Thema des Tages
22-01-2022 10:20
Vulkan Hunga Tonga: Messgeräte des Deutschen Wetterdienstes erfassen
Druckwelle
Nach dem Vulkanausbruch bei Tonga konnte eine Luftdruck(doppel)welle
auf der ganzen Welt registriert werden, so auch in Deutschland.
Heute vor einer Woche, am Samstag, 15.01.2022 gegen 4 UTC brach der
Vulkan Hunga Tonga (eigentlich Hunga Tonga-Hunga Ha'apai) aus.
Während Satellitenbilder des Ausbruchs schnell in den Medien
kursierten, lässt sich das ganze Ausmaß der Naturkatastrophe nur
langsam abschätzen.
Die Druckwelle der Hauptexplosion des Vulkanausbruches konnte auch
über Deutschland von meteorologischen Messgeräten des DWD beobachtet
werden. Die nachfolgenden Erläuterungen entstammen einem
Hintergrundbericht der Kollegen vom Meteorologischen Observatorium
Hohenpeißenberg:
Zuerst wurde die Druckwelle im Norden (Helgoland, 19:24 UTC) und
später im Süden (Hohenpeißenberg, 20:02 UTC) erfasst. Verwendet man
die kürzeste Entfernung auf einer Kugeloberfläche (Luftlinie der
Druckwelle über den Nordpol vom Vulkan Hunga Tonga nach Helgoland:
ca. 16.200 km und zum Hohen Peißenberg: ca. 16.900 km), um die
Ausbreitung der Druckwelle zu beschreiben, dann kann man deren
Geschwindigkeit abschätzen. Sie beträgt ca. 1.050 km/h. Zum
Vergleich: Ein Interkontinental-Verkehrsflugzeug fliegt mit etwa
900-1.000 km/h. Die Schallgeschwindigkeit unter Standardbedingungen
beträgt etwa 1.235 km/h.
In Abbildung 1 wird der zeitliche Verlauf des normierten Luftdruckes
dargestellt. Die gezeigten Daten wurden an den hochsensiblen
ICOS-Stationen des DWD gemessen, die im Rahmen des Integrated Carbon
Observation System (ICOS) zahlreiche meteorologische Parameter
erfassen. Der Durchgang der ersten Druckwelle an jeder Station und im
Gesamteindruck der Durchgang von Nord nach Süd durch Deutschland ist
gut zu erkennen. Schaut man sich die Maxima und Minima an, so erhält
man eine Differenz von ca. 3 hPa, was
einer Wellenamplitude von ca. 1,5 hPa entspricht. Die zeitliche Dauer
zwischen Maximum und Minimum betrug ja nach Station zwischen 21 und
28 Minuten.
Es gab einen zweiten Durchgang der Welle. Die Richtung ist
entgegengesetzt der ersten Welle und erreichte Deutschland über den
Südpol, wodurch der Weg länger ist. Nimmt man den Erdumfang von
40.000 Kilometern, erhält man die Entfernungen vom Vulkan zum Hohen
Peißenberg mit etwa 23.100 km und rund 23.800 km bis nach Helgoland.
Die Amplitude der zweiten Welle war nur noch etwa ein Drittel so groß
(+/- 0,5 hPa) wie die der ersten Druckwelle, wodurch es schwieriger
wurde, sie in den Daten zu identifizieren. Der
Durchgang durch Deutschland erfolgte diesmal von Süd nach Nord. Die
Ankunftszeit für Hohenpeißenberg war 01:12 UTC am 16.01.2022 und für
Helgoland 01:52 UTC. Damit ergibt sich eine leicht höhere
Geschwindigkeit der Druckwelle von ca. 1.090 km/h. Diese geringe
Abweichung liegt im Rahmen der Unsicherheiten, die in die Abschätzung
eingingen.
Abbildung 2 zeigt wieder den zeitlichen Verlauf des normierten
Luftdruckes. Zur übersichtlichen Darstellung und Unterscheidung der
Linien wurde für jede Station ein geringer Wert (Bias) hinzuaddiert.
Nun kann man auch für die zweite Druckwelle die Änderung des
Luftdruckes an jeder Station und im Gesamteindruck den Durchgang der
Welle von Süd nach Nord verfolgen.
Ausblick: Am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg betreibt
der DWD ein Vulkanaschezentrum. Über die dortigen hochsensiblen
Messgeräte, wie beispielsweise Ceilometer oder Lidar, können
Vulkanaschepartikel in der Atmosphäre identifiziert werden. Es wird
Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis die Messgeräte
Vulkanaerosolpartikel detektieren können. Aufgrund der geographischen
Lage und der Erkenntnisse über den Austausch von Luftmassen in der
Atmosphäre sind spürbare Auswirkungen auf Wetter und
Klima in Deutschland nicht zu erwarten.
Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann / Fachlicher Inhalt: Dr. Frank
Wagner, Stefan Schwarzer (DWD Hohenpeißenberg)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.01.2022
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