DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
19-02-2022 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.02.2022 um 10.30 UTC
Vorwiegend mild, oft wechselhaft und zeitweise windig, zum Ende Beruhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 26.02.2022
Auch diese Mittelfrist steht ganz im Zeichen meist progressiver planetarer
Wellen bei weiterhin deutlich NAO positiv. Insgesamt verlagert sich die
Frontalzone etwas weiter nördlich. Durch anhaltende und teils intensive
Zyklogenesen im Nordatlantik (bzw. im Raum Neufundland beginnend) steigt
allerdings stromab auch die Chance auf stärker ausgeprägte Trogvorderseiten bzw.
auch die (vorübergehende) Tendenz zu Blockings (bevorzugt Mittel- und
Nordeuropa). Man wird abwarten, wie stabil und ausgeprägt diese angesichts eines
weiterhin überdurchschnittlich starken Polarwirbels in der Tat sind.
Am Dienstag beeinflusst eine ausgeprägte Mittelmeerzyklone im Rahmen eines stark
amplifizierten Langwellentroges über Osteuropa die Balkanregion. Über
Mitteleuropa schiebt sich ein flacher Rücken ein. Eine umfangreiche Zyklone bei
Island wartet mit seinem Frontensystem allerdings bereits in Lauerstellung.
Interessanterweise kann sich am Okklusionspunkt etwa über dem Nordmeer eine
Zyklogenese zu einem Teiltief vollziehen. Die Lage am gesplitteten Jet mit
linkem Ausgang und entsprechend hohen Divergenzwerten in 300 hPa sollte sich
entwicklungstechnisch günstig auswirken.
Windig bleibt es in der weiterhin recht strammen Frontalzone bzw. in deren
Randbereich vor allem auf den Bergen und mit Annäherung der Warmfront im
Küstenumfeld (bei erneutem Druckfall von Nordwesten her). Bei 850
hPa-Temperaturen am Abend von ca. +2 Grad im Westen bis -3 Grad im Nordosten
bleibt es recht mild. Das kleinräumige Tief zieht in der Nacht über die Nord- in
die Ostsee und vertieft sich noch etwas, bevor es unter vorübergehender Glättung
der Frontalzone in dynamisch ungünstigere Verhältnisse in Richtung Polen und
Baltikum steuert, mit Auffüllungstendenz bei verstärktem Absinken von Westen
her.
Am Mittwoch intensiviert sich die Zyklonen-Tätigkeit im Nordatlantik,
gekennzeichnet durch Advektion hoher Werte der PV aus dem Arktisumfeld. Diese
dynamische Konstellation wird gestützt durch die nordamerikanische GWL Arctic
Low, mit entsprechend deutlich positiven Werten des AO-Index (Prognose für das
Geopotenzial auf 1000 hPa von NOAA um +3! für Mitte der Woche). Die Modellwelt
(v.a. IFS und GFS) reagiert darauf mit Intensivierung bzw. Neubildung eines
kräftigen Tiefs bei Island (um 950 hPa Kerndruck). Auf dessen Vorderseite kann
sich vorübergehend ein stark amplifizierter Höhenrücken von Südwest-, über
Mittel- bis nach Nordeuropa aufwölben (bei GFS und ICON allerdings schwächer
ausgeprägt), dessen Schicksal jedoch durch positive Achsneigung relativ schnell
besiegelt sein sollte. Immerhin steht der Südwesthälfte ein recht freundlicher
Tag ins Haus. Die 850 hPa-Temperatur steigt im Südwesten auf +6 bis +8 Grad an,
im Osten und Nordosten liegen diese bei rund 0 bis -2 Grad. In der Nacht zum
Donnerstag zieht der Gradient über der Nordsee mit Annäherung der Kaltfront des
Tiefs südlich von Island wieder an, mit stürmischen Böen aus südwestlicher
Richtung im Nordseeumfeld. In der Mitte und im Süden tritt bei Auflockerungen
leichter, örtlich auch mäßiger Frost auf.
Am Donnerstag und Freitag zieht das Islandtief über die Nordsee in die Ostsee,
unter allmählicher Abschwächung innerhalb des nun recht stark amplifizierten
LW-Troges und mit einem weiteren Tief über Nordskandinavien. Rückseitig strömt
erwärmte maritime Polarluft ein, mit 850 hPa- Temperaturen zwischen -3 und -6
Grad. Das geht mit sinkender Schneefallgrenze einher, im Norden bzw. auch an der
Kaltfront sind in höhenkalter Luft (mit relativ hohen PV-Werten) kurze Gewitter
mit Graupel denkbar. Vom Wind her dürfte vor allem die Nordhälfte teils
stürmische Böen oder auch Sturmböen aus westlicher Richtung bekommen, auf
exponierten Gipfeln sind auch schwere Sturmböen oder orkanartige Böen drin.
Interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass eine nachfolgende
kräftige Zyklogenese bei Neufundland indirekt einerseits die Progressivität der
planetaren welle weiter stromab fördert, andererseits sich vorderseitig im
Bereich Britische Inseln bis ins Nordmeer ein veritabler und ordentlich
amplifizierter Rücken aufbaut.
Am Samstag soll sich der Rücken unter weiterer Amplifizierung ostwärts verlagern
mit korrespondierendem Bodenhoch, wahrscheinlich über dem südlichen
Mitteleuropa. Damit könnte zumindest die Südhälfte eher auf der Sonnenseite
liegen, wobei nicht sicher ist, inwieweit der vorgelagerte Trog ostwärts
abgedrängt wird. ICON zeigt auch Abtropftendenzen des stark amplifizierten
Troges über dem zentralen Mittelmeerraum. Hier bestehen demnach noch größere
Unsicherheiten. Die 850 hPa-Temperatur steigt nach IFS im Südwesten und Westen
bis Sonntagfrüh auf +2 bis +4 Grad an, in der Osthälfte liegt diese zwischen -2
und -5 Grad.
In der erweiterten Mittelfrist stellt sich die Frage, wie stabil und ausgeprägt
der erwähnte Höhenrücken ist. Auch bei IFS wird dieser nun nach Osten/Süden von
Trogresten (einschl. Mittelmeertief) eingekeilt. In Richtung Osteuropa kann sich
derweil eine Brücke hohen Geopotenzials ausbilden. Ob das Blocking in Nordeuropa
den progressiven Wellen länger standhalten kann, ist wohl eher fraglich. Für
Mitteleuropa sieht es nichtsdestotrotz bis Anfang übernächster Woche eher nach
störungsarmem Hochdruckwetter bzw. Hochrandlage aus.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der neue IFS-Lauf weist eine recht gute Konsistenz im Vergleich zu den Vorläufen
auf. Die weiterhin recht straffe westliche Grundströmung bleibt uns mit kurzen
Unterbrechungen erhalten. Damit bleibt zumindest der Wind auf der Warnagenda,
hinsichtlich zu erwartender Niederschläge kann festgehalten werden, dass die
Hauptfrontalzone erneut etwas nördlicher verläuft. Zum Wochenende deutet sich
ein veritabler (Omega-)Block vom zentralen Mittelmeer bis nach Nordeuropa an.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Der Vergleich mit anderen Globalmodellen wie GFS und ICON ist im Wesentlichen
bereits im Text weiter oben eingeflossen. Zum nächsten Wochenende hin nimmt die
Modellstreuung naturgemäß zu, wobei vor allem GFS klare Blockingsignale drin
hat. ICON verlangsamt die Progression des ostatlantischen Rückens durch den
Abtropfprozess über dem zentralen Mittelmeer. Im Gegenteil, dort wird am Rande
eines Hochs bei den Britischen Inseln bzw. einer Hochdruckzone bis zum Nordmeer
mit weiteren Randtrögen im Rahmen des LW-Troges über Nord- und Nordosteuropa mit
nördlicher Strömung arktische Polarluft über Skandinavien nach Mitteleuropa
geführt (850 hPa-Temperatur - 7 bis -9 Grad). Das könnte dann vor allem in der
Osthälfte auch Schneeschauer bringen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Für die Ergebnisse der EPS und gruppierten Cluster des IFS sind zwei Termine
bezüglich Unsicherheiten besonders interessant: Zum einen Mittwoch/Donnerstag
die vorübergehende Wetterberuhigung. Da resultiert aus 6 Clustern (+72 bis +96
h) für den Zeitschritt t+120...+168 h nur noch ein gruppiertes Cluster. Dieser
Übergang in eine größere suggerierte Sicherheit dürfte kritisch zu betrachten
sein, liefern doch GFS und ICON auch andere Lösungen. Die Frage, wie schnell der
nächste LW-Trog von den Britischen Inseln her nachfolgt, sollte man auf nächste
Modelläufe verschieben.
Der zweite interessante Termin ist das nächste Wochenende, also gruppierte
Cluster für t+192...+240 h. Dort geht bei IFS die GWL von NAO positiv teils in
Lösungen mit Blocking (Europeen Blocking) über, entsprechend wird für
Mitteleuropa die GWL Hoch Mitteleuropa (HM) oder Bücke Mitteleuropa (BM) von der
Mehrzahl der Member angeboten. Die weiter oben kurz angerissenen Optionen von
Nordost antizyklonal (NEa) oder Hoch Fennoskandien antizyklonal (HFa) bzw. Hoch
Nordmeer/Fennoskandien antizyklonal (HNFa) sind bei IFS deutlich in der
Minderheit bzw. gar nicht vorhanden. Auch Südwest antizyklonal (SWa) wäre im
Verlauf durchaus denkbar, kommt aber ebenso kaum vor.
Noch eine kurze Analyse der Rauchfahnen für einen Ort im Flachland in
Mitteldeutschland:
Die 850 hPa-Temperatur beschreibt zwar bis zum Wochenende weiterhin ein Auf und
Ab, die Schwankungsbreite hält sich aber in Anbetracht der beteiligten
Luftmassen in überschaubaren Grenzen - maximal +3 bis +5 Grad Mi/Do bei geringem
Spread, Minimum ca. -4 bis -6 Grad zum Wochenende hin, bei zunächst geringem
Spread. In der erweiterten MiFri geht der Trend recht eindeutig nach oben, dann
aber bei deutlich zunehmendem Spread.
Beim Niederschlag ist klar die Pause Mi/Do auszumachen sowie die
Wetterberuhigung am Wochenende, mit nur noch geringen Niederschlagssignalen.
Beim Geopotenzial in 500 hPa ist nach einem fast ununterbrochenen Anstieg bis
Mittwoch der deutliche Knick bis Freitag drin, bevor es dann mit recht
deutlichem Trend wieder nach oben geht.
Größere Widersprüche zum Text weiter oben lassen sich nicht ausmachen.
Ausreißerlösungen wurden hier nicht mit einbezogen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Dienstag vor allem in der Nordhälfte stürmische Böen (Bft 8) aus westlicher
Richtung wahrscheinlich, an der See sowie auf den Bergen Sturmböen, auf einigen
Gipfeln auch schwere Sturmböen wahrscheinlich (Bft 9 bis 10). Am Alpenrand
geringe Signale für Dauerregen >30 l/qm in 24 h (IFS-EPS). In höheren Lagen
(oberhalb etwa 1000m) markanter Schneefall >10 cm in 12 h gering wahrscheinlich
(ICON-EU EPS).
Am Mittwoch im Nordosten und Osten stürmische Böen (Bft 8) aus westlicher
Richtung gering wahrscheinlich. In den zentralen und östlichen Mittelgebirgen
noch Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10) wahrscheinlich. In der
Nacht zum Donnerstag im Nordseeumfeld stürmische Böen (Bft 8) aus südwestlicher
Richtung möglich.
Am Donnerstag und Freitag vor allem in der Nordhälfte stürmische Böen sowie
einzelne Sturmböen (Bft 8 bis 9) wahrscheinlich, auf den Bergen Sturmböen und
schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10, vereinzelt 11). Vor allem in der Nordhälfte
einzelne starke Gewitter gering wahrscheinlich (Donnerstag/ Nacht zum Freitag).
In der Nacht zum Samstag in höheren Lagen der Mittelgebirge sowie an den Alpen
markanter Schneefall >10 cm in 12 h gering wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GEFS, ICON, NOAA, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz