DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
06-02-2022 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.02.2022 um 10.30 UTC
Erst sehr mild, dann kälter mit Nachtfrostverschärfung. Alpenstau etwas
Neuschnee.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 13.02.2022
Die bevorstehende Mittelfrist gestaltet sich insgesamt ruhig, besonders wenn man
sie mit den vergangenen Tagen vergleicht.
Der Polarwirbel in der Stratosphäre (SPW), der vor Kraft nur so strotzt,
unternimmt alles, um neue Rekordwerte aufzustellen. Laut der jüngsten MERRA-2
Daten kratzen wir sowohl in 100 hPa als auch im 10 hPa Bereich im Bereich der
absoluten Maxima (gemittelte Zonalwind) und glaubt man dem IFS-EPS, könnten in
der erweiterten Mittelfrist z.B. im 100 hPa Niveau Rekordwerte angepeilt werden.
Bei der in allen Höhenbereichen ovalen bis zunehmend runden Geometrie (inklusive
der sehr hohen Zonalgeschwindigkeit) sind vertikale Wärmeflüsse nur transienter
Natur und scheinen auch weiterhin keinen großen Einfluss auf die Intensität des
SPW auszuüben. Zwischen der Stratosphäre und Troposphäre gab es in den
vergangenen Wochen nur vorübergehende Kopplungen (Mitte und Ende Januar) und an
dem insgesamt entkoppelten Verhalten ändert sich zumindest während dieser
Mittelfrist wenig. Inwieweit die z.B. vom GEFS angedeutete verstärkte Kopplung
zum Ende des Monats stattfinden wird ist noch sehr unsicher, was sich z.B. in
einer gehörigen Streubreite der Einzelmember bei der AO Prognose zeigt.
Schaut man sich die Geopotenzialanomalien in 500 hPa entweder auf einer
äquidistanten Zylinderprojektion (gute regionale Übersicht), oder im
Hovmöller-Diagramm (gute zeitliche Abschätzung) an, dann erkennt man einen
nahezu ortsfesten Wellenzug mit markant positiven Anomaliewerten über dem
Nordostpazifik und Nordatlantik sowie entsprechend negativen Werten über Kanada
und Osteuropa. Schaut man sich die Anomalievorhersagen der Mittelfrist an, so
bleibt diese Verteilung über dem Pazifik mehr oder weniger bestehen
(entsprechend stabile Vorhersage des Pazifik/Nordamerika Index), während bei uns
das stabile Muster vorübergehend aufzubrechen scheint (siehe Einteilung des
Klimaregimes bei der Cluster-Analyse), um sich in der erweiterten Mittelfrist
jedoch wieder zu etablieren.
Von daher wird unsere Mittelfrist zumeist vom progressiven Ablaufen kurzwelliger
Tröge beeinflusst, die peripher des agilen Polarwirbels von West nach Ost
geführt werden. Gebündelte positive NAO-Vorhersagen stützen dieses insgesamt
stabile Geopotenzialmuster im atlantisch-europäischen Sektor in der Mittelfrist.
Die MJO entwickelt sich gerade über dem Indischen Ozean, hat jedoch abgesehen
von der aktiven Phase tropischer Systeme vorerst noch keine weiteren
(außertropische) Auswirkungen - wenigstens beim Blick auf die Nordhemisphäre.
Ob in der erweiterten Mittelfrist erneut eine Gradientverschärfung dank
Geopotenzialfall bei Island einsetzt oder eine markante Keilaufwölbung
bevorsteht, hängt von der Lage/Geometrie und Intensität des Polarwirbels in der
Troposphäre ab, sodass für diesen Zeitraum noch keine genauen Aussagen getroffen
werden können. Was sicher zu sein scheint, ist eine anhaltende rege
Sturmtiefaktivität zwischen der Labradorsee und dem Nordmeer sowie üppige
Niederschläge im Luv der Skanden.
Doch wie gestaltet sich die Mittelfrist bei uns?
Am Mittwoch sorgen eine progressive Keilpassage über dem Mittelmeer sowie eine
sich etablierende Trogvorderseite sowie ein Bodenhoch über Süddeutschland für
einen zunehmend sonnigen Tag in Süddeutschland (nach Auflösung lokaler
Nebelfelder). Im Norden unter der Frontalzone bleibt es unter zyklonalem
Einfluss hingegen bedeckt mit etwas Nass. Sowohl die Deterministik als auch
variable statistische Verfahren springen im Westen und entlang des Oberrheins
mit Maxima von 12 oder 13 Grad, nach ICON gar mit 14 Grad an, was beim Blick auf
die Vorhersagesoundings nicht unrealistisch erscheint (durchmische Grenzschicht
unterhalb der Absinkinversion mit 10-15kn Südwestwind, wobei sich höhere
Grenzschichtdynamik bei T85 um -1 Grad im Westen/über der Mitte mit geringerer
Dynamik und T85 zwischen +4 und +5 Grad im Südwesten ausgleichen). Auch sonst
wird es mit 7 bis 11 Grad sehr mild.
Am Donnerstag und Freitag überquert eine mehrfach wellende Front (inklusive
eines Höhentroges) Deutschland gemächlich von Nordwest nach Südost und bringt am
Donnerstag bevorzugt dem Norden und der Mitte und am Freitag dem Süden etwas
Niederschlag. Dabei strömen postfrontal in der Nacht zum Freitag in den Norden
T850 - Werte um -5 Grad und in der Nacht zum Samstag ist der gesamte
Norden/Osten von T850 - Werten von -9 oder -10 Grad geflutet. Entsprechend geht
die Schneefallgrenze von Nordwesten her sukzessive bis ins Tiefland zurück,
wobei im Bergland meist jedoch nur wenige Zentimeter Neuschnee zu erwarten sind.
Im Tiefland kann man mit Glück entlang einer Schauerstraße noch etwas Weiß
ergattern. Nur am Alpenrand fällt am Freitag bis in die Nacht zum Samstag
nennenswerter Schnee, wobei die Ensembles noch stark streuen. Im Median sind es
jedoch auch hier überschaubare 5 bis 10 cm Neuschnee. Es folgt postfrontal eine
recht trockene Luftmasse die unter Hochdruckeinfluss kaum für größere
Niederschlagsmengen gut ist. Das Gute daran ist (wenigstens nach IFS) ein
überwiegend sonniges Wochenende, das nur im Norden und am Alpenrand von
hartnäckigen Wolkenfeldern getrübt wird.
Somit werden nur noch am Donnerstag im Süden zweistellige Höchstwerte erwartet,
bevor sich die Werte tagsüber im tiefen bis mittleren einstelligen Bereich
einpendeln.
Die Nächte erfahren ab der Nacht zum Samstag besonders entlang und südlich der
zentralen Mittelgebirge eine deutliche Frostverschärfung mit teils strengen
Frostoptionen über Schneeflächen im süddt. Bergland bzw. im direkten
Alpenvorland.
Der Wind kommt bis Donnerstag meist aus Südwest und dreht postfrontal auf
Nordwest (zum Sonntag ggf. auf Ost, was aber von der Lage des Bodenhochs
abhängt). Im Küstenumfeld treten bis zum Freitag stürmische Böen, im Bergland
Sturmböen (exponiert auch mehr) auf, bevor der Wind zum Wochenende allgemein
schwächer wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die bereits gestern bescheinigte gute Konsistenz der jüngsten IFS-Modellläufe
kann auch heute weiterhin unterschrieben werden. Allerdings ergeben sich zum
Freitag mit einem Abtropfprozess über Südwesteuropa größere Unterschiede, die
sich zum Wochenende über Mitteleuropa durch eine etwas variabel gezeigten
Keilachsenaufwölbung äußern. Die daraus hervorgehenden Unterschiede sind jedoch
vernachlässigbar.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
International stimmen die Modelle bis einschließlich Freitag gut überein und
zeigen einheitliche die zu erwartende Trog- und Frontpassage. Auch hier streut
die Numerik in der Folge besonders bei einem Abtropfprozess über Südwesteuropa,
wobei GFS deutlich östlicher ansetzt als ICON/IFS. Somit weicht GFS auch am
Wochenende mit einer zyklonaler konturierten Lösung von ICON/IFS ab, sodass das
stabilere Wochenende besonders im Norden leider noch nicht in trockenen Tüchern
ist. Abgesehen davon ergeben sich jedoch keine gröberen Diskrepanzen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Cluster-Analyse beginnt mit 5 Clustern und dem klimat. Regime NAO positiv.
Der Kontrolllauf befindet sich im 3. und der det. Lauf im 4. Cluster. Für
Deutschland ergeben sich kaum Unterschiede, einzig deuten einzelne (gering
besetzte) Cluster eine etwas nördlicher ausgreifende Keilpassage an, sodass der
Mittwoch im Norden ggf. noch etwas stabiler verlaufen könnte.
In der Folge ergeben sich 3 Cluster, wobei das klimat. Regime von NAO+ zu einem
Überhang "Blockierung" wechselt. Dabei zeigen sich bei der Passage des
Höhentroges über Mitteleuropa noch gröbere Unterschiede bezüglich dessen
Geometrie. Im 2. Cluster wird gar ein Abtropfprozess über Italien vorgeschlagen
und entsprechend variabel gestaltet sich auch die Position des Troges zum
Samstag über Osteuropa. Für Deutschland ergeben sich daraus jetzt keine
weltbewegenden Unterschiede, doch hat das Auswirkungen auf die Keilaufwölbung am
kommenden Wochenende, die entweder recht stabil als Trogvorderseite oder eher
diffus als Hoch-über Tief Blockierung angedeutet wird. Da der Abtropfprozess
noch bei unter 35% der Member liegt wird er jetzt noch nicht zu sehr gewichtet,
doch da der letzte 00Z Lauf des IFS davon noch nichts wissen wollte (0 Member)
ist das auf jeden Fall eine Tendenz, die nicht unterschlagen werden sollte.
In der Folge (und somit in der erweiterten Mittelfrist) gewinnt wieder die NAO+
die Oberhand, wobei nahezu 70% der Member eine stürmische Option für
Nordwesteuropa zeigen. Mitteleuropa wird dabei eher von hohem Geopotenzial
beeinflusst. Die Unterschiede innerhalb der Numerik sind aber noch sehr groß.
Die höchsten Wahrscheinlichkeiten für unwetterartige Böen verbleiben durchweg
über dem Nordatlantik und weiten sich zum Ende der Mittelfrist nur zögernd in
Richtung Nordwesteuropa/Skandinavien aus.
Die Meteogramme ergeben keinen großartigen Mehrwert bzgl. des Ablaufs während
der Mittelfrist. Der Kontroll- und der det. Lauf liegen bei der
Temperaturvorhersage in 850 hPa und der Geopotenzialvorhersage in 500 hPa recht
mittig in einer bis zum Freitag teils sehr eng gebündelten Memberschar, die sich
in der Folge etwas aufweitet. Die Niederschläge fallen zunächst zumeist als
Regen und gehen postfrontal überall in Schnee über, wenngleich mit rasch
nachlassenden Niederschlagsmengen. Einzig der Alpenstau sticht etwas beim
Neuschnee heraus - nach den Neuschneemassen der vergangenen Tage jedoch auch
kaum erwähnenswert.
Auch beim GEFS ergeben sich keine großartigen Abweichungen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Markante Wettererscheinungen sind rar gesät. Zwar springt der EFI Windböen nicht
an, dennoch stehen im Küstenumfeld und im Bergland markante Böen auf dem
Programm - etwas, was für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich ist.
In den Nächten muss besonders am Alpenrand und zum kommenden Wochenende
allgemein entlang des süddt. Berglandes mit Tiefstwerten teils im strengen
Frostbereich gerechnet werden.
Das Temperaturniveau beginnt überdurchschnittlich hoch, wobei der EFI etwas mit
positiven Werten ausschlägt (besonders am Mittwoch im Norden, wo ebenfalls
verbreitet zweistellige Werte erwartet werden). In der Folge wandert dieses
Signal nach Osten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, GEFS und angepasste MOSMIX-Werte
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy