DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
13-09-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.09.2016 um 10.30 UTC
Abschied vom sehr warmen bis heißen und trockenen Spätsommerwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 20.09.2016
Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Freitag wird der derzeit bei uns
wetterwirksame Höhenrücken durch ein langsam von Frankreich heranziehendes
Höhentief gesplittet. Während der nördliche Teil über Skandinavien verbleibt,
wird der südliche Part nach Osten abgedrängt. Gleichzeitig weitet sich ein von
Grönland bis UK/Irland reichender Trog südostwärts aus, wobei er sich bis
spätestens Samstag mit dem Höhentief (dessen Drehzentrum nach dem jüngsten
Modelllauf übrigens südlich der Alpen nach Osten ziehen soll) verbindet.
Korrespondierend zu dieser Entwicklung fällt der Luftdruck über dem
Vorhersageraum und es schiebt sich von Frankreich und der Schweiz her eine
Tiefdruckrinne in den Südwesten, die bis Samstag langsam nordostwärts schwenkt.
Dabei kommt es zu Regenfällen und Gewittern, deren detaillierter Ablauf aus
heutiger Sicht aber noch einige Fragezeichen aufweist. Darüber hinaus wird die
bis dato wirksame sehr warme bis heiße Luftmasse getilgt und sukzessive durch
kühlere Meeresluft ersetzt. Bereits am Samstag dreht der Wind hinter der
abziehenden Rinne und einem sich bis nach Deutschland vorstreckenden
Azorenhochkeil auf West bis Nordwest, wodurch maritime Polarluft mit
850-hPa-Temperaturen um 5°C zu uns gesteuert wird. In Verbindung mit einem sich
von Westen nähernden Höhenrücken kommt es am Sonntag zu einer Stabilisierung mit
vorübergehend nachlassender Niederschlagsneigung.
Schon in der Nacht zum Montag wird damit begonnen, den Rücken und den Keil
wieder abzubauen. Ursache ist ein kräftiges Sturmtief, das vom Seegebiet
zwischen Schottland und Island Richtung Norwegische See zieht und dessen
Frontensystem zu Beginn der neuen Woche auf den Vorhersageraum übergreift. Die
Kaltfront, die sich im Laufe des Montags von Nordwesten her süd-südostwärts
vorarbeitet, kommt dabei zunehmend ins Schleifen. Am Dienstag und in der Nacht
zum Mittwoch wird im Vorfeld eines von Westen heranschwenkenden Kurzwellentroges
über der Mitte sogar eine Wellenbildung simuliert, die mit stärkeren Regenfällen
einhergeht.
Im erweiterten Mittelfristzeitraum deuten sich dann von Süden her der neuerliche
Aufbau eines Höhenrückens sowie die Abspaltung und Kräftigung eines
eigenständigen Hochs aus dem zuvor vorübergehend zurückgezogenen Azorenhochkeil
bei gleichzeitiger Erwärmung an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Es ist unstrittig, dass die aktuelle Hochdruck- und Hochsommerphase im
Spätsommer am Donnerstag von Südwesten her beginnend beendet wird und deutlich
zyklonlaren Bedingungen weichen muss. Diesbezüglich ist die Konsistenz des ECMF,
aber auch anderer Modelle mittlerweile gut bis sehr gut.
Fragezeichen gibt es nach wie vor hinsichtlich der Details, insbesondere was die
Intensität, die Art und auch die räumliche Verteilung der zum Teil dringend
benötigten Niederschläge angeht. Hier ist es wenig sinnvoll, jetzt schon auf
nähere Einzelheiten einzugehen, weil diese sich von Lauf zu Lauf ändern.
Während sich in der gestrigen Version von 00 UTC im Laufe der nächsten Woche
wieder verstärkt Hochdruckeinfluss einstellen sollte, sind die Weichen nun auf
eine wechselhafte Westlage mit abwechselnder Passage von Trögen und Keilen
gestellt. So gesehen ist die Prognose allein aus Konsistenzgründen für die
kommende Woche noch sehr unsicher. Zwei Dinge lassen sich aber zusammenfassend
konstatieren: die Temperatur geht deutlich zurück und es kommt mal wieder zu
größerflächigen Niederschlägen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Wie bereits erwähnt, simulieren auch andere Globalmodelle wie ICON, GFS, GEM und
UKMO die Umstellung auf kühlere und zyklonalere Bedingungen. Dass dabei in Bezug
auf Timing, Phase und Intensität der wetterprägenden Gebilde Unschärfen bzw.
Unterschiede zutage treten, kann als normal angesehen werden. So fällt z.B. auf,
dass es bei GFS und GEM am kommenden Wochenende niedertroposphärisch nicht so
kalt wird wie bei ECMF. Auch das gesamte Niederschlagsprozedere wird jeweils
etwas anders simuliert, wobei es naturgemäß schwer ist, DIE Prognose schlechthin
zu extrahieren. In der Regel läuft es dann in der in der offiziellen
Wettervorhersage auf Verallgemeinerungen in der Formulierung hin.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte von ECMF-EPS sprechen eine
relativ eindeutige Sprache. Bis zum kommenden Sonntag bewegen sich alle T850-
und Pot500-Temperaturen bei vergleichsweise geringer Streuung nach unten. Die
größten Niederschlagspeaks mit Hinweisen auf Starkregen treten dabei je nach
Region am Freitag und Samstag, nach Osten hin partiell auch noch am Sonntag auf.
Im Laufe der nächsten Woche lässt sich bei etwa zunehmendem Spread zwar ein
leichter Aufwärtstrend beobachten, viele Einzellösungen zeigen aber ähnlich wie
der Haupt- und Kontrolllauf einen oszillierenden Verlauf mit kleineren RR-Peaks,
was auf wechselhaftes Wetter hindeutet. Interessant: am Ende der Kurven
(Donnerstag/Freitag, 22./23.9.) zeigt der Hauptlauf einen überdeutlichen
Aufwärtstrend (oberer Rand der gesamten Kurvenschar), während der Kontrolllauf
in die Tiefen der Temperatur- und Potenzialgefilde abgleitet.
Die Clusterung von ECMF-EPS bietet für den Zeitraum T+120...168h (Sonntag bis
Dienstag) vier Cluster an (21, 14, 10, 6 Fälle), deren Strömungsregime bei uns
einen mehr oder weniger wechselhaften Wettercharakter erwarten lassen. Im
erweiterten Mittelfristzeitraum T+192...240h (Mittwoch bis Freitag) reduziert sich
die Anzahl der Cluster zwar auf drei (21, 16, 14 Fälle), die sich allerdings
stärker unterscheiden als die Cluster im Zeitraum davor.
CL 1 tendiert in Richtung Wz (zyklonale Westlage), CL 2 (plus Hauptlauf) in
Richtung Hochdrucklage, CL 3 in Richtung Südwestlage (im NW eher zyklonal, im SO
eher antizyklonal). Hier sind also noch keine belastbaren Aussagen möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Mit Umstellung der Wetterlage kommt es Südwest nach Nordost ausbreitend zu
schauerartigen Regenfällen und GEWITTERN (markant). Die Details hierzu werden
derzeit noch recht heterogen simuliert. Insbesondere die deterministischen
Lösungen, bedingt aber auch die Probabilistik signalisieren eine gewisse
Wahrscheinlichkeit für STARKREGEN (markant) oder auch DAUERREGEN, wobei eine
genaue räumliche Zuordnung quasi nicht darstellbar ist. Hier liegt die Hoffnung
auf Homogenisierung bei den kurzfristigen Modellprognosen. Sehen wir es doch mal
anders: schön, dass es überhaupt mal wieder regnet, wobei es sicherlich auch
wieder Regionen gibt, die viel zu wenig Nass abbekommen.
Darüber hinaus besteht insbesondere am Sonntag eine kleine Wahrscheinlichkeit
für STURMBÖEN 8-9 Bft aus Westen bis Nordwesten auf exponierten Kamm- und
Gipfellagen des Berglands.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-MOS und ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann