DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-12-2021 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.12.2021 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zeitweiligem Regen und sehr mild, gebietsweise stark windig. Im
Süden anfangs Tauwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.01.2022


Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag liegt Deutschland auf der Vorderseite
eines sich allmählich nordwärts aufwölbenden Keils über Westeuropa, der sich vor
allem im Südwesten langsam durchsetzt. Die Mitte, der Norden und Osten werden
weiterhin vom Frontensystem des vor der südnorwegischen Küste liegenden Tiefs
beeinflusst. Im Südosten ziehen die an die Warmfront gekoppelten Niederschläge
im Tagesverlauf allmählich ab, die zusammen mit der im südlichen Bergland weiter
abtauenden Schneedecke (zuvor auch Schwarzwald, am Donnerstag vor allem noch
Richtung Allgäu/Alpen und teils auch Bayerischer Wald) teils zu erheblichen
Abflussmengen (Niederschlag plus (Dauer-) Regen) führen können. In der Mitte und
im Norden liegt die Bewölkung der Kaltfront, die rückläufig wird und in die
Warmfront es folgenden Tiefs bei den Britischen Inseln übergeht. Es überwiegt
dort also meist dichte Bewölkung mit zeitweiligem Regen. Hinzu kommt eine recht
straffer Luftdruckgradient, der zunächst im Bergland, im weiteren Tagesverlauf
und vor allem auch in der Nacht zum Freitag dann besonders im Norden zu starken,
an der Küste und im höheren Bergland auch teils stürmischen Böen führt. Es
herrsch ein sehr mildes Temperaturniveau mit 850 hPa-Temperaturen zwischen etwa
5 Grad im Nordosten und an die 10 Grad im Südwesten.

Am Freitag (Silvester) wölbt sich der Keil über Westeuropa weiter nach Norden
auf, das kleine Bodentief samt Randtrog wird von den Britischen Inseln über
Südskandinavien rasch ostwärts geführt und erreicht am Abend das Baltikum. Der
Luftdruck steigt deutschlandweit an, im Norden und Nordosten überwiegt
allerdings noch länger dichte Bewölkung und es regnet zeitweise, die
Niederschläge ziehen abends allmählich ostwärts ab. Im Norden ist es allgemein,
im Süden vorrangig im Bergland sehr windig mit zeitweise starken bis stürmischen
Böen. Mit 850 hPa-Temperaturen meist zwischen 5 und 10 Grad bleibt es sehr mild.


Am Samstag (Neujahr) schwenkt die Keilachse ostwärts und verläuft dann vom
zentralen Mittelmeer Richtung Skandinavien direkt über Deutschland. Mit der auf
Südwest drehenden Strömung setzt sich die Milderung von Südwesten weiter fort
bzw. nimmt nochmal zu. Die 850 hPa Temperaturen steigen auf Werte zwischen etwa
7 Grad im Nordosten und knapp 14 Grad im Südwesten. Im Tagesverlauf bzw. in der
Nacht zum Sonntag schwenkt die Keilachse allmählich ostwärts über Deutschland
hinweg, so dass das Vorhersagegebiet bereits wieder mehr und mehr auf die
Vorderseite des nachfolgenden und recht umfangreichen, atlantischen Troges
gerät. Damit streift den Nordwesten und Norden voraussichtlich auch schon wieder
die Warmfront eines umfangreichen Tiefs mit Zentrum südwestlich von Island.
Daher ist es im Norden häufig stark bewölkt und gelegentlich können auch ein
paar Regentropfen fallen. Im Bergland und an den Küsten bleibt der Wind stark
böig. Abseits von Nebelfeldern hat die Sonne im Süden Chancen sich zeitweise zu
zeigen.

Am Sonntag nehmen die Unsicherheiten allmählich zu. Nach derzeitigem Stand der
Vorhersagen schwenkt die Keilachse weiter gen Osteuropa und auch das
korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt ostwärts. Die
Vorderseite des westeuropäischen Höhentroges übernimmt die Regie und die
Strömung steilt vorderseitig nochmals etwas auf, so dass die 10-Grad-Isotherme
in 850 hPa bis in die nördliche Mitte Deutschlands vordringen kann. Im späteren
Tagesverlauf greift das wellende Frontensystem des umfangreichen Tiefkomplexes
über Nord- und Westeuropa von Westen her auf Deutschland über. Der Regen erfasst
spätestens im Laufe der Nacht zum Montag weite Teile Deutschlands. Auch wenn
rückseitig die Strömung auf West bis Nordwest dreht und damit wieder etwas
weniger milde Luftmassen (in 850 hPa Temperaturrückgang von Westen auf Werte um
+1 Grad) einfließen, ist Schnee höchstens im höheren Bergland möglich. Im
Bergland und an den Küsten weht der Wind weiterhin zeitweise stark böig.

Am Montag setzt sich das zyklonal geprägte Wetter fort. Der Trog schwenkt
ostwärts durch und konturiert sich dabei etwas mehr. Ein Teiltief, das sich
entlang des wellenden Frontensystems gebildet hat, zieht unter leichter
Intensivierung im Tagesverlauf von Benelux über Dänemark gen Südschweden und
später in die nördliche Ostsee. Es muss demnach mit weiteren Niederschlägen
gerechnet werden, die im Tagesverlauf von Südwesten vorübergehen nachlassen.
Dabei fällt mit Ausnahme des höheren Berglandes nach wie vor meist Regen, auch
wenn das Temperaturniveau in 850 hPa rückseitig des Teiltiefs nochmal etwas
sinkt und Werte zwischen 0 und -2 Grad erreicht. Rückseitig des nach Osten
ziehenden Troges wölbt sich ein flacher Rücken auf, besonders im Südwesten und
Süden ist damit eine kurzzeitige Wetterberuhigung verbunden. Bereits in der
Nacht zum Dienstag greift aber wohl der nächste Trog von Westen inklusive neuer
Niederschläge auf die westlichen Landesteile über.

Die Vorhersagen für die erweiterte Mittelfrist sind noch als ziemlich unsicher
einzustufen. Es deutet sich zwar zunächst eine Fortdauer des zyklonalen und
damit wechselhaften Wettergeschehens an, dessen Ausprägung und Andauer wirft
aber noch größere Fragezeichen auf. Der aktuelle IFS-Lauf schwenkt ab Mitte
kommender Woche allmählich gen Wetterberuhigung unter Hocheinfluss, wie
nachhaltig das ist bzw. ob das in den folgenden Modellläufen bestand hat und ob
sich das auf ganz Deutschland auswirkt, bleibt abzuwarten...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe kann bis einschließlich Samstag als
gut bewertet werden - abgesehen von kleineren Phasen- oder
Amplitudenunterschieden werden die Grundstrukturen sehr ähnlich simuliert.

Ab Sonntag nehmen die Unterschiede mehr und mehr zu, so dass die Entwicklung
dann doch recht unsicher ist und auch in der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag
deutet sich zwar ein Fortbestand der zyklonalen Grundstruktur an, allerdings mit
sehr großen zeitlichen und räumlichen Unsicherheiten innerhalb der letzten
Modelläufe des IFS.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei der Durchsicht anderer Globalmodelle wie ICON und GFS zeigen sich bis
Samstag eigentlich nur marginale Unterschiede hinsichtlich des zeitlichen
Ablaufs oder zum Beispiel hinsichtlich der Amplitude des Rückens. Allerdings
soll am Samstag nach GFS der Rücken noch etwas weiter nach Norden ausgreifen und
auch der Bodendruck wird vom GFS am Samstag etwas höher prognostiziert.
Hinsichtlich des damit zu erwartenden Wetterablaufs dürften die Unsicherheiten
überschaubar sein, allerdings wird das Temperaturniveau aufgrund des markanteren
Rückens und dessen etwas weiter westlich liegenden Achse und der sich daraus
ergebenden nördlichen Strömung im Vorhersagegebiet im GFS deutlich niedriger
vorhergesagt(um etwa 10 K, im Nordosten z.B. um -5 anstatt +5 Grad im IFS).
Im weiteren Verlauf sind sich die Grundstrukturen relativ ähnlich mit gewissen
zeitlichen Abweichungen untereinander. Grundtenor ist aber einheitlich ein nicht
mehr ganz so mildes Temperaturniveau und überwiegend zyklonal geprägtes,
wechselhaftes Wetter. Während IFS zum Ende des Mittelfristzeitraumes zunächst
mit der Fortsetzung der wechselhaften Witterung rechnet, ist GFS ab Dienstag
deutlich antizyklonaler aufgestellt und rechnet mir einer weitgehenden
Wetterberuhigung, lediglich der Norden würde in Hochrandlage von Tiefausläufern
gestreift.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Cluster:
72 bis 96 h (Do 00 UTC bis Fr 00 UTC): Es werden vier Cluster angeboten, die
allerdings keine relevanten Unterschiede für Mitteleuropa zeigen.
120 bis 168 h (Sa 00 UTC bis Mo 00 UTC): Die angebotenen fünf Cluster zeigen bis
So 00 UTC für unser Vorhersaggebiet keine prognoserelevanten Unterschiede.
Anschließend erfolgt eine unterschiedliche Behandlung des Keils und des
nachfolgenden Troges, wobei meist eine zyklonal Ausprägung des Wettergeschehens
favorisiert wird. Lediglich Cluster 4 mit nur sieben Membern lässt den Keil noch
fortbestehen und den westeuropäischen Folgetrog noch außen vor. Die Mehrzahl der
Member inkl. Haupt- und Kontrolllauf schwenkt demnach spätestens im Laufe des
Sonntages nach vorübergehender Wetterberuhigung wieder auf wechselhafteres
Wetter um.
192 bis 240 h (erweiterte Mitelfrist): Es gibt vier Cluster mit relativ
unterschiedlichen Positionen. Auch hier spiegeln sich somit die noch recht
großen Unsicherheiten wieder.

Rauchfahnen:
Entsprechend der vorangegangenen Betrachtungen zeigen auch die Rauchfahnen
einiger deutscher Städte eine recht enge Bündelung der Kurvenschar bzgl. des
Geopotenzials in 500 hPa bis einschließlich Samstag und dort auf recht hohem
Niveau. Ab Sonntag erfolgt dann die Zunahme der Unsicherheiten, die sich in der
Zunahme des Spreads deutlich zeigt. Tendenziell nimmt das Geopotenzial aber
zunächst ab. Auch die Niederschlagssignale nehmen nach einem Minimum und der
vorübergehenden Wetterberuhigung vor allem am Samstag (im Süden bereits im Laufe
des Freitages und bis in den Sonntag hinein) wieder zu. Es wird wechselhafter.
Zum Ende der erweiterten Mittelfrist deutet sich sowohl im Haupt- als auch im
Kontrolllauf ein wieder steigendes Geopotenzial an, da gehen aber bei weitem
nicht alle Ensembleläufe mit - der Spread ist recht groß und viele Läufe zeigen
geringeres Geopotenzial. Hinsichtlich der zu erwartenden Temperaturentwicklung
zeigt sich der Höhepunkt der Milderung einheitlich am Wochenende (im Süden
Samstag und Sonntag, nach Norden hin zum Sonntag). Nachfolgend wird der Spread
auch hier (Temperatur in 850 hPa) recht groß, tendenziell geht es aber bei der
Mehrzahl an Ensembleläufen "bergab".
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Donnerstag zunächst im Bergland etwa ab der Nacht zum Freitag und auch
Freitag tagsüber vor allem im Norden starke, an den Küsten auch stürmische Böen
wahrscheinlich.

DAUERREGEN bzw. eher TAUWETTER:
Noch aus der Kurzfrist heraus wird zu Beginn der Mittelfrist
(Mittwoch/Donnerstag) ein erhebliches Niederschlagsdargebot (Abflussmengen) für
das südliche Bergland prognostiziert: am Mittwoch vor allem im Bereich des
Schwarzwaldes sowie am Alpenrand/Allgäu, zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag
eher östlicher Alpenrand/Bayerischer Wald. Die reinen Niederschlagsmengen liegen
dabei voraussichtlich meist zwischen 20 und 30 l/m² in 24 Stunden, vor allem
Richtung Allgäu und Berchtesgadener Land sind in Staulagen unwetterartige Mengen
nicht ausgeschlossen. Im Zusammenspiel mit dem zumindest zum großen Teil
abtauenden Schnee ist ein Niederschlagsdargebot von 30 bis 50 l/m²
wahrscheinlich, gebietsweise können auch unwetterartige Abflussmengen über 50
l/m² erreicht werden.

Anmerkung: Es gibt keinerlei Signale für Schneefall.

Abseits der warnwürdigen Parameter bleibt zu erwähnen, dass im EFI deutliche
Signale auf überdurchschnittlich milde Temperaturen gezeigt werden. Das Maximum
der milden Phase wird für Donnerstag und Freitag erwartet.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger