DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
12-02-2022 12:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.02.2022 um 10.30 UTC
Unbeständig, immer wieder stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 19.02.2022
Am Dienstag zu Beginn des Mittelfristzeitraumes befindet sich Deutschland im
Einflussbereich eines Langwellentroges, der in der Nacht zu Dienstag auf den
Westen übergreift und sich am Tage nach Osten verlagert. Über dem Atlantik
befindet sich derweil ein großräumiges Hoch, an dessen Nordflanke eine zu
wellenneigende Frontalzone befindet. Im Laufe des Dienstags verlagert sich
entlang der Frontalzone ein sich entwickelnder Randtrog in Richtung
Mitteleuropa. Dieser, sowie eine Leetiefentwicklung über dem Löwengolf führen zu
einer Deformation des Langwellentroges über Mittel- und Südeuropa und zu einem
nur zögerlichen Abziehen nach Osten. Der südliche Part des Langwellentroges
hängt immer mehr zurück bzw. koppelt sich vom nördlichen Trog ab. In dessen
Weiterentwicklung setzt über dem mittleren Mittelmeer eine Cutoff-Entwicklung
(am Mittwoch) ein.
Das im Randtrog befindliche teilokkludierte Frontensystem soll Deutschland am
Abend im Westen erreichen und nachts rasch nach Osten abziehen. Der zunehmende
Druckgradient sorgt in der Nacht zu Mittwoch für verbreitet Wind-, an der Küste
und auf den Bergen auch für Sturmböen. In Lagen oberhalb 600 bis 1000m kann es
in den Mittelgebirgen sowie am Alpenrand auch etwas schneien.
Vor der Küste Grönlands entwickelt sich im Laufe des Dienstags entlang der
wellenden Frontalzone ein Sturmtief. Vorderseitig dieses Systems setzt kräftige
WLA ein und hält die Kaltfront des vorherigen Systems zurück, bzw. geht die
Kaltfront in die Warmfront des neuen Systems über.
Am Mittwoch greift die Warmfront des neuen atlantischen Tiefdrucksystems auf
Mitteleuropa über. In 850 hPa steigen die Temperaturen auf bis zu +5 Grad über
Deutschland, somit steigen auch die Schneefallgrenzen auf über 2000m. Auch wenn
der Warmsektor in der Höhe von einem Höhenrücken überlaufen wird, sind in der
straffen Nordwest- bis Westströmung vor allem am Alpenrand Staueffekte zu
erwarten. Bei den hohen Schneefallgrenzen ist eine Dauerregenlage nicht
auszuschließen.
Im Laufe des Tages wird das Atlantikhoch von einem sich neu entwickelnden
Langwellentrog von Grönland her nach Süden abgedrängt. Auch die Kaltfront des
Sturmtiefs über dem europäischen Nordmeer kann entsprechend Raum in Richtung
Mitteleuropa gut machen und erreicht in der Nacht zu Donnerstag unsere
Nordseeküste. Der Druckgradient verschärft sich und verbreitet müssen Wind- bzw.
auch stürmische Böen im gesamten norddeutschen Binnenland bis zur Mitte erwartet
werden. An den Küsten und auf den Mittelgebirgen sind auch Sturm- oder schwere
Sturmböen, vereinzelt auch Orkanböen wahrscheinlich.
Am Donnerstag zieht über Norddeutschland die Warm- bzw. Kaltfront rasch nach
Polen ab. Nach Süden hin wird die zu wellen neigende Frontalzone an der
Nordflanke des weiterhin umfangreichen Atlantikhochs zurückgehalten und wird
etwa über der südlichen Mitte Deutschlands liegen bleiben. Der Gradient bleibt
dabei vor allem in der Nordhälfte stark, während er im Südwesten im Tagesverlauf
wieder auffächert. Dafür wird sich im Norden auch mal die Sonne zeigen, im Süden
bleibt es dagegen überwiegend bedeckt und regnerisch, strichweise muss mit
Dauerregen, bzw. dort wo noch Schnee liegt mit Tauwetter gerechnet werden.
Im Tagesverlauf setzt über dem Atlantik an der Frontalzone Zyklogenese ein und
ein daraus hervorgegangenes Wellentief macht sich in der Nacht zu Freitag auf
den Weg nach Westeuropa. Deutschland bleibt nachts zweigespalten. Im Norden
sorgt die eingeflossene Kaltluft für kühlere Nachttemperaturen als im Süden.
Temperaturen im Frostbereich sind aufgrund der guten Durchmischung der unteren
Troposphäre im Norden aber dennoch unwahrscheinlich.
Am Freitag ergeben sich, betrachtet man die verschiedenen Läufe von IFS und
andere Globalmodelle, einige Unterschiede. Die wellenende Frontalzone simulieren
zwar alle Modelle, jedoch gibt es große Unterschiede in Position und Stärke der
Wellenentwicklung. Nach IFS soll eine Welle am Freitag über Süddeutschland
durchziehen, was zwar auch den Gradienten zeitweise antreibt. Jedoch würde dies
evtl. auch nochmal den Dauerregen strichweise verstärken, von einer großräumigen
Sturmlage kann man da aber nicht sprechen. GFS sieht die Entwicklung schon etwas
stärker, das Maximum simuliert aber ICON mit einer deutschlandweiten Sturm-
evtl. auch Orkanlage mit Max-Böen bis im schweren Sturmbereich in tiefen Lagen.
In den Bergen und Küsten wären demnach auch Orkan denkbar.
Jede diese Szenarien sind aufgrund der Ausgangssituation per se nicht
auszuschließen und zeigen den Spread der möglichen Entwicklungen auf.
Am Samstag, wenn so oder so die Welle nach Osten abgezogen ist, schleift die
Kaltfront noch am Alpenraum und sorgt dort für nachlassende, aber vermehrt in
Schnee übergehende Niederschläge. Die hinter der Kaltfront eingeflossene
Kaltluft mit 850 hPa Temperaturen bis -5 Grad, sorgt für einen wechselhaften, im
Nordosten auch konvektiv durchsetzen Wettercharakter. Im Laufe des Tages
erreicht Deutschland von Nordwesten her aber erneut ein hochreichendes
Tiefdrucksystem, dass sich an der Nordflanke des atlantischen Hoch nach Osten
verlagert. Das Hoch wird dabei immer mehr nach Westen abgedrängt. Am Abend und
in der Nacht zu Sonntag soll dabei ein teilokkludiertes Frontensystem auf den
Westen übergreifen und anschließend rasch nach Osten abziehen. Erwähnenswert
dabei ist, dass hinter der Okklusion auch ein Schwall höhenkalter Luft mit 500
hPa Temperaturen bis -37 Grad nach Deutschland einfließt. Dies sollte für einige
konvektive Umlagerungen sorgen. Vor allen sind dann auch vermehrt Schneeschauer
im Programm, Gewitter sind natürlich auch nicht auszuschließen.
In der erweiterten Mittelfrist bleibt dieser sehr wechselhafter Wettercharakter
erhalten, ein Frontensystem bzw. ein Trog nach dem anderen wird um das
Atlantikhoch herum nach Europa ziehen und dort für Wind (Sturm) oder Regen
(Schnee) sorgen. Eine beständige Wetterlage ist nicht in Sicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
IFS ist über die verschiedenen Läufe recht konsistent. Größere Unterschiede
ergeben sich erst am Ende der Mittelfrist (ab Freitag), bei der an einer
schleifenden Frontalzone über Deutschland eine Wellenentwicklung jeweils zu
anderen Zeitpunkten und unterschiedlich stark simuliert wurde. Unterschiede gibt
es vor allem im aktuellen ICON Lauf, ICON simuliert eine sehr starke
Wellenentwicklung bis hin zu einem Sturmtief über Deutschland am Freitag. GFS
bildet dabei eine Zwischenlösung zwischen IFS und ICON. Es bleibt unbeständig,
eine beständige Milderung oder Abkühlung ist nicht in Sicht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis Donnerstag sind die Vorhersagen der betrachteten Globalmodelle ähnlich. Die
für Freitag nächster Woche betreffenden Unsicherheiten sind in der synoptischen
Entwicklung beschrieben.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Generell ist der Spread des Ensembles des IFS recht groß. Jedoch liegt der
Hauptlauf bis Donnerstag meist in dem Bereich von 10 bis 30%, am
Freitagvormittag jedoch befindet sich der Hauptlauf und der Kontrolllauf im
unteren Bereich der Verteilung, sprich ist eher ein Außenseiter. Er nähert sich
aber im Laufe des Freitags der Ensemblemehrheit wieder an. Ab Samstag öffnet
sich der ohnehin breite Spread, sei es im 850 hPa Temperatur oder im 500 hPa
Geopotenzialfeld, noch weiter.
Auch im Ensemble des GFS finden sich große Unsicherheiten. Teils sind ganze
Frontenpassagen komplett um 12 oder gar 24 Stunden phasenverschoben. Besonders
große Unsicherheiten gibt es nächste Woche Donnerstag und Freitag.
In der Clusteranalyse des IFS gibt es im Zeitbereich 120 bis 168 h nur 2
Cluster. Die Großwetterlage tiefes Potenzial im Norden und hohes Potenzial im
Süden wird an sich ja auch einheitlich simuliert. Die Feinheiten liegen in der
Mitte. Wo liegt die Frontalzone, wie und wann entwickeln sich entsprechende
Wellen bzw. Tiefdrucksysteme.
Es bleibt spannend, wie unsicher, wie sich der genaue Verlauf kommende Woche
gestaltet.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Sturm:
In der Nacht zu Mittwoch verbreitet Windböen, strichweise, sowie an der Küste
und auf den Bergen stürmische Böen oder Sturmböen.
Von Mittwochabend bis Donnerstagabend verbreitet Wind oder stürmische Böen, An
der Küste und auf den Bergen Sturm oder schwerer Sturm.
Am Freitag gibt es noch größere Unsicherheiten. Von "normaler" Windlage bis
großflächiger schwerer Sturm bis in tiefe Lagen ist alles drin.
Dauerregen:
Ab Dienstag zunächst am Alpenrand länger anhaltende Niederschläge, mit
steigender Schneefallgrenze (über 2000m) verbreitet Regen. Dauerregen
wahrscheinlich.
Ab Mittwoch/Donnerstag entlang der Frontalzone sich immer wieder verstärkende
Regenfälle, Position aktuelle sehr unsicher. Strichweise Dauerregen
wahrscheinlich. Am Freitag nach Kaltfronpassage nachlassend.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christina Speicher