DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-02-2022 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.02.2022 um 10.30 UTC



Bis zum Wochenende vorwiegend wechselhaft, ab Freitag etwas kälter, dann
allmähliche Beruhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 27.02.2022


Vor allem der Index der Arktischen Oszillation (AO) soll gemäß der Mehrzahl der
Ensemblemember des GEFS weiterhin deutlich im positiven Bereich verweilen. Das
entspricht im Wesentlichen dem nordamerikanischen Wetterregime Arctic Low
(Arktisches Tief). Die Werte der Nordatlantischen Oszillation (NAO) liegen
dagegen nach wie vor nur im leicht positiven Bereich. Das würde auch die
tendenziell nördlichere Verlagerung der Frontalzone zumindest teilweise
erklären. Durch anhaltende und teils intensive Zyklogenesen im Nordatlantik
(bzw. im Raum Neufundland beginnend) steigt allerdings stromab auch die Chance
auf stärker ausgeprägte Trogvorderseiten bzw. auch die Tendenz zu Blockings
(bevorzugt Mittel-, vorübergehend auch Nordeuropa). Dieser Trend in den
Vorhersagen hat sich im Vergleich zu den Vorläufen etwas verstetigt.

Nun zu einigen Details der Mittelfristvorhersage.

Am Mittwoch zieht das kleinräumige Tief samt teilweise okkludierter Kaltfront
unter Auffüllungstendenz nach Polen ab. Dabei ist letzteres in einen
amplifizierten Langwellentrog eingebettet, der von Westen her mit dem
nachrückenden Höhenrücken von Warmluftadvektion überlaufen wird.
Derweil intensiviert sich die Zyklonen-Tätigkeit im Nordatlantik,
gekennzeichnet durch Advektion hoher Werte der PV aus dem Arktisumfeld. Die
Modellwelt (v.a. IFS und GFS) reagiert darauf mit Intensivierung bzw. Neubildung
eines kräftigen Tiefs bei Island (950 bis 960 hPa Kerndruck, wahrscheinlich mit
mehreren Zentren). Auf dessen Vorderseite kann sich vorübergehend ein stark
amplifizierter Höhenrücken von Südwest-, über Mittel- bis nach Nordeuropa
aufwölben (mittlerweile von den Modellen ähnlich dargestellt), dessen Schicksal
jedoch durch positive Achsneigung relativ schnell besiegelt sein sollte.
Immerhin steht der Südwesthälfte ein recht freundlicher Tag ins Haus. Die 850
hPa-Temperatur steigt im Südwesten auf +4 bis +7 Grad an, im Osten und Nordosten
liegen diese bei rund 0 bis -2 Grad. In der Nacht zum Donnerstag zieht der
Gradient über der Nordsee mit Annäherung der Kaltfront des Tiefs südlich von
Island wieder an, mit ersten stürmischen Böen aus südwestlicher Richtung im
Nordseeumfeld. In der Mitte und im Süden tritt bei Auflockerungen leichter,
örtlich auch mäßiger Frost auf.

Am Donnerstag zieht das Islandtief bis etwa nördlich der Britischen Inseln,
unter allmählicher Abschwächung innerhalb des nun recht stark amplifizierten
LW-Troges und mit einem weiteren Tief über dem nördlichen Nordmeer
(Drehzentrum). Die mittlerweile etwas vom Tiefdruckkomplex abgesetzte und teils
verwellte Kaltfront überquert Deutschland bis Freitagfrüh allmählich
südostwärts. Rückseitig strömt erwärmte maritime Polarluft ein, mit 850 hPa-
Temperaturen in etwa zwischen -3 und -6 Grad. Das geht mit sinkender
Schneefallgrenze einher, in der Nacht sind im Nordwesten mit dem nachrückenden
Höhentrog in höhenkalter Luft (mit relativ hohen PV-Werten und vorderseitigen
starken Hebungs- bzw. dynamischen Streckungsprozessen) auch kurze Gewitter mit
Graupel möglich. Vom Wind her dürfte vor allem der Norden und Nordwesten teils
stürmische Böen oder auch Sturmböen aus südwestlicher bis westlicher Richtung
bekommen, auf exponierten Gipfeln sind auch schwere Sturmböen oder orkanartige
Böen drin. An der Kaltfront selbst sind auch südostwärts einzelne stürmische
Böen möglich.

Am Freitag zieht der nunmehr in seiner Amplitude vergrößerte Höhentrog mit
seiner Achse bis zum Abend etwa auf eine Linie von Südfrankreich bis nach
Nordskandinavien. Interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass eine
nachfolgende neue und kräftige Zyklogenese bei Neufundland indirekt einerseits
die Progressivität der planetaren welle weiter stromab und zwar im nördlichen
Bereich fördert, andererseits sich vorderseitig westlich der Britischen Inseln
ein veritabler Rücken aufbaut. Letzterer hat positive Achsneigung und weist in
Richtung bzw. vor Island das stärkste zyklonale Wellenbrechen durch die sich
verstärkende Zyklone bzw. LW-Trog westlich von Island auf. Dadurch und dem
Einfluss der Advektion planetarer Vorticity verlangsamt unser Höhentrog stromab
seine Progressivität und hängt in seinem Südteil zunehmend nach Westen zurück.
Das zum Randtief mutierte Tief nördlich der Britischen Inseln zieht derweil
unter Abschwächung in die Ostsee. Daran gekoppelt ist nichtsdestotrotz eine
Kaltfront, hinter der der Zustrom maritimer Polarluft noch verstärkt wird. So
liegen die 850 hPa-Temperaturen Samstagfrüh zwischen -6 Grad im Süden und -9
Grad im Norden des Landes. Für Deutschland bedeutet diese Konstellation eine
typische Troglage mit Schauerwetter und vor allem in der Nordhälfte teils
stürmischen Böen, im Küstenumfeld und auf den Bergen auch Sturmböen. Im Bergland
können einige Zentimeter Neuschnee fallen, im Flachland reicht es in der Nacht
wohl nur zu Glätte. Auch einzelne kurze Gewitter sind denkbar.

Am Samstag soll sich der Rücken unter weiterer Amplifizierung ostwärts verlagern
mit korrespondierendem Bodenhoch, über Mitteleuropa. Nach Süden hängt der
LW-Trog zurück und soll mit eigenständiger Zyklone über Mittelitalien abtropfen.
Bevorzugt im Süden und Osten werden noch Niederschläge (Schnee an den Alpen)
simuliert. Die 850 hPa-Temperatur steigt nach IFS im Südwesten und Westen bis
Sonntagfrüh auf etwa 0 Grad an, in der Osthälfte liegt diese noch zwischen -3
und -7 Grad, ganz im Südosten auch noch darunter.

Am Sonntag regeneriert eine weitere intensive Zyklogenese südlich von Island den
Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik bzw. später über Westeuropa und stärkt
damit die sich ausgebildete Hochbrücke über Mittel- und Osteuropa. Über den
Norden wird ein Kurzwellentrog simuliert, bevor in der Nacht zum Montag die
Warmfront des neuen Islandtiefs die Nordsee erreicht. Montagmorgen liegt die 850
hPa-Temperatur bei 2 bis 4 Grad im Westen und Südwesten und 0 bis -3 Grad nach
Osten hin.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt voraussichtlich der Höhenrücken bis etwa
zur Wochenmitte für Mitteleuropa wetterbestimmend, verbunden mit allmählichem
Ansteigen der Tageshöchstwerte. Bis Dienstag/ Mittwoch überwiegen somit die GWL
wie Hochmitteleuropa (HM) oder Brücke Mitteleuropa (BM).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neue IFS-Lauf weist gegenüber den Vorläufen eine recht gute Konsistenz auf.
Die vorübergehende Wetterberuhigung über die Wochenmitte ist drin. Zum
Wochenende nehmen die synoptischen Unsicherheiten zu, nun wird ein Zurückhängen
und späteres Abtropfen des Langwellentroges ins Mittelmeer simuliert. Allerdings
wird Hochdruckeinfluss durch den Höhenrücken über Mittel- und Nordeuropa
wahrscheinlicher. Bezüglich warnwürdiger Parameter wie Wind und Niederschlag ist
keine neuartige Entwicklung zu erkennen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Gerade ab dem nächsten Wochenende divergieren andere Globalmodelle wie z.B. GFS
zunehmend. Das betrifft weniger die übergeordneten Strömungsmuster als
synoptische Details, die auch in den Clustern des IFS zu finden und weiter unten
im Wesentlichen beschrieben sind.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die gruppierten Cluster des IFS sehen bis Ende der Woche (t+120 bis +168 h)
mittlerweile doch recht ähnlich aus. Der Ansatz der Blockierung ist in allen
drei Clustern erkennbar, Unsicherheiten ergeben sich aus Intensität und genauer
Zugbahn nordatlantischer Tiefdruckgebiete. In der erweiterten Mittelfrist (t+192
bis +240 h) existieren Lösungen für NAO positiv als auch für Blocking, wobei die
größten Unterschiede der vier gruppierten Cluster wohl in der Frage besteht,
inwieweit sich die Frontalzone in Nordeuropa wieder glättet. Allerdings ist am
Ende auch eine so genannte wave-2-Konstellation (jeweils ein Rücken über dem
Nordatlantik und dem Nordpazifik) zu erkennen, was sich mit verstärkten
meridionalen und vertikalen Wärmeflüssen unmittelbar auf die Stärke des
Polarwirbels auswirken könnte und als Folge ein bisschen den Dampf aus der
Progessivität der planetaren Wellen nehmen könnte.

Bezüglich der Rauchfahnen sei erneut eine willkürlich gewählte Station in
Mitteldeutschland ausgewählt:

Relativ deutlich ist der vorübergehende Rückgang der 850-Temperatur ab
Donnerstag/Freitag drin, mit nachfolgendem erneuten Anstieg ab Sonntag.
Demzufolge nehmen die Niederschlagssignale an der Kaltfront/Trog zu, bevor
danach kaum noch Niederschlagssignale bis Mitte übernächster Woche vorhanden
sind. Beim Geopotenzial in 500 hPa ist der Knick Do/Fr deutlich, ebenso wie der
nachfolgende stetige Anstieg. Die beschriebenen Trends weisen einen relativ
geringen Spread auf, in die auch Haupt- und Kontrolllauf nahezu im Median
eingebettet sind.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch im Nordosten und Osten stürmische Böen (Bft 8) aus
westlicher Richtung gering wahrscheinlich. In den zentralen und
östlichen Mittelgebirgen noch Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9
bis 10) wahrscheinlich. In der Nacht zum Donnerstag im Nordseeumfeld
einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus südwestlicher Richtung möglich.

Am Donnerstag und der Nacht zum Freitag vor allem in der Nordwesthälfte
stürmische Böen sowie einzelne Sturmböen (Bft 8 bis 9) an den Küsten
wahrscheinlich, auf den Bergen Sturmböen und schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10,
vereinzelt 11). An der Kaltfront südostwärts stürmische Böen (Bft 8) gering
wahrscheinlich. Im Nordwesten einzelne starke Gewitter gering wahrscheinlich
(Nacht zum Freitag), bis Freitagfrüh in den Mittelgebirgen sowie eventuell
bereits an den Alpen >10 cm Schnee nicht ganz ausgeschlossen.

Am Freitag bevorzugt in der Nordhälfte stürmische Böen aus westlicher Richtung
wahrscheinlich, im Küstenumfeld und auf den Bergen auch Sturmböen (Bft 9,
vereinzelt 10). In der Nordhälfte starke Gewitter möglich. In den Mittelgebirgen
sowie an den Alpen markanter Schneefall >10
cm in 12 h gering wahrscheinlich.

Am Samstag bis zum Abend an den Alpen nochmals >10 cm in 12 h gering
wahrscheinlich, sonst voraussichtlich keine warnwürdigen Ereignisse.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GEFS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz