibt, da sich in der Höhe kaum etwas am
Westeuropäischen Rücken tut, bleibt der antizyklonale Einfluss bei uns erhalten.
Mit der auf Süd drehenden Strömung wird aber vor allem in 850 hPa mildere Luft
zu uns geschaufelt (zunächst >0 Grad, am Montag im Südwesten sogar bis +10
Grad). Die Durchmischung ist aufgrund des flauen Gradienten aber dürftig, so
dass man noch nicht gleich die 20 Grad Marke ausrufen sollte. Dennoch wird es
bei reichlich Sonnenschein milder mit Höchstwerten zwischen 8 und 13 Grad, im
längeren Nebel und Hochnebel teils darunter. Die Nächte bleiben zwar vor allem
im Süden frostig, der Höhepunkt des kurzen "Kaltlufteinbruches" ist aber mit
Beginn der neuen Woche schon wieder vorbei. Entlang der Nordseeküste können am
Schwachpunkt der Hochdruckzone zeitweise schwache Tiefausläufer langschleifen -
ohne nennenswerte Regenfälle.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bei der Konsistenz gibt es dieses Mal nun wirklich nichts zu meckern, das schaut
alles sehr ähnlich aus im Vergleich zu den Vorläufen. Lediglich der zyklonale
Streifschuss im Norden wurden am Sonntag etwas reduziert und die Höhenmilderung
von Südwesten beschleunigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der grobe Fahrplan sieht bei allen gängigen Globalmodellen ähnlich aus. Die
Qualität des Kaltluftvorstoßes ist beim IFS allerdings am stärksten ausgeprägt.
Eine -10 Grad Isotherme in 850 hPa hat sonst keiner so richtig im Gepäck, meist
ist bei -8 Grad, GFS sogar nur -6 Grad Schluss. Für die nächtlichen Minima
sollte dieser Unterschied aber kaum relevant sein, da sind die
Bewölkungsverhältnisse viel entscheidender. Während dabei die Vorzeichen beim
Gros in der Nacht auf Sonntag eindeutig auf gering bewölkt bis klar stehen,
lässt GFS recht forsch mittelhohe Bewölkung ostwärts ausgreifen. Überhaupt
betont das amerikanische Modell den zyklonalen Einfluss im Norden stärker, was
aber aus jetziger Sicht wenig wahrscheinlich erscheint.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


In den Rauchfahnen der Temperatur liegen HL und CL am uneren Rand der EPS
Verteilung mit -10 Grad im Osten in 850 hPa. Die Mehrheit macht doch bei -7 und
-8 Grad Schluss. Im Anschluss öffnet sich der Spread zwar deutlich auf -5 bis
+10 Grad, die klare Mehrheit im EPS favorisiert aber den raschen Anstieg zum
Wochenwechsel auf mindestens +5 Grad.

Die Cluster unterscheiden sich ebenfalls nur in Art und Ausprägung des
Hochdruckaufbaus über Mitteleuropa. Dass selbiger vonstattengeht, daran bestehen
so gut wie keine Zweifel. Die deutliche Mehrheit der Member sieht auch bis Mitte
kommender Woche antizyklonalen Einfluss. Dabei ist eine stabile Hochdruckbrücke,
die sich vom Seegebiet südlich der Azoren bis nach Mitteleuropa erstreckt
wahrscheinlicher, als dass der Hochschwerpunkt Richtung Skandinavien verschiebt
(lediglich ein Cluster in der erweiterten Mittelfrist mit nur 4 Membern). Damit
bleibt allerdings auch der äußerste Norden und Nordwesten potentiell anfällig
für zyklonale Streifschüsse.

FAZIT: Anfangs noch windig und wechselhaft mit Schauern und örtlichen Gewittern,
teils bis in tiefe Lagen mit Schnee oder Graupel vermischt. Dazwischen aber auch
schon immer länger freundlich und trocken.
Zum Wochenende zunehmend sonnig, in den Nächten aber frostig kalt. Im Osten und
Süden gebietswese mäßiger Frost wahrscheinlich. Zur neuen Woche zunächst
Fortdauer des ruhigen und trockenen Hochdruckwetters aber insgesamt wieder
milder mit zweistelligen Höchstwerten, nachts mindestens Frostabschwächung - im
Westen und Norden vielfach auch wieder frostfrei. Im Großen und Ganzen steuern
wir nach den jüngsten turbulenten Tagen auf einen weitaus weniger gefährlichen
und warnintensiven Witterungsabschnitt zu.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER/STURMBÖEN:
Auf einzelne Sturmböen (gerade auch in Verbindung mit Gewitter) ab
Donnerstagnachmittag und vor allem am Freitag selbst wurde im Text bereits
eingegangen. Die Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen liegen im COSMO-LEPS und IFS
EPS im Norden, Nordwesten und Westen meist zwischen 30 und 60%, über der Nordsee
bei 80%. Südlich der zentralen Mittelgebirge findet man keine Hinweise mehr. Die
schwachen Signale im EFI in Küstennähe sind vernachlässigbar.

FROST:
Am Wochenende beschränkt sich die Gefahr markanter Wettererscheinungen auf
mäßigen Frost im Osten und Süden, was aber entscheidend von der
Bewölkungsvorhersage abhängen wird, deren Details derzeit noch nicht zu klären
sind. Vieles spricht jedoch für verbreitet klare Verhältnisse in der Nacht zum
Sonntag - dem voraussichtlichen Höhepunkt des kurzen Kaltlufteinschubs.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen