Thema des Tages

11-12-2021 09:50

KAMILLO vertreibt den "verfrühten" Frühwinter

Der (Wetter-)Trend geht zur Milderung. Was Tief KAMILLO damit zu tun
hat und ob die jetzt zu Ende gehende Phase klimatologisch wirklich
ein Frühwinter war, damit beschäftigt sich heute das Thema des Tages.


Hier im Thema des Tages wurde die Frage schon vor etwa einer Woche
diskutiert - was passiert bezüglich einer möglichen Milderung an
diesem Wochenende
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/12/5.html)? Wenig
überraschend ist die Sicht auf die Abläufe jetzt klarer, und von
daher soll hier jetzt ein Ausblick auf die kommenden Tage gegeben
werden.

Zuerst sei aber nochmal ein Blick zurück erlaubt. Immerhin brachte
die nunmehr zu Ende gehende kalte Periode (die ersten massiven
Kaltlufteinbrüche wurden ja schon Ende November beobachtet) zumindest
vorübergehend auch bis ins Flachland etwas Schnee. Wenn man heute
bezüglich der Gesamtschneehöhen ein kleines Resümee ziehen möchte,
dann sind diese teils schon beeindruckend. Auf dem Feldberg im
Schwarzwald wurden heute Morgen 107 cm Schnee gemessen, auf dem
Großen Arber immerhin 54 cm. Dass sich auf den Alpengipfeln mehr als
1 m Schnee akkumulieren konnte, verwundert da nicht mehr wirklich.
Bemerkenswert ist aber auch die Situation im Nordosten unseres
Landes. In einem schmalen Streifen von Vorpommern bis in die Lausitz
liegen 5 bis 10 cm Schnee - das ist für einen 11.12. schon
bemerkenswert.

Kein Wunder, dass im Zusammenhang mit dieser winterlichen Episode
gerne vom "Frühwinter" gesprochen wird. Dabei ist das klimatologisch
nicht so ganz zutreffend. Der deutsche Meteorologe Hermann Flohn (*
19.2.1912, ? 23.6.1997) wies in den 40er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts dem "Frühwinter" ein Zeitfenster vom 14.-25.12. zu, dem
dann das "Weihnachtstauwetter" folgte. Dabei gehören sowohl der
"Frühwinter" als auch das "Weihnachtstauwetter" zu den
Witterungsregelfällen, im Fachjargon als Singularitäten bezeichnet.
Zu diesen wird auch heute noch geforscht. Dabei geht es nicht nur um
die Frage, wann sie auftreten und wie kräftig sie ausfallen, sondern
auch um die Frage, mit welcher statistischen Sicherheit mit ihnen
gerechnet werden kann (Stichwort: Signifikanz). Im Zuge solcher
Arbeiten kam z.B. der Frankfurter Professor Christian-Dietrich
Schönwiese zu einem Frühwinter-Zeitraum vom 17.-21.12.

Legt man die genannten Zeiträume zu Grunde, so handelt es sich in
diesem Jahr wohl um einen "verfrühten" Frühwinter. Was der durchaus
beeindruckenden winterlichen Performance aber natürlich keinen
Abbruch tut.

Nun stehen die Zeichen aber auf Milderung, und Tief KAMILLO steht
federführend für den erwarteten Wetterumschwung. Als steuerndes
Zentraltief bei Island führt es von Südwesten mildere Luft heran
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/12/11.html).
Unterstützt wird KAMILLO dabei von dem kleinräumigeren Tief LUTZ bei
Irland, welches sich an der Kaltfront von KAMILLO bildet. Es sorgt
nicht nur dafür, dass KAMILLOs Kaltfront kräftig verbogen und sogar
als Warmfront über den Britischen Inseln rückläufig wird, sondern vor
allem auch dafür, dass die Front westlich von uns bleibt und
Deutschland nicht von West nach Ost überquert. Dieses Spiel soll sich
am Montag mit einem weiteren kleinräumigen Tief (MATTEO?) nochmal
wiederholen. In der Folge wird in den kommenden Tagen zwischen dem
genannten Tiefdruck-Trio und Hoch YASCHA Warmluft zu uns geführt -
die die bei uns noch vorhandene Kaltluft ausräumt. Damit steigen auch
die Höchsttemperaturen. Schon am morgigen Sonntag könnte im äußersten
Westen die 10-Grad-Marke fallen, am Montag sollen dann im Westen bis
zu 12 Grad drin sein.

Der Übergang von "kalt" zu "warm" ist aber immer mit Vorsicht zu
genießen. Die Warmfront von KAMILLO, in der Karte vom morgigen
Sonntag in Nord-Süd-Ausrichtung über Deutschland gelegen, bringt
nämlich Niederschläge, bei denen Schnee, Schneeregen und Regen, aber
auch gefrierender Regen mit von der Partie sein können. Insofern ist
auch das Ende des "verfrühten" Frühwinters - zumindest gebietsweise -
winterlich geprägt.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.12.2021

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