DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
14-02-2022 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.02.2022 um 10.30 UTC
Sehr wechselhafte, oft milde Westwetterlage mit (schweren) Sturm-, eventuell
regional auch orkanartigen Böen. Teils länger anhaltende Regenfälle, besonders
in den Weststaulagen der Mittelgebirge Dauerregen wahrscheinlich. In den
Kammlagen zeitweise Schneefall
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 21.02.2022
Wz (West zyklonal): So kann man sehr kurz die Wetterentwicklung mittelfristig
zusammenfassen.
Donnerstag ... Deutschland befindet sich an der Südflanke eines
Tiefdruckkomplexes mit mehreren Kernen (je nach Modell zwischen 970 und 965
hPa), die wie einer Perlenkette von der nördlichen Nordsee über Südschweden bis
zur Ostsee hintereinander reihen. Zusammen mit dem kräftigen Hoch bei Portugal
(um 1030 hPa) baut sich ein ordentlicher Gradient über Deutschland auf. Bis
Mittag hängt nur an den Alpen die Kaltfront des Tiefdruckkomplexes, wo noch
längere Zeit regnen kann. Ansonsten liegt der Rest des Landes an seiner
Rückseite in der kühleren Meeresluft, die stark durchmischt ist. Dabei treten
nur einzelne Schauer auf. Die Schneefallgrenze liegt allenfalls in den Kammlagen
der Mittelgebirge und über 1000 m in den Alpen. Der Sturm ist das große Thema.
Vor allem im Norden und in der Mitte, eventuell auch im Alpenvorland durch
Leitplankeneffekt drohen verbreitet schwere Sturmböen um 100 km/h aus westlichen
Richtungen. An der See (vor allem Nordsee) sind Orkanböen um 120 km/h
wahrscheinlich und in den Kammlagen der Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln
treten Böen um 130 km/h, (auf dem Brocken um 150 km/h) auf. Vor allem auf den
nordfriesischen Inseln besteht zudem die Gefahr einer (schweren) Sturmflut.
In der Nacht zum Freitag entspannt sich von Südwesten her die Windsituation.
Zwischenhocheinfluss stellt sich über Deutschland ein. Letzte Regenfälle in
Bayern und in Norddeutschland ziehen ab und der Himmel klart gebietsweise auf.
Aber das nächste Orkantief steht vor der Tür.
Freitag ... Vorneweg gibt es eine große Unsicherheit, wo das Orkantief entlang
zieht. Nach GFS und EZMW zieht das Orkantief (tiefster Luftdruck bei 965 hPa Fr.
18 UTC), das sich aus einem Wellentief über dem Nordatlantik am Vortag
entwickelt, von Irland über der Nordsee bis nach Südschweden. ICON hingegen
lässt das Tief deutlich weiter südlich ostwärts ziehen und zwar von England über
Norddeutschland nach Polen. Die Entwicklung ist nicht so stark (lediglich bei
980 hPa Fr. 18 UTC). Auf jedem Fall ist Vollwetter garantiert: Es beginnt mit
den Warmfrontniederschlägen. In der zweiten Tageshälfte folgt die Kaltfront,
nach ICON auch die herumgeholte Okklusion.
Der Wind frischt dabei von Westen her deutlich auf. Vor allem an der Kaltfront,
später auch postfrontal werden die stärksten Böen erwartet. NACH GFS und EZMW
liegt das Hautsturmfeld über Norddeutschland, dort drohen orkanartige bis
Orkanböen zwischen 110 und 130 km/h, in der Mitte und im Süden Sturm- bis
schwere Sturmböen zwischen 70 und 100 km/h. Im Bergland gibt es Orkanböen um 120
km/h. Sollte ICON recht haben, dann gäbe es im Norddeutschland kaum Wind (dort
zeiht der Kern durch). Die Mitte und der Süden geraten hingegen voll ins
Sturmfeld des Orkantiefs mit orkanartigen Böen bis ins Flachland und voller
Orkan im Bergland. Im Norden durch die Niederschlagabkühlung und die kältere
Luft könnte der Regen vorübergehend in Schnee übergehend mit entsprechender
Glättegefahr. In der Nacht zum Samstag verbleibt die Nordosthälfte Deutschlands
nach GFS und EZMW noch voll im Sturmfeld des Orkantiefs, das über Südschweden
liegt. Nach ICON hingegen liegt das Tief schon über Polen und von Westen her
fächert der Gradient rasch und der Wind nimmt deutlich ab.
Ab Samstag bis Montag nehmen die Unterschiede zwischen den betrachteten Modellen
weiter zu, so dass eine halbwegs vernünftige Vorhersage schwierig ist. In der
starken westlichen Strömung sind Kurzwellentroge eingebettet, die von den
Modellen sowohl zeitlich als räumlich simuliert werden. Entsprechend verlaufen
die verbundenen Niederschlagsgebiete unterschiedlich. Die Sturmgefahr bleibt
erhöht. Zudem besteht eine Dauerregenlage in den Weststaulagen der
Mittelgebirge, vor allem nach ICON.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums ist die Konsistenz der
EZMW-Läufe als gut zu bezeichnen. Die Zugbahn des ersten Tiefs (nördlich
Schottland nach Südschweden) scheint gesichert und ist etwas südlicher gerechnet
als der Lauf am Vortag. Beim zweiten (Orkan)-Tief am Freitag sind die
Diskrepanzen auch relativ klein. Die Zugbahn wird ähnlich simuliert
(Irland-Nordsee-Südschweden-Ostsee. Der Höhenpunkt der Entwicklung wird am
Samstag um 18 UTC mit einem Kern von 965 hPa über der Nordsee vor Skagerrak
gerechnet. Ab Samstag wird die Konsistenz im Detail schlechter. Die großräumige
Wetterlage wird aber sehr ähnlich gerechnet und zwar die Wz-Lage bleibt
erhalten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Konsistenzunterschiede von EZMW zeigen sich bei der Betrachtung der anderen
Globalmodelle nur eingeschränkt. Bis Donnerstag gibt es allgemein nur geringe
Unterschiede. Spannend wird es dann bei der Orkantiefentwicklung am Freitag:
EZMW zusammen mit GFS und GEM hat eine nördliche Zugbahn über dem Skagerrak,
ICON die südlichste Zugbahn über Norddeutschland und UKMO eine mittlere Zugbahn
über Dänemark. Entsprechend liegt das Hauptsturmfeld mehr oder weniger über
Nord- oder in der Mitte von Deutschland. Ab Samstag nehmen die Unterschiede
zwischen den Modellen im Detail deutlich zu, aber das Großmuster bleibt erhalten
(Wz).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
EPS:
Die Westwetterlage zeigt sich natürlich auch bei der Betrachtung der Rauchfahnen
für repräsentative Orte in Deutschland. Alle weisen einen Auf und Ab im
Temperaturverlauf in 850 hPa auf, wobei das Gesamtniveau besonders im Süden
einem sehr milden Bereich zugeordnet werden kann. Sonst kommt es zu einem
Wechsel zwischen milden und mäßig warmen Abschnitten (T850 pendelt um 0 Grad mit
einer Amplitude von 3 bis 5 Grad). Die unruhigen Niederschlagssignale zeigen den
wechselhaften Abschnitt an, wobei in der Fläche keine warnrelevanten Mengen zu
erwarten sind. Dieses Risiko wird sich meistens auf die Staulagen der
Mittelgebirge begrenzen. Ab der erweiterten Mittelfrist ergeben sich schließlich
deutliche Unsicherheiten beim Geopotential, daher sind hier viele Varianten
möglich.
CLUSTER:
+120 ... 168h: Es liegen 4 Cluster vor, wobei der Hauptlauf im Cluster 4 und der
Kontrolllauf im Cluster 1 zugeordnet wird. Fast alle propagieren eine positive
NAO. Die Westwetterlage ist auch bei den Clustern ersichtlich, wobei die
Unsicherheiten noch beim möglichen Einfluss des Rückens über Südeuropa auf den
Süden des Landes und bei den durchziehenden Kurzwellentrögen bestehen.
+192 ... 240h: Die Clusterzahl verbleibt bei 4. Der Kontroll- und der Hauptlauf
bleiben im Cluster 1 bei positiver NAO. Die anderen Cluster weisen zunehmend auf
einer Verstärkung des Rückens über Südwesteuropa auf, der mehr Einfluss auf das
Wetter zumindest im Süddeutschland erhält. Somit sinkt die Sturmgefahr
allmählich ab.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Der Wind ist das Hauptelement in der Mittelfrist. Dabei werden vor allem am
Donnerstag und am Freitag verbreitet Sturm- bis schwere Sturmböen, an der See
und im Bergland Orkanböen erwartet. Am Freitag besteht sogar das Potential für
Orkanböen auch im Flachland. EFI bringt erste Signale von 0,7 in der Nacht zum
Donnerstag. Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag erhöht sich dies auf 1,0,
um danach wieder abzufallen. ICON-EU-EPS rechnet die höchsten
Wahrscheinlichkeiten für mehr als Bft 11 abseits der Küsten für die Nacht zum
Donnerstag und am Donnerstag, sowie nach kurzer Pause in der Nacht zum Freitag
am Freitagnachmittag und Abend und in der Nacht zum Samstag.
DAUERREGEN:
Eine mäandrierende Westwetterlage mit schnell aufeinander folgenden
Regenereignissen fordert die Betrachtung von akkumulierten Niederschlagsmengen.
Dabei stechen die Staulagen der westlichen und der zentralen Mittelgebirge mit
Mengen von mehr als 50 l/m² heraus. ICON legt hier noch einiges drauf mit bis zu
60 l/m². Aktuell wird ein Mittelwert daraus als wahrscheinlichste Lösung
bevorzugt. Das bedeutet, dass länger laufende markante Dauerregenwarnungen
wahrscheinlich sind. Der erste Schwung ist in der Nacht zum Donnerstag und dann
am Sonntag bis in die Nacht zum Montag (dies nur nach ICON). EFI liefert ein
heterogenes Bild und leicht erhöhte Signale bis Donnerstagvormittag, danach kaum
Signale. COSMO-Leps arbeitet ebenfalls die Mittelgebirge mit bis zu 40% für mehr
als 40 l/qm in 48 Stunden heraus, am Donnerstag und der Nacht zum Freitag
verlagern sich diese Signale von den westlichen zu den südlichen Mittelgebirgen.
Sonst gibt es keine erhöhten Werte.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det., EZWM-prob., ICON-det., GFS, UKMO, GEM
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marco Manitta