Thema des Tages
17-09-2016 14:40
Bauernregeln - verlässlich oder nicht?
Jeder kennt sie, manche befolgen sie vielleicht sogar: Bauernregeln.
Sätze, wie: "Wenn der Hahn kräht auf dem Mist,..." oder "So wie das
Wetter am Siebenschläfer..." haben auch die heutige Meteorologie mit
ihren modernen Entwicklungen und dem technischen Fortschritt
überlebt. Nach wie vor glauben nicht minder viele Menschen neben den
Aussagen des Wettermoderators ebenso an diese bäuerlichen Weisheiten.
Bauernregeln orientierten sich ursprünglich an bestimmten Lostagen,
an Hand derer man versuchte das Wetter vorherzusagen. Insbesondere
für die Ernte (daher auch Bauernregeln) waren diese Prognosen
wichtig. Lostage gehen dabei oftmals auf altertümliches Brauchtum
zurück, welche später von der Kirche übernommen und nach christlichen
Feiertagen und Heiligenfiguren benannt wurden. Aber können
Bauernregeln tatsächlich das Wetter vorhersagen? Kann man tatsächlich
allein nur durch Betrachtung bestimmter Tage sagen, wie das Wetter
der nächsten Wochen wird?
Nimmt man die Aussagen der Bauernregeln nicht allzu wörtlich, so
lässt sich durchaus in den meisten dieser Sprüche ein wahrer Kern
entdecken. Der Knackpunkt an den Bauernregeln ist dabei oftmals das
genaue Datum. So ist es damals wie heute unmöglich beispielsweise vom
Siebenschläfertag (27.06.) direkt auf das Wetter der folgenden sieben
Wochen zu schließen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, und darin
liegt auch der Wahrheitsgehalt dieser Aussage, dass man auf Basis des
Wetters, das um diesen Lostag herum auftritt, einen Trend für die
darauffolgenden Wochen erstellen kann.
Schaut man sich nämlich Bauernregeln vor diesem etwas weiter
gefassten Zeitraum an, so treffen einige von ihnen mit einer recht
hohen Wahrscheinlichkeit zu. Um beim Beispiel des Siebenschläfertages
zu bleiben: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Witterung, wie sie Ende
Juni/Anfang Juli auftritt, auch in den darauffolgenden Wochen
bestehen bleibt, liegt beispielsweise in Süddeutschland bei bis zu
70%. Auch in diesem Jahr passte die Regel ganz gut. Während das
Wetter im Juli und den ersten beiden Augustdekaden nach den
gewittrigen Starkregenfällen Ende Mai/Anfang Juni mehr oder weniger
einem durchschnittlichen, mitteleuropäischen Sommer entsprach, setzte
der erst kürzlich geendete Spätsommer just circa sieben Wochen nach
dem Siebenschläfer ein und brachte uns hierzulande Wärme und viel
Sonnenschein.
Die heilige Ludmilla von Böhmen sah den aktuellen Wetterumschwung
übrigens schon kommen. So lautet die Bauernregel für den Lostag des
15. Septembers: "Sankt Ludmilla , das fromme Kind, bringt Regen gern
und Wind."
Ein anderes Beispiel stellt "Sankt Martin" (11.11.) dar. Wenn es laut
Bauernregel an Sankt Martin Nebel gibt, so weist dies auf einen
milden Winter hin. Aus der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass diese
Regel in sechs bis sieben von zehn Fällen zutrifft. Besitzen darüber
hinaus die Folgetage vom 19.11. bis 23.11. ebenfalls einen
feucht-trüben Wettercharakter, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass
der folgende Winter mild wird, bei 75%.
Egal ob jung oder alt, Experte oder Laie, Bauernregeln erfreuen sich
auch heutzutage noch großer Beliebtheit und werden daher je nach
Vorliebe nach wie vor für einen ersten Wettertrend bei Bedarf zu Rate
gezogen und mit saisonalen Vorhersagen der globalen Wettermodelle
verglichen. Solange man bei Lostagen die Witterung und Großwetterlage
in einem Zeitraum betrachtet, ist diese Vorgehensweise in vielen
Fällen sowie großräumig gesehen immerhin besser als eine
Zufallsaussage.
Meteorologen Marc Senzig/Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2016